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Hilfswerke in Corona-Zeiten: Wunder und Innovationen (Teil 1)

August 6, 2020

Author: Oliver Rütten

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Hilfsorganisationen kämpfen gegen Not und Leid in der Welt. Corona erschwert diesen Kampf massiv. Einblicke in das Leben der Helfer, die ganz neue Herausforderungen meistern.

Corona hat den Alltag, die Gesellschaft, die Menschen verändert. Mancherorts sind nur unbedeutende, überwiegend aber teils drastische Einschränkungen auszuhalten. Und auch Wochen nach Beginn der Pandemie ist das altbekannte Leben und Arbeiten in den meisten Ländern noch nicht möglich.

Corona hat aber auch Not und Leid in der Welt verändert. nac.today hat bei einigen der 14 neuapostolischen Hilfswerken nachgefragt, wie sie in ihrem ohnehin schwierigen Arbeitsumfeld mit weiteren Restriktionen umgehen und notwendigerweise neue Wege gehen.

Lockdown und Reisestopp

Wie hat sich die Arbeit der Projektleiter und Helfer vor Ort verändert, will nac.today wissen. Und welche Strategien entwickeln die Hilfsorganisationen, um ihre Arbeiten dennoch durchzuführen? Vielfach leiden die Helfer unter ganz grundsätzlichen Einschränkungen: Lockdown, Schließung öffentlicher Einrichtungen, Versammlungsverbote. Wenn aus den Behörden niemand mehr antwortet, wenn der Planungsstab nicht mehr tagen kann, bedürftige Menschen nicht mehr kontaktiert werden können, dann sind Projekte, die von Zusammenarbeit leben, gefährdet.

„Wir sind derzeit noch in unserer Reise- und Bewegungsfreiheit eingeschränkt und können nicht wie üblich in unsere Projektgebiete reisen. Damit sind Projektbegleitung und Evaluation nur bedingt möglich“, erklärt Nadine Beckmann von NAK-karitativ (Deutschland). „Über Videokonferenzen sind wir mit vielen unserer Partner aber in Kontakt geblieben. So läuft auch die Vorbereitung der fünf Freiwilligen für die nächste Entsendung nach Sambia, Malawi und Südafrika über Videokonferenzen.“

Nicht ganz so problematisch erscheinen die Folgen bei human aktiv. Das Hilfswerk kooperiert in vielen Projekten mit anderen Institutionen und unterstützt diese finanziell bei ihren Projekten. „Offizielle Spendenübergaben waren in der Lockdown-Zeit nicht möglich“, so Susanne Raible von human aktiv. Die Projekte laufen also weiter, die Koordination verlagert sich auf Onlineformate.

Effizientes Arbeiten mit Videokonferenzen

In Südafrika hat der Lockdown zu großen Veränderungen geführt. Jacqui Naidoo, Mitarbeiter der Masakhe Foundation aus Südafrika erläutert: „Vor dem Corona-Virus haben wir unsere vier regulären Programme (Skills Unlimited, Sichere Räume nach der Schule, Suchtaufklärung und das Uthandiwe Children’s Home) in unseren entlegenen Regionen unterhalten. Als der Präsident unseres Landes ankündigte, dass wir in den Lockdown gehen, schlossen wir sofort alle unsere Zentren und setzten unsere Ausbildungskurse aus, da wir nicht wollten, dass unsere Freiwilligen infiziert werden.” Im Anschluss daran intensivierte das Hilfswerk seine Aktivitäten in den Projekten Energie und Nahrungsmittelhilfe.

In Sambia, Malawi und Simbabwe sind die Einschränkungen ebenfalls deutlich spürbar: „Das Arbeitsumfeld und die Art und Weise, wie wir uns engagieren, hat sich drastisch verändert. Die Arbeit ist langsam geworden. Unsere Ausbildungsworkshops, Treffen und alle anderen Zusammenkünfte finden nur noch mit einer begrenzten Anzahl von Teilnehmern statt. Wir erreichen zwar, wie geplant, Zielvorgaben und Projektmeilensteine; es bedeutet aber auch, dass wir mehr Treffen und Schulungen abhalten müssen, die die geplanten Budgets überschreiten”, so Tebuho Yubai, Executive Direktor von NACRO, dem Hilfswerk mit Sitz in Lusaka (Sambia). Erkannt und genutzt werden aber auch Chancen: „Die neuen Kommunikationsmöglichkeiten wie beispielsweise Videokonferenzen haben das Arbeiten in großer Entfernung auch einfacher und effektiver gemacht.” Weniger Reisezeit, weniger Sitzungszeit, schnelle Entscheidungen – Yubai ist zufrieden.

