Die kircheneigene Krankenkasse, die Fußballliga der Gemeinde-Teams und das Arbeitsgebiet über den halben Globus: Vor 125 Jahren wurde Heinrich Franz Schlaphoff geboren – ein Apostel ganz eigenen Formats.
„Ohne diesen Schlüsselanhänger wäre ich heute nicht neuapostolisch“, sagt Kirchensprecher Kenny Kotze (Südafrika). Das handgemachte Werkstück hatte sein Vater angeboten bekommen – für eine Spendensammlung der Neuapostolischen Kirche. Von diesem Bekenntnis hatte der Senior allerdings noch nie etwas gehört und fragte interessiert nach. „Der Rest ist Geschichte.“
Hergestellt worden war jener Schlüsselanhänger für einen der Gemeinde-Basare zum Erntedankfest – eine Tradition in Südafrika, die Bezirksapostel Schlaphoff ins Leben gerufen hatte und die mit seinem Geburtstag am 3. August zusammenfiel. Es war nur eine der kleineren unter seinen vielen Innovationen in dem Arbeitsbereich, der für den späteren Stammapostelhelfer schließlich die gesamte südliche Halbkugel der Erde umfasste.
Junior krempelt die Kirche um
Aufgewachsen war Heinrich Franz Schlaphoff in ärmlichen Verhältnissen. Neuapostolisch wurde die Familie an Pfingsten 1902. Erst auf Drängen seines Vaters war der Junior bereit, 1919 ein Amt anzunehmen. Nach dem plötzlichen Tod des Seniors wurde der Sohn im Juli 1929 ins Apostelamt berufen und übernahm die Kirchenleitung in Südafrika.
Der neue Mann krempelte die Kirche um: Zu den radikalsten Maßnahmen gehörte die Abschaffung der deutschsprachigen Gottesdienste. Fortan sollte die Predigt in Englisch und Afrikaans gehalten werden. Die Besinnung auf Landessprachen verschaffte den Gemeinden deutlichen Zulauf, hier in Südafrika ebenso wie später auch in Südamerika.
Und der Bezirksapostel schuf Strukturen: Er teilte die Gebietskirche in Ältesten- und später Bischofsbezirke ein, verpasste der Verwaltung eine Buchführung nach europäischem Muster und veröffentlichte wöchentliche Rundschreiben an die Amtsträger in drei Sprachen. Und er brachte Ende der 1940er Jahre eine eigene Kirchenzeitschrift heraus: „Our Familiy“, benannt nach dem deutschen Vorbild.
Jenseits europäischer Vorbilder
Dabei ging er weit darüber hinaus, was noch Jahrzehnte später in der deutschen Mutterkirche gang und gäbe war: Dazu gehören zum Beispiel die Jahresberichte der Gebietskirche mit Angaben zur Struktur, Mitgliederentwicklung, Finanzaufwendungen für den Kirchenbau und Einnahmen aus den Erntedank-Basaren.
Schlaphoff sah die Armut der Menschen und ließ die Kirche sozial aktiv werde. Er gründete eine Sterbekasse, damit sich die Glaubensgeschwister ein würdiges Begräbnis leisten konnten. Und er rief eine Krankenkasse ins Leben, mit günstigen Tarifen und gesonderten Sprechzeiten bei Vertragsärzten.
Selbst die Freizeit hatte er im Blick: Unter dem Dachverband „United Sports Union“ unterhielt die Kirche eigene Ligen von Gemeinde-Mannschaften in Sportarten wie Fußball, Cricket und Softball. Über die Spielergebnisse und Tabellenplätze berichtete die Kirchenzeitschrift.
Einzigartige Lebensleistung
Die Verhältnisse in Südafrika gefielen nicht jedem: Über Kinobesuche, Varieté-Abende der Jugend mit Humor, Theater und Zauberkunst sowie über Tanz-Vergnügungen beschwerte sich der Schweizer Apostel Otto Güttinger beim Stammapostel: „Ich sah sogar Apostel mit Geschwistern sich im Kreise drehen.“
Da nahm Kirchenleiter Johann Gottfried Bischoff seinen Helfer noch in Schutz: Schlapphof sei „der Mann von Gott gegeben, der für die afrikanischen Verhältnisse passt.“ Doch runde 18 Monate später beschloss die Apostelversammlung einstimmig, ihn künftig „als Stammapostelhelfer und Nachfolger des Stammapostels abzulehnen“.
Und 1954 musste der Mann, der sich in Südafrika gerne „Chief“ nennen ließ, sein Amt als Apostel aufgeben. Es war dasselbe Jahr, in dem Apostel Güttinger amtsenthoben wurde und in dem der Konflikt mit Bezirksapostel Peter Kuhlen im Rheinland (Deutschland) eskalierte. Das war genau in der Zeit, in der Stammapostel Bischoff an die Apostel schrieb: „Dass auch heute noch im Werke Gottes führende Männer stehen, die mit meinem Tode rechnen und für diesen Fall schon entsprechende Pläne verfasst haben, ist Tatsache; dafür habe ich meine Beweise.“
Bis zu seinem Tod im November 1965 besuchte Heinrich Franz Schlaphoff die Gottesdienste in der Gemeinde Claremont (Kapstadt). Und als dort der Heimgang von Stammapostel Bischoff bekannt gegeben wurde, erhob er sich in Ehrerbietung. Ein Respekt, der auf Gegenseitigkeit beruhte. Denn so urteilte der Kirchenleiter über den Apostel: „Was der Mann alles geleistet hat, steht einzig da.“