Das Neujahrsfest in China ist laut, rot und riecht gut

China – ein riesiges Land, ein weitgehend unbekanntes Land und lange auch ein abgeschottetes Land. Unsere nac.today Korrespondentin Kerstin Kaehler lebt seit 16 Jahren in diesem bevölkerungsreichsten Land der Erde. Sie schildert uns exklusiv, wie es sich dort lebt als Expat.

„Expats sind Zugezogene, die meist aus beruflichen Gründen eine Zeitlang in China leben“, sagt sie. „Ich wohne in Shanghai, ganz im Osten des Riesenreiches.” Nach Auskunft einschlägiger Statistiken leben in dieser Metropole gut und gern über 20 Millionen Einwohner. Shanghai dürfte damit zu den größten Städten der Welt gehören.

Etliche chinesische Lebensweisen sind für Zugereiste interessant. So feiert man zum Beispiel das Neujahrsfest gleich zweimal: natürlich am 1. Januar, denn in China gilt der gregorianische Kalender. Doch der andere Termin für das Neujahrsfest ist viel bedeutsamer: je nach Mondkalender findet es in den Monaten Januar oder Februar statt. In diesem Jahr fällt das Fest auf den 19. Februar. Dieser Tag ist der erste Tag im Jahr der Ziege oder des Schafes – die chinesische Rechtschreibung nutzt dasselbe Zeichen für beide Tiere. Es ist dies der Tag, an dem man in den Familien zusammenkommt. Millionen Menschen sind dann auf Reisen und legen nicht gerade unerhebliche Entfernungen zurück. „Natürlich können sich das nicht alle Familien leisten. Solche, die nicht nach Hause können, werden von den anderen bedauert“, schreibt Kerstin. Bereits Monate im Voraus sind die Züge oder Flüge zu den regionalen Flughäfen ausgebucht. An den Tagen, wo die Fluggesellschaften ihre Neujahrstickets online stellen, bricht häufig das gesamte System zusammen.

Eine kleine Expat-Gemeinde

„Wir haben hier in Shanghai auch eine kleine neuapostolische Expat-Gemeinde“, sagt Kerstin. „Natürlich gehen die an Neujahr auch alle auf Reisen und bleiben, da Ferienzeit, eine Woche außerhalb der Stadt. Das geht ganz gut, denn viele Fabriken machen eine Zeitlang zu, um ihren auswärtigen Mitarbeitern eine kurze Ferienzeit zu ermöglichen.“ Die meisten Expats verlassen das Land, um in ihre Heimat zu reisen. „Es ist für uns nicht gerade die beste Zeit, um im Land unterwegs zu sein. Es scheint so, als seien alle 1,3 Milliarden Chinesen auf Achse. Für den, der das mag, ist es aufregend – wer den Massenandrang nicht so mag, sollte auf das Reisen zu dieser Zeit verzichten.“

Kerstin selbst wird dieses Jahr in Shanghai bleiben! „Ich habe die Wohnung bereits Wochen vor dem Fest geschmückt: überall Narzissenblüten, die genau passend zum Neujahrsfest blühen werden. Das ganze Haus riecht wunderbar frisch. Hier sagt man: Je mehr Blüten kommen, desto erfolgreicher wird das Jahr.“ Die Fenster und Türen werden mit Figuren aus rotem Papier geschmückt, meist Fischsymbole, die Glück verheißen sollen. Das chinesische Wort für Fisch klingt so ähnlich wie „Überfluss“.

Rot bringt Glück

Die rote Farbe bestimmt in dieser Zeit das Leben, von der Dekoration bis zur Kleidung – alles rot. Kindern schenkt man rote Umschläge mit „Glücksgeld“ zum Neujahrsfest, von allen Erwachsenen in der Familie. Früher waren das nur Geldstücke, heute sind es Scheine. „Einige meiner Freunde beklagen sich schon, wie teuer die Tradition mittlerweile geworden ist.“ In ihrer Expat-Gemeinde arbeitet Kerstin auch als Sonntagsschullehrerin. In dieser Jahreszeit beschreiben wir rote Umschläge für die Kinder in der Gemeinde und füllen sie mit Münzen aus Schokolade.

„Ein Element verbindet das chinesische und das westliche Neujahrsfest: das Feuerwerk“, schreibt Kerstin zum Schluss. „Hier in China glauben die Menschen, dass man mit dem Lärm Monster und Dämonen vertreibt. Daraus folgt die Tradition, dass die Neujahrsnacht die lauteste Nacht des ganzen Jahres ist. Ich kann nur sagen: ich bin schon viel in China herumgekommen – ich glaube, kein einziges Monster hat diesen Krach überlebt.“

Stichwort: Chinesischer Kalender

Das chinesische Neujahrsfest oder auch Frühlingsfest wird als der wichtigste chinesische Feiertag betrachtet. Zwar gilt offiziell mittlerweile in der gesamten Volksrepublik China der gregorianische Kalender, doch wird gerade für Volksfeste auf den alten traditionellen Mondkalender zurückgegriffen. Danach fällt der Beginn des neuen Jahres auf den Neumond zwischen dem 21. Januar und dem 21. Februar. Das ist in diesem Jahr der 19. Februar. Das Jahr der Ziege wird dann am 7. Februar 2016 enden.

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Peter Johanning
19.02.2015
China, Ereignisse, Neujahr