Lothar Racinowski hat ein weites Herz für die Menschen eines weiten Landes: Beim Aufbau der neuapostolischen Gemeinden in der Mongolei war der heutige Bezirksevangelist im Ruhestand von Anfang an mit dabei.
Angefangen hat es 1992, erzählt er. Seine erste Reise ging mit den damaligen Bischöfen Klaus Katens und Ulrich Krause in das ferne Land. Die erste Zeit habe man trotz der siebenstündigen Zeitverschiebung „sofort loslegen“ wollen – und sei prompt am Tisch eingeschlafen. So habe man sich bei späteren Reisen entschieden, erst einmal auszuruhen und anzukommen, erzählt Bezirksevangelist i.R. Racinowski.
Das Christentum sei dort zunächst weitgehend unbekannt gewesen. Erst in den 1990er-Jahren, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, konnten christliche Kirchen in der Mongolei das Evangelium Jesu Christi verkünden. Bis dahin war vor allem der Buddhismus im Land verbreitet.
„Aber ich habe Gott erlebt“
Lange habe es gedauert, bis die erste Gemeinde in der mongolischen Hauptstadt Ulan-Bator anfing zu wachsen. „Aber ich habe Gott erlebt.“ Eines Tages habe man am Tag vor der Abreise plötzlich die Unterkunft in einem angemieteten Zimmer verloren. Doch noch am gleichen Tag habe sich in dem Mehrfamilienhaus eines Bruders eine neue Möglichkeit ergeben – samt Gottesdienstraum. Danach sei die Gemeinde gewachsen.
„Ganz liebe Menschen“ habe er getroffen, gastfreie Leute, die ihre Jurte auch für Fremde öffnen, ihnen etwas zu essen anbieten und, wenn es sein muss, auch einen Schlafplatz. Aber das Nomadenleben sei hart. So sind die Kinder oft die ganze Woche weg, leben bei Verwandten oder Bekannten in der nächsten größeren Stadt und gehen dort zur Schule. Freitags reiten sie dann wieder zurück in die Steppe, zur Familie.
Gemeinden in Bewegung
„Mit Reisen haben die Mongolen gar kein Problem“, erzählt Lothar Racinowski. 100 Kilometer, 200 oder 300? Was macht das schon aus in einem Land, das fast fünfmal so groß ist wie Deutschland? Für den kirchlichen Zusammenhalt sind deshalb gemeinsame Gottesdienste wichtig, auch mal ein Gemeindefest. Man kommt zusammen, eher zwanglos, es wird gegessen, gespielt, aber auch erzählt, was man mit Gott erlebt hat. Das stärke den Zusammenhalt auch über weite Entfernungen hinweg.
Die mongolischen Gemeinden verändern sich ständig. Durch Zu- und Wegzüge, durch Auswanderungen und vieles mehr. „Die Einweihung unserer Kirche in UIan-Bator hat 1997 noch einmal für einen Schub gesorgt.“ Vorher in einem Mietraum, konnte sich die Gemeinde jetzt in einer richtigen Kirche versammeln. Das schafft Zusammenhalt, gibt Motivation.
Gottesdienst in einer Jurte
Draußen in der Steppe gibt es keine Häuser. Wie kann man sich denn einen Gottesdienst in einer Jurte vorstellen? Sie besteht aus einem Holzrahmen, dazu mehrere schulterhohe Scherengitter als Wand. Die zwei bis drei Meter hohen Pfosten tragen die ‚Krone‘, einen runden Dachkranz. Die Abdeckung besteht aus mehreren Schichten: ein dünnes Baumwolltuch, dann Wollfilz als Wärmedämmung, ein imprägniertes Segeltuch.
Wie wird also in der Jurte Gottesdienst gefeiert? Lothar Racinowski schaut mich etwas ungläubig an, runzelt die Stirn. Dann sagt er: „Na wie bei uns.“ Man sitze rechts und links auf den Betten an der Wand, dazu ein paar Stühle. Ein Tisch diene als Altar. „Eine Zeit lang hatten wir sogar ein Keyboard dabei.“ Und sonst? Wie bei uns.
„Das hat alles der liebe Gott gemacht“
Die Augen des Bezirksevangelisten glänzen, wenn er von „seiner“ Mongolei spricht. Land und Leute haben es ihm angetan, er hat sie ins Herz geschlossen. Und ein wenig Wehmut schwingt mit, wenn er daran denkt, dass die Reise zum Besuch des Stammapostels in Ulan-Bator im Juli 2018 seine letzte „Dienstreise“ war.
Oft sei Bezirksevangelist Racinowski nach seiner Rückkehr von den Reisen gefragt worden, was er denn dort gemacht habe. „Nichts“, war seine Antwort, „denn ich bin überzeugt, dass dies alles der liebe Gott gemacht hat.“