Was passiert, wenn der Wind in ein Feuer bläst? Eine schwache Flamme geht aus, die starke wird entfacht. So sagt es ein französisches Sprichwort, das der Stammapostel in einer seiner Predigten zum Thema Gottesfurcht verwendet hat.
Während der Corona-Pandemie sind die üblichen Ortsgottesdienste nicht möglich. Also nutzt Stammapostel Jean-Luc Schneider die mittlerweile gut akzeptierte Möglichkeit eines Live-Gottesdienstes per Internetstream. Am 3. Mai 2020 kam der Gottesdienst aus Straßburg (Frankreich). Das Kirchenoberhaupt predigte in französischer Sprache über den Bibeltext aus Psalm 103,11: „Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, lässt er seine Gnade walten über denen, die ihn fürchten.“
Gottesfurcht schafft Dankbarkeit
Es geht also um das Thema Gottesfurcht – für viele ein schwieriges, unverständliches Thema. Im christlichen Kontext jedoch wird dieser biblische Begriff häufig verwendet. Er beschreibt die Haltung der Menschen gegenüber Gott. In seiner Predigt legt der Stammapostel den Schluss nah, dass Gott diejenigen segnet, die ihn fürchten. „Gottesfurcht ist unerlässlich, um in vollem Umfang von der Gnade Gottes genießen zu können“, schreibt er den Gottesdienstteilnehmern ins Herz, denn wer Gott fürchtet, sei dankbar für alle seine Wohltaten. Der Stammapostel nennt beispielhaft drei:
- Das Opfer Jesu Christi und das Heil, das es eröffnet.
- Den Schatz, der sich in den Gottesdiensten, dem Heiligen Abendmahl und in der geschwisterlichen Gemeinschaft vergegenwärtigt.
- Die Güte, die er im alltäglichen Leben bezeugt. „Mehr als je zuvor erkennen wir, dass wir alles, was wir haben, seiner Gnade verdanken!“
Gottesfurcht braucht Demut
Gottesfurcht, sagt der Stammapostel, habe etwas mit Demut zu tun: „Als Petrus sich der Macht Jesu bewusst wurde, fiel er vor ihm auf die Knie. Als Thomas dem Auferstandenen begegnete, rief er: ‚Mein Herr und mein Gott‘“. Zwar wende sich der Mensch getreu der Lehre des Evangeliums an Gott wie an einen Vater und sehe in Jesus Christus einen Freund, „aber dieses Nahesein sollte uns nicht die Majestät Gottes vergessen lassen.“
So erinnere uns die gegenwärtige Coronakrise, in der die Feier des Heiligen Abendmahls nicht möglich ist, daran, dass es Gott ist und nicht der Mensch, der die Begegnung zwischen Gott und Mensch hervorbringt. „Nur, weil wir einen Gottesdienst planen, in dem Heiliges Abendmahl gefeiert werden soll, heißt das noch lange nicht, dass dies auch gelingt.“
Auch der Apostel Paulus verwies auf die Gottesfurcht. An die Philipper schrieb er, dass sie ihre Seligkeit „mit Furcht und Zittern“ erreichen sollten. Was aber richtig verstanden werden müsse: „Gott möchte nicht, dass wir Angst vor ihm haben oder in Panik geraten in dem Gedanken, von ihm zurückgewiesen zu werden. Er erwartet einfach, dass wir demütig bleiben und uns bewusst sind, dass wir unser Heil nur seiner Gnade verdanken.“
Gottesfurcht bringt Gottvertrauen
Unsere Gottesfurcht zeige sich in dem Vertrauen, das wir Gott entgegenbringen, hielt der Stammapostel dagegen. „Wir verstehen nicht immer, was Gott tut, aber wir wissen, dass er niemals willkürlich handelt. Getreu seinem Wort tut er alles, was er verspricht. Wir vertrauen auf die Liebe Jesu, weil er sie uns ein für alle Mal bewiesen hat, indem er sein Leben für uns gelassen hat.“
Gottesfurcht ist dienende Liebe
Die Gottesfurcht drücke sich im Opfer und der Bereitschaft aus, zu dienen: „Lasst uns Gott beweisen, dass er immer den ersten Platz in unserem Herzen und in unserem Leben einnimmt!“ Schließlich bedeute Gott zu fürchten auch, ihn zu lieben und ihn von ganzem Herzen zu suchen. Um das zu verdeutlichen, führte der Kirchenleiter das oben genannte französische Sprichwort an: « L’absence est à l’amour ce qu’est au feu le vent; – Il éteint le petit, il allume le grand » – „Abwesenheit ist für die Liebe, was der Wind für das Feuer ist: Sie löscht das schwache aus und facht das starke an.“ Eine starke Liebe vermag viel! Dazu Stammapostel Schneider: „Wie wird sich wohl diese Zeit der Ausgangsbeschränkungen auf unsere Liebe zu Gott auswirken?“
Gott schenkt Gnade
Gottesfurcht und Gnade – darin besteht also der erwähnte Zusammenhang: „Gott schenkt seine Güte und Gnade denjenigen, die ihn fürchten.“ Und seine Güte sei so groß, wie der Himmel über der Erde ist. Dazu abschließend der Stammapostel:
- „Die Einschränkungen des Lebens auf dieser Erde können Gott nicht daran hindern, uns seine Wohltaten zuteilwerden zu lassen.“
- „Von oben sieht er viel weiter als wir – bevor wir Prüfungen überhaupt bemerken, hat er bereits die Hilfe bereitgestellt, die wir brauchen werden.“
- „Das Erbe, das er uns im Himmel bereithält, ist unendlich größer als die Werke, die wir tun können, und die Leiden, die wir auf dieser Erde ertragen müssen.“
Dankbarkeit, Demut, Vertrauen, Liebe und Bereitschaft zum Dienen – das alles seien Kennzeichen für die Gottesfurcht, so der Kirchenleiter. Sie ermöglicht uns, Gottes Gnade in vollem Umfang genießen zu können.