Mit dem Kirchenkalender durchs Kirchenjahr

Zwei große Festkreise kennt das Kirchenjahr: Weihnachten und Ostern. Auch die Neuapostolische Kirche orientiert sich am Kirchenkalender. Was hat es damit auf sich?

Man stelle sich 52 Sonntagsgottesdienste im Jahr vor ohne verbindende Leitlinie. Oder: Müssen nicht an kirchlichen Hochfesten wie Weihnachten, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten die biblischen Berichte über die Geschehnisse in jener Zeit zum Mittelpunkt der Predigt werden? Mit anderen Worten: Ein Kirchenkalender, der sowohl eine Orientierung entlang der Schrift als auch Inhalte aus den infrage kommenden Schriftereignissen bietet, ist eine gelungene Erfindung. Er hilft dem Christen zu verstehen!

Im neuapostolischen Katechismus heißt es dazu kurz und bündig: „Die kirchlichen Feiertage verweisen auf wesentliche Ereignisse in der Heilsgeschichte. In Ehrfurcht und Dankbarkeit wird dieser Geschehen gedacht. In der Neuapostolischen Kirche werden nachstehende Feste begangen, deren Bedeutung durch einen speziellen Gottesdienst hervorgehoben wird; regionale Unterschiede finden dabei Berücksichtigung: Weihnachten, Palmsonntag, Karfreitag, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten, Erntedank. Die Liturgie der Gottesdienste an den genannten Feiertagen entspricht grundsätzlich derjenigen des Gottesdienstes mit Feier des Heiligen Abendmahls. Es können darüber hinaus Bibellesungen stattfinden, in denen das heilsgeschichtliche Ereignis thematisiert wird. Bei der Wortverkündigung wird auf die in der Heiligen Schrift geschilderten heilsgeschichtlichen Ereignisse und auf deren Bedeutung für die Gegenwart und das Heil der Menschen hingewiesen“ (KNK 12.5).

Das Kirchenjahr beginnt mit Hunger

Das Kirchenjahr beginnt nicht am 1. Januar eines Jahres – der 1. Januar ist überhaupt kein kirchlicher Feiertag –, sondern am 1. Advent. Früher, in den alten Tagen, läutete der Advent die Zeit des Fastens ein. Warum fasten? Die Christen erwarten den Heiland. Man fastet und beschäftigt sich eindringlich, sowohl körperlich als auch seelisch mit dem Fest der Geburt des Herrn. Vier Wochen Fastenzeit: der Beginn des Kirchenjahres lässt Hunger entstehen.

An Weihnachten kommt Freude ins Haus

Nach dem Fasten kommt die Freude: Weihnachten ist da. Jesus Christus ist geboren worden und betritt als wahrer Mensch und wahrer Gott die Erde. Die Christenheit feiert das freudig, überschwänglich, weltweit. Gott kommt in die Welt. Der große Graben ist überbrückt. Christus ist da! Zuerst hören das die Hirten auf dem Feld, dann Israel, dann alle Menschen, auch wir heute. Vorbei die traurige Zeit des Zweifelns. Der Hunger ist gestillt. Der Tisch ist gedeckt.

Laut Kirchenkalender dauert der Weihnachtskreis bis zum 6. Januar. Das hat seinen Ursprung in den biblischen Geschichten, die in den Evangelien über Jesus Christus berichtet werden: seine Geburt, seine Menschwerdung, sein Erscheinen in der Welt und im Tempel. Epiphanias, so die lateinische Bezeichnung für den 6. Januar, ist die Erscheinung des Herrn. Er ist ein zentraler Zähltag im Kirchenjahr. Die Sonntage, die folgen, beziehen sich auf ihn: der 1. Sonntag nach Epiphanias, der 2. Sonntag nach Epiphanias, der 3. Sonntag nach Epiphanias und so weiter: sechs Mal.

