Erkennen, erinnern, wertschätzen: So geht Dankbarkeit. Und das ist die Antwort auf eine Jahrtausende alte Frage: „Wie soll ich dem Herrn vergelten all seine Wohltat, die er an mir tut?“ (Psalm 116,12)
„Das ist die Grundlage des gesellschaftlichen Lebens: Jeder gibt dem anderen, und das gleicht sich aus – wir müssen quitt sein“, sagte Stammapostel Jean-Luc Schneider beim Gottesdienst am 2. Oktober 2022 in Évreux (Frankreich). „Nur merkt der Psalmist, dass das mit Gott nicht funktioniert. Ich kann mit Gott niemals quitt sein.“
„Erstens, weil Gott meine Bedürfnisse erfüllt, aber er hat keine Bedürfnisse. Er ist vollkommen. Also kann ich Gott keinen Gefallen tun.“ Und zweitens: „Was willst du geben, um das ewige Leben zu verdienen? Was kannst du als Gegenleistung für das Opfer von Jesus Christus geben? Wir spielen nicht in der gleichen Liga.“
„Das Einzige, was ich tun kann, ist, ihm meine Dankbarkeit zu zeigen.“ Und wie? Dazu nannte der Stammapostel vier Punkte:
- Sich des Wertes der Gabe bewusst sein
- Sich an den Schenkenden erinnern
- Sich dem Geber verpflichtet fühlen
- Dem Schenkenden Zuneigung entgegenbringen
„Der erste Schritt zur Dankbarkeit ist, den Wert dessen zu schätzen, was Gott uns gibt. – Und hier könnte ich eine lange Liste aufmachen.“ So nannte der Kirchenleiter beispielsweise Klima, Regen, Sonne, Bodenschätze und Frieden („Dies ist für die Gesellschaft“), aber auch Gesundheit, Auskommen und Familie („unser persönliches Leben“) sowie („zur spirituellen Ebene“) noch Gottesdienst, Abendmahl und den Glauben an Christus.
„Es genügt, dass es eine kleine Krise oder eine große Krise gibt, und gerade in diesem Moment wird einem klar: Am Ende ist das doch nicht so selbstverständlich, wie es scheint.“ Dabei sprach der Stammapostel sowohl Klimaveränderung, Rohstoffknappheit, Kriege, Krankheit, Arbeitslosigkeit und den Corona-bedingten Verzicht auf Präsenz-Gottesdienste ab. „Man erkennt die Bedeutung dessen, was Gott dem Menschen gibt.“
„Dann der zweite Schritt: sich daran erinnern, dass er es uns gegeben hat“, fuhr der Stammapostel fort. „Hier reicht ein Blick in die Bibel, um zu erkennen, dass der Mensch immer wieder in die gleiche Falle tappt“ – nämlich: Wohltaten Gottes vergessen, „sobald uns etwas fehlt, wenn etwas nicht unseren Erwartungen entspricht, wenn uns etwas Unangenehmes widerfährt“.
„Das ist einer der Gründe, warum wir uns jede Woche versammeln: Um den Sieg und das Opfer von Jesus Christus zu feiern und uns daran zu erinnern. Das ist eine der tieferen Bedeutungen des Abendmahls – der Welt, und vor allem sich selbst zu sagen: ,Ich vergesse nicht!‘“
Sich dem Geber in Dankbarkeit verpflichtet zu fühlen, äußere sich auf mehrfache Weise:
- Wer ein Geschenk würdige, der gehe sorgsam damit um. Das betreffe die Schöpfung ebenso wie die Gesundheit und vor allem das Seelenleben.
- Wertschätzung bedeute auch, Versprechen zu halten: „Du hast Gott bei deiner Taufe, bei deiner Konfirmation, bei deiner Hochzeit, bei deiner Ordination etwas versprochen.“
- „Weil wir wissen, dass wir ihm alles verdanken, bringen wir Gott auch unsere Gabe.“
„Und der letzte Punkt ist: dem Geber Zuneigung entgegenbringen.“ Denn: „Wenn wir denjenigen, der uns etwas gegeben hat, umarmen, wollen wir ihm unsere Zuneigung zeigen.“ Aber: „Wie funktioniert das bei Gott?“
„Das ist der ultimative Punkt der Dankbarkeit: Wir lieben den Geber. Unsere Beziehung zu ihm ist viel wichtiger als das, was er uns gibt. Wir bleiben bei ihm, auch wenn er nicht alle unsere Gebete erhört, und wir vertrauen ihm.“ Und dann hat Gott noch ein Rezept gegeben: „Die beste Art, mich zu lieben, ist, wenn du deinen Nächsten liebst und das, was ich dir gegeben habe, mit anderen teilst.“