Tränen, die getrocknet werden

Die Predigt handelte vom Weinen, war aber alles andere als tränenreich! Im Gegenteil: Wer weint, soll getröstet werden. So lautet auch die Botschaft des Stammapostels aus dem Gottesdienst in Straßburg (Frankreich) am 15. November 2020.

An diesem Sonntag wollte der internationale Kirchenleiter eigentlich in Buenos Aires (Argentinien) sein, doch die gegenwärtige Corona-Lage lässt das Reisen nicht zu. Also wandte sich Stammapostel Jean-Luc Schneider virtuell den Gemeinden in Argentinien, Bolivien, Brasilien Paraguay und Uruguay zu. „Es ist mir ein Bedürfnis, Gemeinschaft mit euch zu haben und diesen Gottesdienst mit euch zu erleben“, lauteten seine Begrüßungsworte.

Über das Weinen

Aus Johannes 20,13 stammen die beiden interessanten Sätze: „Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben“. Sie handeln vom Ostergeschehen, als Maria von Magdala dem auferstandenen Jesus Christus begegnet. Sie war eine treue Nachfolgerin des Gottessohnes, „aus Liebe zum Herrn“, wie der Stammapostel es ausdrückte. Selbst nach seinem Tod hätte sie noch etwas für ihn tun und sich um die Leiche kümmern wollen. Doch das Grab war leer. „Wie verzweifelt wird sie gewesen sein, als sie ihren Herrn nicht fand? Stattdessen begegnete sie dem Gärtner.“ Erst allmählich habe sie verstanden, wer da mit ihr redete!

Die Marias von heute

Auch heute gebe es viele solcher Marias, bestätigte der Stammapostel. „Aus Dankbarkeit und aus Liebe folgen sie dem Herrn treu nach. Sie dienen ihm mit Hingabe, bringen Opfer und sind auch dann treu, wenn Bedrängnisse oder Versuchungen kommen.“ Das gelte auch für die Glaubensgeschwister in Südamerika: trotz aller Bedrängnisse, trotz Krankheit oder großer wirtschaftlicher Not, trotz Gewalttätigkeit und Kriminalität blieben sie dem Herrn treu. „Ich möchte das klar sagen: Ich sehe das mit großer Bewunderung und mit großem Respekt.“

Tränen in Bedrängnis

Gewiss komme auch mal die Frage auf: „Ja, wo ist jetzt der Herr? Ist er ohnmächtig geworden? Er kann mir gar nicht mehr helfen. Meine Kräfte sind am Ende“ – so drückte es der Stammapostel aus. Doch gerade dann stelle uns der Herr die Frage: „Warum weinst du?“ Damit werfe er dem Menschen nicht vor, dass er schwach geworden ist. Diese Frage sei kein Vorwurf, sondern ein Zeichen seiner Zuwendung. „Jesus will uns durch diese Frage zeigen: Ich bin daran interessiert, wie es dir geht. Ich nehme Anteil an deinem Leid.“ Zugleich sei damit auch die Aufforderung verbunden: „Sag mir, was du auf dem Herzen hast. Öffne mir dein Herz. Gib das Gespräch mit mir nicht auf.“

Tränen der Reue

„Warum weinst du?“ – auch Petrus habe damals geweint. Als Jesus gefangen genommen worden war, verleugnete ihn Petrus dreimal. Der Hahn krähte und Jesus schaute Petrus an, berichtet die Schrift. Daraufhin weinte sein Jünger bitterlich. An seiner Liebe zum Herrn habe das nichts geändert, bemerkte der Kirchenleiter in seiner Predigt.

„Wir sind schwache Menschen, fallen in Versuchung und sündigen. Dann weinen wir. Auch da stellt uns der Herr Jesus die Frage: ‚Warum weinst du?‘“ Die wahrhaftige Reue entstehe aus der Liebe zum Herrn. „Und der Auferstandene sagt uns: ‚Ich bin da für dich, ich verteidige dich. Ich bin für dich gestorben. Ich vergebe dir.‘“

Tränen der Trauer

Es gebe noch andere Gründe für das Weinen, zum Beispiel aus Trauer. Und auch den könne Jesus Christus verstehen, sagte der Stammapostel. „Denkt an die Szene am Grabe des Lazarus. Es heißt im kürzesten Vers in der Bibel: ‚Jesus weinte‘“. Wer ein solches Leid miterlebt habe, weiß: Traurigkeit geht nicht so schnell weg. „Du darfst immer zum Herrn Jesus kommen und dich ausweinen, er versteht dich. Er tröstet uns: Der Tod kann uns nicht ewig trennen. Es gibt ein Wiedersehen.“

Tränen für den Nächsten

Es gebe noch ein Weinen, das Jesus sehr gut verstehen kann: „Wenn wir über die weinen, die den Gottesdienst nicht mehr besuchen.“ Er habe über Jerusalem geweint, weil sie nicht kamen, als er sie versammeln wollte. „Auch da gilt sein Trost: ‚Ich gebe sie nicht auf. Ich will sie erretten. Ich bin der gute Hirte, der das verlorene Schaf sucht.‘ – Diesen Trost möchte ich vielen Geschwistern, vielen Eltern mitgeben. Liebe die Deinen weiter, bete für sie und vertraue dem Herrn. Er wird sie nicht aufgeben und nicht verlassen.“



Foto: ENA France

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Peter Johanning
24.11.2020
Stammapostel, Gottesdienst