Auch Ostern braucht Hunger

Septuagesimae – 70 Tage vor Ostern – heißt der Sonntag, der die Epiphaniaszeit beendet. Der Kirchenkalender bereitet die Gläubigen auf die bevorstehende Passionszeit vor. Mittendrin in dieser vorösterlichen Wartezeit kommt der Aschermittwoch. Mit ihm beginnt die Fastenzeit vor Ostern, dem nächsten großen Wendekreis im Kirchenjahr. Große Ereignisse müssen vorbereitet werden, so auch die Passionszeit Christi. 40 Tage vorher greift Ostern auf den Esstisch und ins Herz der Christen. Besinnung, Läuterung, Buße – Erinnerung an die 40 Wüstentage Jesu.

Der Palmsonntag läutet die letzte Passionswoche ein, die auch Heilige Woche heißt. Zuerst wird Jesus Christus euphorisch als der Messias vor den Stadtmauern Jerusalems empfangen, dann schlägt die Stimmung um: Aus „Halleluja“ wird „Kreuzigt ihn“. Der Karfreitag ist der schwärzeste Tag im Kirchenkalender: In den neuapostolischen Gottesdiensten gilt der Verzicht auf Handlungen. Trauer und Beklemmung sind in die Kirche eingezogen. Der Heiland ist gestorben!

Und dann geschieht das Wunder, das Unbegreifliche: Auferstehung. Jesus Christus tritt aus dem Tod ins Leben. Das Grab ist leer – vier Worte, die die zentrale Aussage der Frohen Botschaft in einem Satz zusammenfasst. Wäre das Grab nicht leer geblieben, wäre Jesus nicht auferstanden, gäbe es heute kein christliches Leben. Paulus sagt: „Nun ist aber Christus auferstanden!“

Zwischen Ostern und Pfingsten

Es folgt die lange österliche Freudenzeit. Sie wird durch Christi Himmelfahrt unterbrochen, nicht beendet. Und dennoch ist seine Aussage für Christen auch bedenklich: der Herr geht fort. Er trennt sich von seinen Jüngern. Die gemeinsame Zeit scheint vorüber. Doch halt: Es soll ein Tröster kommen. Eine Kraft mit enormer Energie. Freude kehrt zurück. Und das Warten auch. Worauf?

Auf Pfingsten. Pentecoste – der 50. Tag nach Ostern beendet den Osterkreis. Das Warten ist endlich vorbei. Der verheißene Tröster, der Heilige Geist, kommt auf Gottes Volk herab. Mit Pfingsten feiert die Kirche ihren Geburtstag. Der Geist hält Jesu Botschaft lebendig und frisch, kündigt von einer größeren Zukunft, macht den Glauben klar und hoffnungsfroh.

Zwischen Pfingsten und Advent

Es folgt die Trinitatiszeit, in der Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist verehrt wird. Am 21. Sonntag nach Trinitatis endet diese lange Zeit des alltäglichen Glaubens, das Kirchenjahr schließt langsam seine Tore. Noch drei Sonntage bis zum Ewigkeitssonntag, der auch Totensonntag heißt. Dann beginnt am 1. Advent das Kirchenjahr aufs Neue …

Neuregelung für den Jahreswechsel

Eine Änderung im europäischen Kirchenkalender der Neuapostolischen Kirche beschloss jüngst die Bezirksapostelversammlung. Künftig werden sowohl der Abschlussgottesdienst im alten Jahr als auch der erste Gottesdienst im neuen Jahr am Sonntag gefeiert. Da sowohl Silvester als auch Neujahr keine kirchlichen Feiertage sind, soll der Sonntag Vorrang haben. Diese Neuregelung unterstreicht die Internationalität der Kirche. In Südafrika, in Teilen von Asien und Südamerika hat sich die „Sonntagsregel“ seit langem bewährt: am letzten Sonntag ist Abschlussgottesdienst, am ersten Sonntag ist Jahresanfangsgottesdienst.

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