Frühe Fingerzeige aus einem Dorf im Elend

Es waren frühe Hinweise auf ein unmittelbar bevorstehendes Comeback: die Weissagungen von Karlshuld. In dem kleinen deutschen Dorf kündigte sich an, was sich wenige Jahre später in England Bahn brechen sollte: die Wiederbesetzungen des Apostelamtes.

In Süddeutschland ist Stammapostel Jean-Luc Schneider am kommenden Wochenende unterwegs. Am Sonntag hält er Gottesdienst in Ulm, der geschichtsträchtigen Stadt an der Donau. Eine gute Gelegenheit, um den Blick ein gutes Stück flussabwärts schweifen zu lassen und ein ehemals ausgedehntes Moorgebiet in Visier zu nehmen.

Menschen im Elend

Donaumoos, so nennt sich die Gegend, in der in den 1790er Jahren die größte Gewinnung von Neuland in Bayern seit dem Mittelalter anläuft. Das Ausheben von Entwässerungsgräben und der Anbau von Feldfrüchten braucht viel Arbeitskraft. Doch die unerwartet zahlreichen Siedler sind oft unerfahren.

Karlshuld wird schnell zur bevölkerungsreichsten, aber auch notleidendsten Kolonie im Donaumoos: zu viele Menschen, zu wenig Brot, schlechte Wohnverhältnisse. Unter den Bewohner, die aus unterschiedlichen Teilen des Landes stammen, herrscht eine explosive Stimmung. Schlägereien, Alkoholismus und die Machenschaften von Kriminellen, die hier hin verbannt worden sind: Bald hat der Ort weithin den schlimmsten Ruf.

Glaube in Bewegung

So findet Johann E.G. Lutz seinen neuen Arbeitsbereich vor, als der junge katholische Geistliche im Jahr 1826 nach Karlshuld kommt, um die Pfarrstelle zu übernehmen. Mit Bescheidenheit und Hilfsbereitschaft, aber auch mit einer besonderen Predigtgabe gelingt es ihm, die Menschen für das Evangelium zu gewinnen. Hält Pfarrer Lutz den Gottesdienst anfangs noch wöchentlich, findet die Messe auf Drängen der Gemeinde bald täglich statt.

Schnell entwickelt sich eine ausgeprägte Erweckungsbewegung: In der Fastenzeit vor Ostern treibt es die Gläubigen zu intensiven, oft stundenlangen Gebeten. In einer Silvesternacht wird der Pfarrer aus dem Schlaf gerissen, um den Menschen in der völlig überfüllten Kirche bis zum Morgengrauen die Beichte abzunehmen. Und Ende Februar 1828 treten die ersten Weissagungen auf.

Apostelamt in Aussicht

„Wisset ihr nicht, dass, ehe der Herr kommt, er abermals Apostel, Propheten, Evangelisten und Hirten, und Kirchen wie am Anfang, geben wird?“ Dieser Satz gehört zu den Aussagen, zu denen sich ein Mann und zwei Frauen während eines Gottesdienstes getrieben fühlen. Bis Juli 1828 folgen weitere Weissagungen, die die Wiederbesetzung des Apostelamtes in Aussicht stellen.

Diese Prophezeiungen erfüllen sich gut vier Jahre später in England. Bis 1835 werden dort die ersten zwölf Apostel der Neuzeit benannt. Davon erfährt Johann Lutz 1842 durch den Evangelisten William Caird. 1857 wird er von Apostel Drummond versiegelt. Unter anderem im Amt eines Evangelisten gründet Lutz katholische-apostolische Gemeinden in der Schweiz sowie in Süddeutschland und wird so zu einem der Pionier des apostolischen Glaubens.

Zeichnung: Karlshuld, 1830 - Repro: Bischoff Verlag

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