Aufbauarbeit zwischen Seelsorge und Buchhaltung
Unermüdliche Arbeiter waren sie beide: der eine mehr als Seelsorger, der andere eher organisatorisch. Und in diesen Tagen jährt sich ihr Geburtstag zum 150. Mal – ein Rückblick auf das Wirken der Bezirksapostel Wilhelm Oehlmann und Martin Lax in den Gebieten, die heute zu Ostdeutschland, Polen und Russland zählen.
Bild, aus dem Jahre 1924 (erste Reihe von links): Bezirksapostel Lax, Stammapostel Niehaus, das Ehepaar Oehlmann und Stammapostelhelfer Bischoff
Die beiden Bezirksapostel hatten sogar den gleichen Amtsvorgänger – Ernst Traugott Hallmann. Das aber in unterschiedlichen Regionen: Wilhelm Oehlmann übernahmen Ostpreußen, als Bezirksapostel Hallmann nach Berlin entsandt wurde, wo Martin Lax nach dessen Tod das leitende Amt ausübte.
Rückschläge und Neuanfänge: Wilhelm Oehlmann
Wilhelm Oehlmann wurde am 6. April 1865 in Darlingerode/Harz in ärmliche Verhältnisse hineingeboren. Da er eine kräftige Konstitution besaß, musste er schon früh für den Lebensunterhalt der vielköpfigen Familie mit anpacken. Seine Schaffenskraft erlitt einen jähen Einbruch durch einen schweren Unfall und einen mehrmonatigen Klinikaufenthalt. Dort beschäftigte er sich zwar mit dem apostolischen Glauben, den er in einigen Gottesdiensten kennengelernt hatte. Nach seiner Genesung verdrängte das Berufsleben jedoch diese Gedanken.
Das Unglück wiederholte sich, als er auf der Suche nach Arbeit nach Berlin übersiedelte. Wieder wurde er Opfer eines schweren Unfalls, wieder musste er für Monate ins Krankenhaus. Doch dieses Mal führte ihn die Beschäftigung mit dem Glauben in die apostolische Gemeinschaft. 1888 wurde Wilhelm Oehlmann versiegelt, zwei Jahre später empfing er sein erstes kirchliches Amt als Unterdiakon. Mit großem Engagement ging er ans Werk. 1905 ordinierte Stammapostel Hermann Niehaus ihn zum Apostel für den neu gegründeten Bezirks Königsberg.
Seelsorger und Helfer in der Not
Auch dort entfaltete seine Einsatzfreude ihre Wirkung: Nach drei Jahren hatte sich die Zahl der Gemeinden mehr als verdoppelt. Dann brachte der Erste Weltkrieg sein Elend über Ostpreußen. Vielen Glaubensgeschwister verloren Angehörige oder flohen vor feindlichen Truppen. Dutzende von Kirchen wurden zerstört. Da zeigten sich die Stärken von Wilhelm Oehlmann als Seelsorger und Helfer in der Not. Er beherbergte und versorgte Flüchtlinge und betreute Kriegsgefangene in weit entfernten Lagern. Und er macht sich an den Wiederaufbau.
Keine 2000 Mitglieder in 18 Gemeinden hatte er als Bezirksapostel übernommen. Mehr als 21.000 Seelen und 150 Gemeinden zählte sein Arbeitsbereich, als er am 8. Februar 1937 nach kurzer, schwerer Krankheit starb. Mit seinem sanften Wesen und seiner Fürsorglichkeit galt Wilhelm Oehlmann den Glaubensgeschwistern als Inbegriff der Liebe.
Begeistert und fachkundig: Martin Lax
Martin Lax wurde am 7. April 1865 geboren – in Drewitz, einem kleinen Dorf in der Nähe des Spreewaldes. Seine Kindheit war ebenfalls geprägt von Armut und Not. Deshalb konnte er auch seinen Wunschberuf nicht ergreifen, holte das Versäumte allerdings im Anschluss an seine Soldatenzeit nach: In Berlin schlug er die kaufmännische Laufbahn ein und erarbeitete sich eine gehobene Stellung. Dieses Fachkenntnisse nutze Stammapostel Niehaus für den Aufbau von Verwaltungsstrukturen: Martin Lax übernahm die Kassen- und Buchführungen für den Apostelbezirk Berlin und später die Schriftführung im internationalen Apostelkollegium.
Zuvor war Martin Lax apostolisch geworden: Seine Frau hatte Gottesdienste besucht und war begeistert. Er konnte damit zunächst nicht viel anfangen, ging ihr zuliebe aber an Weihnachten 1889 mit in die Kirche. Das war der Beginn eines innigen Glaubenslebens. Wenige Monate später wurde er versiegelt und noch im Jahr 1890 wurde ihm das Amt des Unterdiakons anvertraut. Mit Feuereifer berichtete er Bekannten, Nachbarn und Kollegen, was er für sich entdeckt hatte.
Auftakt zum Schulchor
Als Apostelhelfer unterstützte Martin Lax ab 1919 zunächst Apostel Hallmann und übernahm nach dessen Heimgang 1923 die Aufgabe als Bezirksapostel. Sein Arbeitsgebiet umfasste im Laufe der Zeit nicht nur die Region Berlin sondern auch Brandenburg, Pommern und Teile Mecklenburgs. Er strukturierte Ältestenbezirke neu und holte die Gottesdienste aus den Hinterhöfen in neu gebaute Kirchen. Ihm war keine lange Amtszeit beschieden: 1934 gab er die Aufgabe ab wegen einer schweren Erkrankung, der er am 27. April 1935 erlag.
Zu seinen beständigsten Hinterlassenschaften zählt der Berliner „Schulchor“: Mit dem Ziel, das Musikwesen zu vereinheitlichen, berief Bezirksapostel Lax zunächst Dirigentenversammlungen ein, aus der dann ein gemeinsamer Übungschor hervorging. 500 Sängerinnen und Sänger nahmen an der ersten Chorprobe teil. Mit Unterstützung des Berufsmusikers Emanuel Gohle und des Komponisten Max Hölting entwickelten sich daraus die sogenannte „Einheitsmappe“ und das jährliche Sängerfest. Der Berliner Schulchor tritt noch heute regelmäßig auf.