Freude, Trauer, Andacht, Herzlichkeit: So mancher Gottesdienst ist voller Gefühl – erst recht, wenn etwas Besonderes passiert. Doch zartes Empfinden ist auch empfindlich. Da bedarf es Fingerspitzengefühl am Auslöser.
Heilig statt eilig – das ist grundsätzlich die Devise beim Fotografieren im Gottesdienst. Das Fundament dazu ist die gute Vorbereitung: Das fängt bei den Absprachen an, geht bei der Ausrüstung weiter und hört beim Fahrplan nicht auf.
Ebenfalls noch vor dem eigentlichen Einsatz fällt die erste Entscheidung, mit der Fotografen schlechtestenfalls gehörige Aufsehen erregen können – die Antwort auf die Frage: Was ziehe ich an? Natürlich richtet sich die Kleidung nach dem Anlass.
Den Dresscode knacken
Für die Herren passt ein gedeckter Anzug, je nach Gottesdienst auch Schwarz-Weiß. Das empfiehlt Oliver Rütten, der Autor des Buches „Fotografie im Gottesdienst“. Bei den Damen seien ebenfalls gedeckter Kombinationen aus Hosenanzug, Rock oder Hose mit Bluse oder Shirt angebracht.
Beide Geschlechter sind gut beraten, Schuhe mit Gummisohlen zu tragen. Das minimiert Trittgeräusche, die gerade auf den Stein- oder Holzböden der Kirchengebäude laut werden.
Bei Konzerten, wo häufig das Licht noch gedimmt wird, können sich Fotografin oder Fotograf sogar noch ein Stückchen unsichtbarer machen: mit kompletter schwarzer Kleidung.
Der Altar ist tabu
Im Gottesdienst selbst gibt es auf jeden Fall ein Sperrgebiet für die Leute mit der Kamera – den Altarraum. Nicht nur weil sich dann sowieso alle Blicke dorthin richten. Vielmehr ist der Altar ein geweihter, heiliger Ort. Deshalb soll dieser Bereich grundsätzlich unangetastet bleiben.
Das gilt auch außerhalb des Gottesdienstes. Da scheint oftmals die Gelegenheit günstig von Menschen hinter dem Altar stehend ein Gruppenbild zu machen. Doch dafür gibt es auch Alternativen: seitlich davon oder am besten von einer Empore aus.
Hinweise für Handlungen
Um die Wahrung der Heiligkeit geht es, wenn besondere Handlungen in den Gottesdienst eingebettet sind. Dazu gehören allem voran die Feier der Sakramente Heilige Wassertaufe und Heilige Versiegelung, aber auch Segensspendungen bei Konfirmation, Hochzeit und Ehejubiläen sowie die Ordination und Beauftragung von Amtsträgern.
Dabei sind Fotos ausnahmsweise möglich, allerdings ist einiges zu beachten:
- frühzeitige Absprache mit Dienstleiter und Handlungsbeteiligten
- gebührender Abstand, nah ran nur per Objektiv
- die passende Position vor Beginn der Handlung einnehmen
- möglichst ohne Blitz fotografieren
- Aufnahmen am besten gegen Ende der Handlung
Abstand aus Anstand
Pietät ist bei Trauerfeiern gefragt: Da verbietet es sich, die Hinterbliebenen in ihrem Leid zur Schau zu stellen. Statt Nahaufnahme auf jeden Fall einen Überblick, vielleicht auch den Kirchensaal von hinten nach vorne fotografieren.
Auch in ganz normalen Gottesdiensten gibt es Augenblicke, wo Großaufnahmen unerwünscht sind. Das Gebet ist Teil der ganz persönlichen Beziehung zwischen Glaubenden und Gott. Deshalb sollen einzelne Personen dabei nicht fotografiert werden, wenn nötig, dann nur die Gemeinde im Überblick.
Wer mit soviel Feingefühl am Drücker ist, hat freie Hand, aus dem besonderen Erlebnis für alle eine unvergessliche Erinnerung zu machen.
Foto: Oliver Rütten