Rotwein, Weißwein, Traubensaft? Pur oder mit Wasser? Wie beim Brot hat das Christentum auch beim zweiten Abendmahl-Element eine Vielzahl von Varianten entwickelt. Und jede hat ihren Grund – mal theologischer, mal profaner Natur.
Wein? Streng genommen steht davon nichts in den biblischen Berichten über das letzte Abendmahl. Die Einsetzungsworte Jesu sprechen nur vom „Kelch“. Allerdings: Der Inhalt stammt erklärtermaßen vom „Gewächs des Weinstocks“. Das hätte in der Antike dreierlei sein können.
Am unwahrscheinlichsten ist Traubensaft. Denn der ließ sich damals nicht konservieren. Und für frischen Most war es die falsche Jahreszeit. Kaum plausibler ist Weinessig, der mit ordentlich Wasser durchaus als Durstlöscher diente. Denn es handelt sich ja um ein Festmahl. Da kam klassisch vergorener Wein auf den Tisch – nicht selten verdünnt mit etwas Wasser.
Traubenblut und heißes Wasser
Und mit ziemlicher Sicherheit war das ein Rotwein. Dafür spricht nicht nur die symbolträchtige Nähe zur Farbe des Blutes, von dem Jesus spricht. Schon im Alten Testament wird Wein auch „Traubenblut“ genannt. So bestehen die Orthodoxen Kirchen bis heute darauf, die Eucharistie mit Rotwein zu feiern.
Das war Jahrhunderte lang auch der Normalfall in der Katholischen Kirche. Weißwein wurde erst 1478 von Papst Sixtus IV. zugelassen – und hat sich seitdem weitgehend durchgesetzt. Das hat einen eher praktischen Grund: Das Trienter Messbuch schreibt seit 1570 den Einsatz von Kelchtüchlein zur Reinigung (Purifikatorium) vor. Und da macht Weißwein deutlich weniger hässliche Flecken als Rotwein.
Sowohl die Katholische Kirche als auch die Orthodoxen Kirchen kippen Wasser in den Wein. Im Westen ist es nur ein kleiner Schwapp. Im Osten macht das bis zu einem Drittel des Kelches aus und ist heiß – um das Gemisch insgesamt auf Körpertemperatur zu bringen. Zeon nennt sich dieser Ritus, der spätestens seit 582 aus Konstantinopel bekannt ist. Hintergrund ist so oder so das Geschehen nach dem Kreuzestod Jesu: „Einer der Soldaten stieß mit einer Lanze in seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus.“
Rücksicht auf Kultur und Krankheit
Eine vergleichsweise junge Erfindung der Kirchengeschichte ist der Einsatz von Traubensaft. Das hat seine Wurzeln in der Erweckungs- und Heiligungsbewegung des 19. Jahrhunderts. Da gehörte die Alkoholabstinenz zum angestrebten neuen Lebenswandel. Zwei Geistliche brachten den Durchbruch: Der eine stellte die These auf, dass beim letzten Abendmahl Jesu unvergorener Wein serviert wurde. Und der anderen fand ein Verfahren, Traubensaft haltbar zu machen.
Über methodistische Gemeinden kam diese Variante aus den USA nach Großbritannien und dann nach Europa sowie in den Rest der Welt. Traubensaft wird heute in vielen Glaubensgemeinschaften benutzt, in dem auch Kinder das Abendmahl mitfeiern dürfen. In der Evangelischen Kirche ist Traubensaft als Alternative zu Wein erlaubt, soll aber eigentlich die Ausnahme bleiben. Dennoch geht der Trend in diese Richtung, weil die Rücksichtnahme auf Alkoholkranke zunimmt.
Noch vielfältiger sind die Möglichkeiten in den Anglikanischen Kirchen, die im Sinne der Inkulturation ihre Liturgien an die Kulturen in den jeweiligen Ländern anpassen. So sind mancherorts zum Beispiel Fruchtsäfte oder der Aufguss von Rosinen beim Abendmahl erlaubt. Letztere Variante landet beinah wieder beim Ursprung: Rosinenaufguss war das Getränk, das jüdische Kinder schon vor 2000 Jahren beim Festmahl bekamen.
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