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Wenn die Dürre vertreibt

Juni 24, 2024

Author: Katrin Löwen

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Derzeit verlassen laut Schätzungen der UNO-Flüchtlingshilfe rund 30 Millionen Menschen wegen extremen Wetterereignissen und Naturkatastrophen ihre Heimat. Betroffen sind die Ärmsten, die auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Ein Klimaflüchtling war auch Elia, als er mit nichts vor einer stand, die auch fast nichts hatte.

Ich habe den Mann kennengelernt, der Feuer vom Himmel herabbeten konnte. Vor mir stand er als hungernder Bittender. Der Hunger und die Not waren groß. Zwar hatten wir in Sarepta bei Sidon noch etwas zu trinken, doch die anhaltende Dürre brachte die Ernte in Gefahr. Regen schickte der Wettergott Baal zwar eh immer nur im Winter, doch im Sommer benetzte der wertvolle Tau das Land und spendete den Pflanzen die dringend benötigte Feuchtigkeit. Und wenn der Regen, beziehungsweise der Tau, ausbleiben, dann ist stets die Gefahr groß, dass andere schlimme Wetterereignisse wie Erdrutsche oder Waldbrände hinzukommen. Außerdem werden die Ressourcen knapp, Konflikte nehmen zu und die Armut wird größer.

Wenn der angebetete Gott schweigt

Ich war also in keiner schönen Situation, als plötzlich der Gott der Israeliten zu mir sprach, dass einer kommen würde, den ich zu versorgen hatte. Ich war gerade dabei, Holz zu sammeln, um meinem Sohn und mir das letzte Brot zu backen, bevor alle unsere Vorräte aufgebraucht sein würden und wir uns wohl zum Sterben hinlegen müssten, als er vor mir stand.

Als mein Ehemann gestorben war, hatte ich jeglichen sozialen und wirtschaftlichen Rückhalt verloren. Ohne Verdienstmöglichkeit war mein Platz mit den Waisen und Fremden am unteren Rand der Gesellschaft.

An seiner Kleidung und an den äußeren Zeichen erkannte man, dass er ein Prophet des mir noch fremden Gottes der Israeliten war. Er bat mich zunächst um Wasser, ein Wunsch, den ich ihm noch erfüllen konnte. Und als ich mich schon auf den Weg machte, rief er mir hinterher: „Bringe mir auch einen Bissen Brot mit!“ (1. Könige 17,11) Genau wie sein Gott es vorausgesagt hatte. Wusste der denn nicht, dass auch bei uns im Nachbarland der Fruchtbarkeitsgott Baal ohnmächtig war? Erkannte er denn nicht, dass ich eine Witwe war und mir die inflationär angestiegenen Preise für Lebensmittel nicht mehr leisten konnte? Ich wollte ja gerne teilen, weil ich die Not des Fremden verstand, aber ich konnte nicht, das schwor ich bei seinem Gott: „So wahr der Herr, dein Gott lebt: Ich habe nichts Gebackenes, nur eine Handvoll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Und siehe, ich habe ein Scheit Holz oder zwei aufgelesen und gehe heim und will´s mir und meinem Sohn zubereiten, dass wir essen – und sterben.“

Gott ist bei den Armen und Schwachen

Seine Zusage kam prompt: „Fürchte dich nicht!“ (1. Könige 17,13) Er wollte, dass ich zuerst eine Kleinigkeit für ihn backen sollte. Er verlangte nicht viel. Trotzdem war mir klar, dass meine Vorräte danach erschöpft sein würden. Dennoch verlangte er von mir, zuerst an ihn, den Fremden, zu denken, und dann an mich und meinen Sohn. Er verlangte ein Maß an Solidarität, das kaum auszuhalten war. Dafür gab er mir etwas: Die Zusage im Namen seines Gottes: „Das Mehl im Topf soll nicht verzehrt werden, und dem Ölkrug soll nichts mangeln bis auf den Tag, an dem der Herr regnen lassen wird auf Erden“ (1. Könige 17,14). Sein Gott, nicht Baal, würde es wieder regnen lassen.

Er stellte mich vor die Entscheidung: Soll ich diesem Fremden samt seinem fremden Gott in dieser lebensbedrohlichen Situation vertrauen? Ist nicht Baal der Gott, der über das Wetter bestimmt? Vor allem, was ist das denn bitte für eine unrealistische Zusage. Das ist unmöglich und übersteigt meine Vorstellungskraft. Doch ich hatte nicht wirklich eine Wahl. Sterben würde ich sowieso früher oder später. Ob wir nun diese Mahlzeiten hätten oder nicht, was machte das noch für einen Unterschied? Ich tat, was er sagte.

Ein Wunder

Es kam so, wie Elia es versprochen hatte. Ich nahm das günstige bereits gemahlene Gerstenmehl und vermengte es mit Olivenöl. Das Feuerholz hatte ich besorgt, um ein typisches Feuer zu machen: Entweder in einem Loch im Boden, wo nachher das fladenförmige Brot gebacken wird oder man legt direkt eine Schale umgedreht ins Feuer, auf der man das Fladenbrot dann erhitzt oder ein im Feuer erhitzter Stein dient als Herdplatte, um das Brot zu backen.

Elia zog dann bei mir ein und jeden Tag hatten wir etwas zu essen und ich lernte seinen Gott immer besser kennen.

Ich bin die Witwe aus Sarepta, die einem Klimaflüchtling Solidarität entgegenbrachte und dafür von Gott belohnt wurde.

Foto: exclusive-design – stock.adobe.com

Juni 24, 2024

Author: Katrin Löwen

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