Zum 3. Advent: „Er wird nicht richten nach dem, was vor Augen ist“

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, sagt Antoine de Saint-Exupéry in seinem Klassiker „Der kleine Prinz“. Der Mensch sieht jedoch nicht immer mit dem Herzen. Oft genug stehen eigene Interessen einem gerechten Urteil gegenüber. Ein Aufruf zum genauen Hinschauen.

Jesaja, einer der großen Propheten im Alten Testament, sah in die Zukunft: Ein besonderer Mensch aus dem Haus David wird kommen; er ist angefüllt mit einem besonderen Geist, dem Geist der Weisheit, des Verstandes, des Rates, der Stärke, der Erkenntnis und der Gottesfurcht. Von ihm sagt der Seher: „Er wird nicht richten nach dem, was seine Augen sehen, noch Urteil sprechen nach dem, was seine Ohren hören, sondern wird mit Gerechtigkeit richten“ (aus Jesaja 11,3.4).

Starke Worte, absolut nachahmenswert, vorbildhaft, nicht nur zum Advent passend, nicht nur früher gültig. Jesus Christus, der Heiland der Welt ist gemeint. Er selbst eröffnet in seinen Predigten den Zuhörern, dass er derjenige sei, auf dem der Geist Gottes ruhe.

Weder Augenschein noch Hörensagen

Gerecht denkende Menschen brauchen solche Eigenschaften. Eigeninteresse, Selbstsucht, Egoismus dürfen keine Rolle spielen. Gingen alle Entscheidungsträger in heutiger Zeit mit dem Geist Gottes in ihre Aufgaben, gäbe es keinen Krieg, keine Unterdrückung, keine Diskriminierung. Weder Augenschein noch Hörensagen sollen ein faires Urteil beeinflussen. In biblischer Dimension gilt selbst der Sünder vor Gott etwas, denn jeder Mensch hat auch Gutes.

Ohne Ansehen der Person

Dazu ein Beispiel: Apostel Jakobus spricht in seinem Brief im Neuen Testament eine wahre, voraussehbare Geschichte an. „Liebe Brüder, haltet den Glauben an Jesus Christus, unsern Herrn der Herrlichkeit, frei von allem Ansehen der Person.“ Ein Appell, ein Aufruf, eine christliche Notwendigkeit! Angenommen, so der Apostel zur Veranschaulichung dieser Leitlinie, „in eure Versammlung käme ein Mann mit einem goldenen Ring und in herrlicher Kleidung, es käme aber auch ein Armer in unsauberer Kleidung, und ihr sähet auf den, der herrlich gekleidet ist, und sprächet zu ihm: Setze du dich hierher auf den guten Platz!, und sprächet zu dem Armen: Stell du dich dorthin!, oder: Setze dich unten zu meinen Füßen!, ist's recht, dass ihr solche Unterschiede bei euch macht und urteilt mit bösen Gedanken?“ Ist es also gerecht, Menschen nach ihrem Äußeren zu beurteilen? Menschen nach arm und reich zu klassifizieren? Benachteiligte außen vor zu lassen? Minderbemittelte zu übersehen? Behinderte durch Liebesentzug zu bestrafen? Nein!

„Hört zu, meine lieben Brüder! Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt, die im Glauben reich sind und Erben des Reichs, das er verheißen hat denen, die ihn lieb haben? Ihr aber habt dem Armen Unehre angetan. Sind es nicht die Reichen, die Gewalt gegen euch üben und euch vor Gericht ziehen? Verlästern sie nicht den guten Namen, der über euch genannt ist?“ Ein interessanter Blickwinkel, angesichts der Herrscher in der Welt, die häufig zu den reichsten Menschen überhaupt gehören. „Wenn ihr das königliche Gesetz erfüllt nach der Schrift: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, so tut ihr recht; wenn ihr aber die Person anseht, tut ihr Sünde und werdet überführt vom Gesetz als Übertreter.“

Theoretisch ist alles klar

Es steht also alles schon geschrieben. Theoretisch ist alles klar, nur praktisch nicht. Wir tun uns als Menschen schwer, solche zu respektieren, die ganz anders sind – denen Gutes zu tun, die abseits des Mainstreams handeln – mit jenen Umgang zu pflegen, die sich aufgrund ihrer Lebensart keine Freunde machen. Das muss aber nicht so sein: der Advent erinnert uns daran, um was es wirklich geht im Leben: ehrlich zu sein, gerecht, dem Menschen zugewandt.

Jesus nachfolgen heißt die Devise, in allem!

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Peter Johanning
12.12.2015
Kirchliche Feiertage