Glaubensvielfalt unter einem Dach

Unter dem Vorzeichen der Vielfalt steht der Besuch des Stammapostel in den Vereinigten Arabischen Emiraten am kommenden Wochenende: viele Nationen in einer Gemeinde und viele Konfessionen unter einem Dach.

Jebel Ali heißt die Hafenstadt, in der Jean-Luc Schneider seinen ersten Gottesdienst als Stammapostel in den Golfstaaten halten wird. Diese Länder werden von Bezirksapostel Michael Ehrich betreut. Das ehemalige kleine Küstendorf wurde ab Ende der 70er-Jahre zu einem der zehn größten Container-Umschlagsplätze der Welt ausgebaut und gilt heute als der größte, komplett menschgemachte Hafen überhaupt. „Jebel“ (oder auch „Dschabal“ geschrieben) heißt Berg, „Ali“ bedeutet so viel wie „der Große, der Erhabene“.

In der gleichnamigen Freihandelszone arbeiten mehr als 130.000 Menschen. Ein Großteil von ihnen sind Gastarbeiter, wie auch sonst in den Dubai und den anderen Emiraten, weiß Bischof i.R. Rolf Ludwig. Er hat bis vor kurzem die neuapostolischen Glaubensgeschwister in der Golfregion betreut und kennt die Situation der Gemeinden dort gut.

Aus diesen Gastarbeitern, „Expats“ genannt rekrutieren sich die neuapostolischen Gemeinden, so der Bischof: Ein guter Teil der Glaubensgeschwister stammt aus Pakistan, häufig in der Bauindustrie beschäftigt, oft ohne Familie, die den Großteil ihres Monatseinkommens von deutlich unter 1000 Euro an die Angehörigen nach Hause schicken. Gottesdienstsprache für sie ist Urdu. Ein weiterer Teil sind Mitarbeiter des mittleren Managements, zumeist Südafrikaner, aber auch US-Amerikaner, Kanadier und Deutsche.

Gemeinsam sind beiden Gruppen die vergleichsweise strikten Arbeitsbedingungen, berichtet Rolf Ludwig. Aufenthaltsgenehmigungen gibt‘s immer nur für die Dauer ihrer Arbeitsverhältnisse, die jederzeit mit wenigen Wochen Frist gekündigt werden können. Deshalb wechselt die Zusammensetzung der Gemeinden recht häufig.

Zu dem Gottesdienst am 16. Januar in Jebel Ali ist nicht nur die örtliche, englischsprachige Gemeinde eingeladen, sondern auch die vier anderen Gemeinden aus den Emiraten Abu Dhabi, Dubai und Schardscha sowie aus den Nachbar-Golfstaaten Oman, Qatar, Bahrein und Kuwait. Doch gerade für letztere ist es schwierig, da eine Flugreise notwendig wird und je nach Herkunftsland Probleme bei der Visaerteilung bestehen.

So können aus Oman nur die Vorsteher zu dem Gottesdienst kommen und aus Bahrain weniger als die Hälfte der Geschwister. Die Gemeinden Kuwait und Qatar sind hingegen fast komplett vertreten. Der Gottesdienst wird in Englisch gehalten und auf Urdu übersetzt, die Nationalsprache in Pakistan.

Damit die Glaubensgeschwister überhaupt kommen können, findet der Gottesdienst an einem Freitag statt, dem offiziellen Feiertag in dem muslimischen Land. Denn der Sonntag ist dort ein normaler Arbeitstag, erläutert Rolf Ludwig. Auch wenn die Christen in der Minderheit sind, wird ihnen wie den Angehörigen anderer Religionen Respekt entgegengebracht und die Möglichkeit zu Ausübung ihres Glaubens eingeräumt. Wie in anderen islamischen Ländern ist jedoch die Missionierung zum Christentum verboten.

Ein eigenes Kirchengebäude besitzt die Neuapostolische Kirche in den Emiraten nicht. Deshalb findet der Gottesdienst in Jebel Ali in der Anglikanischen Kirche statt. Diese besitzt seit der Zeit des britischen Protektorats die Erlaubnis, eigene Gotteshäuser zu bauen und zu unterhalten. So wurde für den Gottesdienst am 16. Januar ein Raum in der „Christ Church Jebel Ali“ angemietet.

Damit befindet sich die Neuapostolische Kirche in der Gesellschaft von rund 30 Konfessionen aus etwa 15 Ländern, die unter diesem Dach ihre Gottesdienste abhalten. Die einzelnen Gemeinschaften besitzen einen Schrank mit dem nötigen Material für ihren Gottesdienst. Teilweise von 6 Uhr in der Frühe bis 22 Uhr am Abend wechseln sich die Konfessionen in den Räumlichkeiten ab. „So kommen an manchen Orten in der Golf-Region an einem Tag bis zu 30.000 Christen aus vielen verschiedenen Denominationen in solch einen Kirchenkomplex“, berichtet der Bischof.

Für Rolf Ludwig hat es eine besondere Note, dass die Neuapostolische Kirche in diesem Fall bei der Anglikanischen Kirche unterkommt. Schließlich ist vor allem aus dieser Gemeinschaft die Katholisch-Apostolische Kirche hervorgegangen, die wiederum zu den Vorläufern des neuapostolischen Bekenntnisses zählt.

Über die genellere Situation der Christen in den Vereinigten Arabischen Emiraten berichtet aus neupostolischer Sicht der dortige Bezirksevangelist John Qadir in der Tageszeitung The National.

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Andreas Rother
15.01.2015
Konfessionen, International, Gemeindeleben