Quarantäne fördert Ideenreichtum

Immer wieder flexibel auf die Entwicklungen reagieren; das steht auch bei den Hilfswerken ganz oben auf der Agenda. Auf 130 Tage Quarantäne blickt das Team von NAC SEA Relief zurück. Bezirksapostel i.R. Urs Hebeisen, Präsident des Hilfswerks der Neuapostolischen Kirche in Südostasien, berichtet von einer der schlimmsten Erfahrung: der Ungewissheit, wie es weitergeht. „Glücklicherweise stellen wir langsam eine Entspannung der Situation fest, aber das Problem ist bei weitem noch nicht vorbei.“

Kim Kolb, die bei der Neuapostolischen Kirche USA für das Hilfswerk re Charitable Ministry zuständig ist, beschreibt ähnliche Vorgänge: „Innerhalb der USA unterstützen wir lokale Initiativen durch gezielte Mittelbeschaffung und logistische Unterstützung. Einige der Tafeln konnten in verschiedenen Kirchen der NAK USA innerhalb weniger Wochen nach der Schließung wieder geöffnet werden, indem sie ihre Arbeitsabläufe modifizierten.“ Und auch innovative Ideen werden umgesetzt: Die Gemeinde in Sterling Heights organisierte im Rahmen des regionalen Speisekammerprogramms auf ihrem Kirchenparkplatz einen „Drive-Through“. „Unsere Mitglieder hatten Lebensmittelvorräte gepackt, die dann sicher in die Autos der Teilnehmer gebracht wurden. Die Schlange der Nutznießer reichte bis auf die Straße vor unserer Kirche.“

Hilfswerke benötigen Spenden

Langfristige Planungen und Projektdokumentationen, die auch von externen Gutachtern ausgezeichnet sind, stellen die Arbeit der Hilfswerke auf solide Beine. Unabhängig von diesen organisatorischen Grundlagen bedarf es aber auch der Spendenbereitschaft der Mitglieder. In Krisenzeiten kann sich diese Bereitschaft reduzieren; damit steht und fällt die Arbeit der Organisationen.

Im Frühjahr 2020 gab es bei NAK-karitativ einen deutlichen Spendeneinbruch, „der natürlich Auswirkungen auf die Finanzierung unserer Projekte hat“, erklärt Beckmann. „Inzwischen sind wir jedoch dankbar, dass uns viele Spender trotz Corona-Krise weiterhin unterstützen.“ Andere stellen wiederum dankbar fest, dass das Spendenaufkommen erkennbar gestiegen ist. „Die Spendenbereitschaft hat bei human aktiv deutlich zugenommen“, teilt Susanne Raible mit.

In den USA sind derzeit noch keine Auswirkungen auf die Spendenbereitschaft festzustellen. Kim Kolb mag einen langfristigen Effekt durch die Krise aber zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht bestimmen. Sie bleibt zuversichtlich: „In den letzten Wochen haben wir bewegende Bemühungen vieler Mitglieder erlebt, ihr Möglichstes zu erreichen und weiterzugeben.“ Im südafrikanischen Hilfswerk Masakhe ist die finanzielle Situation angespannter. „Unsere regelmäßigen Spenderinnen und Spender unterstützten uns während der ersten zwei Monate des Lockdown großzügig. Danach spendeten sie – aufgrund der Veränderungen und der eigenen Unsicherheit – viel weniger oder gar nicht.“ Und auch in Sambia ist die Frage der Spendenentwicklung offen: „Die Geber sind sich nicht so sicher, was der morgige Tag bringt und halten daher an ihren Ressourcen fest“, so Yubai von NACRO.

Auf die Krise folgt die Krise

Oftmals wird NAK-karitativ, das Hilfswerk neuapostolischer Kirchen in Deutschland, gefragt, wie es den Menschen in den Projektländern ergeht. Beckmann erklärt: „Dort arbeiten viele als Tagelöhner. Aufgrund der Krise sind die meisten dieser Jobs weggefallen. Das bedeutet kein Einkommen und damit: Hunger!“ In vielen Ländern gibt es kein soziales Netz. Die Menschen sind also gezwungen, trotz hoher Ansteckungsgefahr, aus dem Haus zu gehen. Abstandsregeln werden häufig nicht eingehalten. „Wir denken dabei insbesondere an die Enge in den Slums, wie zum Beispiel in Mukuru in Kenia. Aus diesem Grund unterstützen wir in vielen Ländern mit Nothilfepaketen, die Grundlebensmittel und Hygieneprodukte, wie zum Beispiel Seifen und Desinfektionsmittel, enthalten.“

Und auch in Südafrika sind viele Fragen von Seiten der Spender zu beantworten. Jacqui Naidoo (Masakhe Foundation) berichtet: „Da wir unsere regulären Programme nicht fortsetzen können, leisten wir Nahrungsmittelhilfe (Lebensmittelpakete, virtuelle Lebensmittelgutscheine oder Suppe und Brot). Unsere Spender fragen immer wieder, ob wir die Nahrungsmittelhilfe während des Lockdowns fortsetzen können, da in Südafrika ein großer Bedarf besteht.” Und ja, das Hilfswerk kann diese Unterstützung aufrecht erhalten, bestätigt Naidoo.

Kontaktdaten, Spendenkonten und weitere Informationen zu den Aktivitäten der Hilfswerke der Neuapostolischen Kirche weltweit befinden sich auf den Websites:

In Teil 2 berichten die Hilfswerke über die Helfer vor Ort, über neue Projekte und über ihre ganz persönliche Freude und Sorge bei der Arbeit.

August 6, 2020

Author: Oliver Rütten

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