Klaus Michael Fruth: den musikalischen Wandel tatkräftig unterstützt

Seit 55 Jahren komponiert Klaus Michael Fruth für die Neuapostolische Kirche. 297 Musikstücke hat der Deutsch- und Musiklehrer bisher geschaffen; das sind jährlich 5,4 Kompositionen. Morgen feiert er seinen 75. Geburtstag.

Die Vertonung des Psalmwortes „Sei nur stille zu Gott, meine Seele“ oder Sätze zu „Auf ewig bei dem Herrn“ und „Befiehl du deine Wege“ kennen Glaubensgeschwister auf der ganzen Welt. Kompositionen von Klaus Michael Fruth befinden sich seit Jahrzehnten in deutschen aber auch internationalen Gesangbüchern, Chormappen und im Jugendliederbuch. Und auch in den neuesten Notensammlungen taucht der Name des neuapostolischen Komponisten immer wieder auf.

Ein Jäger aus Kurpfalz

1952 versuchte er sich erstmalig an Kompositionen; zunächst mit sechs Klaviervariationen zum deutschen Volkslied „Ein Jäger aus Kurpfalz“. Enige Jahre später, im jahr 1960, hat er dann Kontakt mit dem Bischoff Verlag. Bruder Fruth erinnert sich: „Hermann Ober schickte Texte zur Vertonung an verschiedene Komponisten, auch an mich. Es war also eine Art Wettbewerb. Die neuapostolischen Komponisten jener Zeit lernte ich beim kurz darauf folgenden Treffen im Verlag kennen, beispielsweise die Brüder Deis, Füssgen, Metzger, Steinberg, Rödiger.“

Und er weiß auch noch ganz genau von dem Wandel zu berichten, der sich in der Kirche im Bereich Musik andeutete. Nicht immer spielten große Orchester Variationen und kunstvolle Stücke. „Heute gibt es in unserer Kirche eine Vielfalt von Möglichkeiten. In meiner Kindheit war die Bandbreite dagegen sehr beschränkt. Es gab in meinem Umfeld praktisch nur den Gemeinde- und Chorgesang. Der Chor sang die Lieder, die der Dirigent zusammengetragen hatte, der Organist spielte Gesangbuchlieder und begleitete gelegentlich den Chor. Einerseits gab es damals kaum fachlich ausgebildete Kräfte in unseren Reihen, andererseits war die Sichtweise verbreitet, dass es bei uns auf Seele, Gefühl, Gemüt, Einfachheit und „Herz“ ankomme.“

Das Künstlerische hatte noch keinen Platz, war teilweise verpönt. Bruder Fruth: „Verstand, Anspruchsvolles, Schwieriges, gar „Kunst“ wurden „der Welt“ zugeordnet. Man wollte also keine stilistisch individuelle Musik, die entfernt hätte Anklänge an die Kunst haben können. Vielfach geschah diese Zuordnung aus Unkenntnis, Missverständnissen oder Bequemlichkeit“, so der Komponist in der Rückschau.

Stetige, aber langsame Entwicklung

„1960 wollte der Musikbeauftragte, Bezirksapostel Walter Schmidt, der spätere Stammapostel, behutsam eine neue Chormusik entstehen lassen. Weitere Komponisten wurden herangezogen, so auch ich.“

Aber das war gar nicht so einfach. Man hatte sich an das Vorhandene gut gewöhnt und war nicht immer offen für Neues. „Die Entwicklung der Chormusik ging sehr zäh voran. Die Dirigenten wollten größtenteils wie gewohnt weitermachen – jeder auf seine Weise.“ In den 1970er Jahren wurde die bekannte zweibändige schwarze Mappe in Deutschland eingeführt und fortlaufend ergänzt. 1980 veröffentlichte der Bischoff Verlag dann die beiden braun eingebundenen Bände „Orgelvorspiele“. Bruder Friedhelm Deis brachte dann seine Orgelschule auf den Markt. Viele haben ihr Wissen ums Orgelspiel aus diesem Lehrwerk gezogen.

