Auf dem Weg zum neuen Miteinander

Gemeinsam waren sie stark. Doch ihr Gegeneinander hat die Kirche zur Spaltung geführt: Stammapostel Hermann Niehaus und Apostel Carl August Brückner, der heute vor 145 Jahren geboren ist.

Nein, ein 145. Geburtstag ist nicht gerade ein Jubiläum, das einen Artikel rechtfertigt. Doch Grund zur Rückschau findet sich auch eher in der Zukunft als in der Vergangenheit: Am kommenden Samstag, 11. März 2017, wollen der Reformiert-Apostolische Gemeindebund (RAG) und die Neuapostolische Kirche ein schwieriges Kapitel gemeinsamer Geschichte schließen.

Ein guter Anfang

Eigentlich hatte die Geschichte gut begonnen: Mit Stammapostel Niehaus und Apostel Brückner, dem Leiter des Apostelbezirks Dresden (Deutschland), zogen Anfang des 20. Jahrhunderts zwei ausgemachte Führungspersönlichkeiten an einem Strang und brachten die Kirche voran.

Die Dresdner Satzung von 1906 machte den Begriff „neuapostolisch“ erstmals amtlich. Das publizistische Zentralorgan „Neuapostolische Rundschau“ entstand ab 1909 in Leipzig. Und in den Jahren drauf vertraute die Apostelversammlung gewichtige Aufgaben gleich reihenweise der rechten Hand des Stammapostels an: von der Organisation des Kassenwesens bis zu den Plänen für einen Katechismus.

Ein harter Bruch

Doch am 17. April 1921 klang das plötzlich alles ganz anders: „Schmerzerfüllt gebe ich Euch Folgendes bekannt“, schrieb Stammapostel Niehaus, „Herrn Carl August Brückner von dem Amte als Apostel zu entsetzen und aus der Neuapostolischen Gemeinde auszuschließen“. Was war da nur passiert?

Die beiden Männer hatten sich auseinanderentwickelt: Apostel Brückner hatte weiterhin und nicht weniger neue Ideen, die Kirche im Wandel zu gestalten. Doch in den aufgewühlten Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg war der Stammapostel vor allem auf eins bedacht: Ruhe und Beständigkeit.

Das allein hätte die Gefährten vielleicht nicht auseinandergebracht. Doch hier wie da beschleunigten Wegbegleiter – maßgebliche Redakteure einerseits und eine Gegenbewegung im Apostelkreis andererseits – das Auseinanderdriften bis hin zur Auseinandersetzung.

Und am Ende prallten sie aufeinander – die beiden ausgemachten Führungspersönlichkeiten.

Ein neues Miteinander

Mit Apostel Brückner verließen rund 90 Amtsträger und 6000 Gemeindemitglieder die Neuapostolische Kirche. Sie gründeten 1924 den Reformiert-Apostolischen Gemeindebund, der 1994 in der Apostolischen Gemeinschaft (AG) aufging. Bis vor kurzem war diese – von harten Auseinandersetzungen begleitete – Trennung nicht bewältigt.

Doch das ändert sich nun. Noch diese Woche soll eine Versöhnungserklärung die Spannungen zwischen dem früheren Gemeindebund und der Neuapostolischen Kirche endgültig beilegen. Die Feierstunde zur Unterzeichnung findet in der Apostolischen Gemeinde Greiz im Vogtland (Thüringen) statt, einer der früheren RAG-Hochburgen.

Ähnliche Dokumente wurden bereits 2014 in Nordrhein-Westfalen (Deutschland) und 2005 in der Schweiz unterschrieben. Derweil ist die Neuapostolische Kirche mit apostolischen Gemeinschaften in Südafrika und in den Niederlanden im Gespräch. Ziel dabei sind ausdrücklich keine Zusammenschlüsse, sondern ein versöhntes Miteinander.

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Andreas Rother
07.03.2017
Konfessionen, Persönlichkeiten