Ein Abschiedsessen unter Freunden mit Folgen: Seit 2000 Jahren feiern Christen aller Konfessionen dieses Festmahl immer wieder. Was das Neue Testament uns über das letzte Abendmahl Jesu Christi berichtet.
Einem geselligen Mahl war er nicht abgeneigt, dieser Jesus von Nazareth. Er tafelte mit seinen Freunden, den Jüngern. Er aß mit den Verpönten und Verachteten, den Sündern. Und er speiste sogar mit seinen Feinden, den Pharisäern. Und immer setzte er damit Zeichen: für seine Vollmacht, zur Versöhnung und vor allem für das nahende Reich Gottes.
Das größte Zeichen dieser Art setzte Jesus mit jener Tafelrunde, die als das letzte Abendmahl in die Geschichte einging. Was er dort tat und sagte, das ging danach als persönlicher Erlebnisbericht von Mund zu Mund, bis es zu unterschiedlichen Zeiten von unterschiedlichen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen aufgeschrieben wurde. Das erklärt, warum sich die Schilderungen von der Einsetzung des Heiligen Abendmahls unterscheiden.
Ein Ereignis, verschiedene Berichte
Drei von vier Evangelien berichten von der Stiftung des Sakraments und zudem – wahrscheinlich als ältestes erhaltenes Dokument – der erste Brief an die Korinther. Gemeinsam erzählen sie den Kern: Jesus nimmt Brot und Wein, verteilt beides an die Jünger und deutet diesen Akt als sein Leib und sein Blut, die geopfert werden.
Im Detail sind zwei verschiedene Traditionen erkennbar: Einerseits sind Paulus und Lukas auf einer Linie. Andererseits ziehen Markus und Matthäus an einem Strang. Und dann gibt es noch das Johannes-Evangelium, das ebenfalls ein ausführliches Abschiedsessen kennt. Hier dreht sich das Handeln Jesu jedoch nicht um Brot und Wein, sondern um die Fußwaschung.
Die größten Unterschiede im Überblick:
- Markus, Matthäus und Lukas sehen das Passahfest als Termin, Johannes den Vorabend. Paulus hält sich raus und sagt nichts dazu.
- Paulus und Lukas schildern einen Ablauf von getrennten Handlungen mit Brot am Anfang des Mahls und mit Wein am Ende. Markus und Matthäus packen beides zusammen.
- Nur Paulus und Lukas überliefern die Aufforderung Jesu: „Das tut zu meinem Gedächtnis.“
- Allein Matthäus erwähnt als Zweck ausdrücklich „zur Vergebung der Sünden“.
Unterschiedliche Worte, ein Gedanke
In ihrem Versuch, ein historisch akkurates Wortprotokoll des letzten Abendmahls zu rekonstruieren, bewegen sich die Forscher auf schwankendem Boden. So folgen sie in Sachen Termin derzeit mehrheitlich der Johannes-Darstellungen. Doch noch wenige Jahrzehnte zuvor galt das Passahfest als der Jour fixe.
Manchmal wird aber auch deutlich, dass die unterschiedlichen Berichte genau das Gleiche sagen wollen: Wenn Markus und Matthäus das Passahfest als Termin so betonen, dann bedeutet es dasselbe wie der Dauerauftrag „das tut zu meinem Gedächtnis“. Denn für jeden Juden war Passah von Kindesbeinen an die wiederkehrende Gedenkfeier überhaupt.
Paulus, Matthäus und Johannes nutzen zudem ganz unterschiedliche Mittel, um zu zeigen, wie weit die Bedeutung des Abendmahls reicht. Der eine verweist auf die Wiederkunft Christi („bis er kommt“). Der andere geht mit seiner Zukunftshoffnung noch ein ganzes Stück weiter („mit euch in meines Vaters Reich“). Und der dritte hat ein ganzes Bündel an Abschiedsreden parat.
So viel ist klar: Eine eindeutige Art und Weise, das Heilige Abendmahl zu feiern, gibt die Bibel nicht vor. Noch vielfältiger sind die Bedeutungen und Wirkungen, die das Neue Testament dem Sakrament bemisst. Damit beschäftigt sich die nächste Folge dieser Serie.
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