Ausbildung, Qualitätssteigerung, Konzerte

Und dann brach eine neue Epoche an: „Mit der zunehmenden Qualität der musikalischen Ausbildung unserer Kinder und Jugendlichen verbreiterte sich das Angebot des Verlags: Das rote Jugendliederbuch, das blaue Instrumentalbuch kamen hinzu, die Schallplattenproduktion weitete sich aus und die Schallplattenchöre traten zum ersten Mal öffentlich in Erscheinung. Auf allen Ebenen wurden Ensembles und Orchester gegründet, Kammerchöre und Projektchöre entstanden. Es gab immer mehr Konzerte, sogar Orgelkonzerte, sehr spät allerdings erst Benefizkonzerte zu Gunsten sozialer Einrichtungen.“

Entwicklung in vielen Bereichen

Bruder Fruth vermutet, dass für diese Entwicklung auch ein besonderer Umstand entscheidend war: „Man wollte Brücken zu Christen aus anderen Konfessionen schlagen, wollte sich in der Öffentlichkeit präsentieren.“ Die Musik in der Kirche wurde bedeutsamer und präsenter. Die Kirche war zeitgleich auf dem Weg in die Ökumene. Raus aus der selbstgewählten Isolation war hier ein Stichwort; in der Musik waren diese befreiende Züge ebenfalls zu spüren.

Ein persönlicher Meilenstein sei für Bruder Fruth das Konzert in der Stuttgarter Liederhalle am 23. Dezember 1988 gewesen: „… bei dem ich auch Solowerke auf der großen Konzertorgel spielen konnte. Die Anregung für dieses Konzert kam von Apostel Werner Kühnle. Mit der Idee, in ein von der Kirche veranstaltetes Konzert gehen zu können, mussten sich viele erst anfreunden.“

Eine neue Musikkultur

Klaus Michael Fruth wollte von Anfang an die musikalische Bandbreite erweitern. Wie das gelingen sollte? „Ich habe in meinen Liedern stilistische Neuerungen eingeführt, die damals in meinem Umfeld nicht bekannt waren, in satztechnischer Hinsicht und in der Nachahmung historischer Vorbilder. Beispielsweise habe ich Molltonarten, Imitationen, die Verlagerung des „cantus firmus“ (der Melodiestimme, die üblicherweise im Sopran liegt), in andere Stimmen eingeführt. Bei meinen Orchester- und Orgelkompositionen lehnte ich mich an historische Vorbilder wie J. N. David, H. Bornefeld oder H. Schroeder an und bevorzugte einen frei-diatonischen Stil ohne Härte.“ Den Weg in Richtung Qualität und Neuerungen ging er nicht alleine:„Wir sollten die engagierten Sänger, Dirigenten und Amtsträger nicht vergessen, die Neuerungen wagten, an die sich viele erst noch gewöhnen mussten.“ sagt Bruder Fruth anerkennend und so gelingt seit vielen Jahren eine kontinuierliche Entwicklung.

Als 20-jähriger begann seine Zusammenarbeit mit dem Bischoff Verlag. Nach 55 Jahren hat sich das Wort des damaligen Bezirksapostels Georg Schall bewahrheitet, der dem jungen Klaus Michael Fruth zum Musikstudium geraten hatte: „Das kann für unsere Kirche nur von Vorteil sein.“ Morgen feiert Klaus Michael Fruth in seiner Heimatgemeinde seinen 75. Geburtstag. Der Bischof komme und halte den Gottesdienst. Befreundete Orgelspieler werden ihn besuchen und für ihn musizieren, freut sich Bruder Fruth wenige Stunden vor seinem Geburtstag. Mit seiner Frau Heidemarie und im Kreis von Familie und Freunden wird er feiern.


Ein ausführliches Interview mit Klaus Michael Fruth, das Dinara Ganzer führte, erschien in der Zeitschrift Unsere Familie, Ausgabe 16 vom 20.08.2015. Darin berichtet Bruder Fruth unter anderem von Musikstücken, die ihm ans Herz gewachsen sind, was das Komponieren für ihn bedeutet und wie er seinen Ruhestand verbringt.

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Oliver Rütten
22.08.2015
Musik, Persönlichkeiten