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faith.today

Von der Giftschlange zum Opferholz

03 02 2025

Author: Andreas Rother

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Ein Folterinstrument im Kirchenschiff? Menschen der römischen Antike wären entsetzt über das Kreuz an der Wand – was das Mordwerkzeug zum Zeichen der Rettung macht.

„Biblische Geschichte“ hieß das Buch im melierten Leinen-Einband, das ich als Kind rauf und runter gelesen habe. Zwei Begebenheiten daraus verwirrten mich: der Ritt von Absalom, der mit seinen Haaren im Baum hängen blieb, und die Geschichte mit der „Ehernen Schlange“.

Giftgefahren im Wüstensand

Wie lange stolperten sie jetzt schon durch den Sand- und Geröllhaufen namens Sinai? Die Israeliten gingen nicht nur auf dem Zahnfleisch, sondern bekamen auch gefühlt nichts Richtiges zwischen die Zähne. Und wer sich hungrig durch die Wüste schleppt, der fängt auch irgendwann mal an, in sich hineinzugrummeln.

„Da sandte der Herr feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben“, berichtet 4. Mose 21,6 von giftigen Reptilien. Wie bitte? Gott wird zornig? Er schickt eine lebensgefährliche Strafe? Wo bleibt denn da der himmlische Vater, der Gott der Liebe?

Mit den Augen Jesu lesen

Meine Kindheitsbibel habe ich nicht mehr, leider. Heute lese ich anderes – etwa das Lehrschreiben „Gottesbilder und der wahre Gott“: Wie das Alte Testament Gott beschreibt, das hängt vom Umfeld des jeweiligen Verfassers ab, heißt es da. Christus offenbart dagegen die wahre Natur Gottes. „Daraus folgern wir, dass wir das Alte Testament vom Sohn Gottes her deuten müssen“, sagt der Stammapostel.

Prima, denn die Sache mit der Ehernen Schlange hat Jesus selbst gedeutet: „Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben“, zitiert ihn Johannes 3,14.15. Und wie hilft das weiter? Da muss man genauer hinschauen.

Die Kraft hinter dem Zeichen

Nehuschtan hieß sie und war wohl aus Bronze – die Schlange, die Moses auf Geheiß Gottes machte, um sein Volk zu retten, und auf einer Stange hoch aufrichtete. „Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben“, erzählt 4. Mose 21,9.

Hat das Volk da etwa einen Götzen angebetet? Später schon. Denn genau deshalb zerschlug König Hiskia „die eherne Schlange, die Mose gemacht hatte. Denn bis zu dieser Zeit hatten ihr die Israeliten geräuchert“, berichtet 2. Könige 18,4.

Aber hier, in der Wüste, ging es um etwa ganz anderes: „Denn wer sich zu diesem Zeichen hinwandte, der wurde errettet – nicht durch das, was er anschaute, sondern durch dich, den Heiland aller Menschen“, weiß Weisheit 16,7.

Das neue Zeichen der Errettung

Bei der „Ehernen Schlange“ geht es im Kern nicht um konkrete Verfehlungen des Volkes oder angebliche Gefühlsausbrüche Gottes. Sondern es geht um das hoch aufgerichtete Zeichen der Rettung und darum, daran aufzuschauen.

Da ist die Parallele, die Jesus zieht: Auch der Menschensohn, also er selbst, muss erhöht werden. Damit meint das Johannesevangelium den Tod Christi am hoch aufgerichteten Kreuz – dem neuen Zeichen der Errettung. Und warum „muss“? Damit „alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben“.

Aufschauen im Glauben

Das Heilszeichen des Alten Testaments steht für ein kurzfristiges Überleben, das Heilszeichen des Neuen Testaments verspricht ewiges Leben – die Errettung von dem Gift der Gottferne in der Wüste des irdischen Lebens.

Darum „lasst uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens“, fordert Hebräer 12,2. Denn er hat den Anfang gemacht mit der Taufe aus Wasser und Geist, begleitet durch sein Wort und sein Mahl, und möchte am Ende allen, die an ihn glauben, seine Gnade schenken. So wie Lukas 21,28 verheißt: „Dann seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“


Foto: Ai Studio – stock.adobe.com

03 02 2025

Author: Andreas Rother

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