Kirchenbau mit versteckten Hintergründen

Kitchener Central heißt die Kirche, in der Stammapostel Jean-Luc Schneider an diesem Wochenende in Kanada den Gottesdienst hält. Das Gebäude ist in der neuapostolischen Architektur-Landschaft von etwas eigener Art – und birgt historische Hintergründe, die nicht auf den ersten Blick zu sehen sind.

Wer diese Kirche das erste Mal sieht, fühlt sich durchaus an eine Burg oder einen Dom erinnert. Das kommt nicht von ungefähr. Denn Kitchener Central ist im Stile der Neogotik (oder auch Gothic Revival) errichtet, eine architektonische Spielart, die Stil-Elemente aus dem Mittelalter aufgreift und neu zusammensetzt.

Mode-Design aus England

Zur Mode geworden ist die Variante der Baukunst Mitte des 18. Jahrhunderts in England. Zu den prominentesten Vertretern gehört der Westminister-Palast in London (auch „Houses of Parliament“ genannt) mit dem weltberühmten Turm „Big Ben“.

In diesem Stile bauten auch die Katholisch-Apostolischen Gemeinden (KAG), aus der die Neuapostolische Kirche hervorgegangen ist. Nicht nur die KAG-Zentralkirche in London folgte diesen Blaupausen, sondern zum Beispiel auch das katholisch-apostolische Gotteshaus in Berlin-Tiergarten. Nach Nordamerika schwappte der Trend mit dem Bau der ersten Wolkenkratzer herüber, die zwischen 1910 und 1920 in New York und Chicago entstanden.

Sandstein und Maßwerk

In dieser Manier gestaltet wurde Kitchener Central von dem regionalen Architekten-Team „Rieder & Hymmen“, das später auch das Theater- und Konzertzentrum der Stadt errichtete. Rund 1,75 Millionen kanadische Dollar hat das Kirchengebäude laut der Tageszeitung „Kitchener-Waterloo Record“ seinerzeit gekostet. Typisch neugotisch an dem Sandsteinbau sind zum Beispiel die als Steinprofile gearbeiteten geometrischen Muster an den Fenstern – „Maßwerk“ genannt.

Eingeweiht wurde Kitchener Central im November 1974. Auf rund 4500 Quadratmetern Fläche bietet die Kirche rund 1100 Sitzplätze – inklusive Empore. Rund 3100 Pfeifen zählt die Kirchenorgel, angeordnet in 43 Registern. Hinter dem Gebäude findet sich eine Terrasse samt Grillgelegenheit – für die Gemeinschaftspflege.

Ausgerüstet mit modernster Technik

Seitdem hat die Kirche einige Umbauten erlebt: 1996 wurde ein Aufzug eingebaut und 2000 eine Orchesterfläche eingerichtet. Heutzutage ist das Gebäude mit moderner Ton-, Licht- und Video-Technik samt einem Regieraum eingerichtet – für die Liveübertragung von Gottesdiensten und Konzerten.

Kitchener Central ist aber längst nicht das größte Kirchengebäude der Neuapostolischen Kirchen. Das größte Gebäude steht in Afrika, in Kapstadt, ist zwei Emporen hoch und bietet mehr als 4000 Sitzplätze. Auf dem Dach ist ein Kirchenemblem abgebildet, das aus der Luft und via google earth weithin sichtbar ist.

Wahrzeichen mit Kultstatus

Ein ähnliches Wahrzeichen hat Kitchener Central verloren: ein rotierendes Kirchenemblem auf dem Dach des Turms, fast so hoch wie der Turm selbst. Abgebaut wurde es um die Jahrtausend-Wende, also um das Jahr 2000. Dabei hatte es vor Ort einen gewissen Kultstatus erlangt: Noch heute erinnern sich die Menschen in der Stadt an die Kirche mit dem Drehkreuz.

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