Am 16. September soll es soweit sein – die neue Überarbeitung der Luther-Bibel wird bis dahin fertiggestellt. Etwa 15.000 Stellen im Alten und Neuen Testament sind verändert; und dennoch soll der vertraute Charakter erhalten bleiben. nac.today gibt einen kurzen Einblick:
„Heulen und Zähneklappern“ – eines der bekannten lutherischen Wortkreationen – wird es weiterhin geben, auch in der neueren Fassung. Gott sei Dank, sagen die Anhänger der Luther-Sprache. Immerhin, so ihr Credo, ist die Luther-Bibel der Inbegriff eines kraftvollen Sprachgebrauchs. Es gibt zwar viele Alltagsbegriffe, doch blitzt auch immer wieder das Besondere, das Heilige hervor. Nicht zuletzt das spricht für das Sprachgenie des berühmtesten deutschen Theologen.
Martin Luther als Sprachschöpfer
Der Reformator Martin Luther (1483-1546) hatte 1521 mit der Bibelübersetzung ins Deutsche begonnen. Als „Junker Jörg“ untergetaucht nahm er sich auf der Wartburg zunächst das Neue Testament vor. Im September 1522 kam die erste Auflage heraus (daher auch die Bezeichnung „Septembertestament“), bereits im Dezember 1522 die zweite mit verbessertem Text. In den folgenden Jahren wurde das Alte Testament schrittweise übersetzt und veröffentlicht. 1534 erschien die erste Gesamtausgabe.
Vor und nach Luther gab es natürlich auch viele Übersetzungen der Heiligen Schrift. Doch die besonderen Fähigkeiten des Reformators und seiner Helfer war, „dem Volk aufs Maul zu schauen“, wie es Luther selbst formulierte. Damit entstand nicht nur eine Übersetzung, die den Leser und Hörer unmittelbar ansprach, sondern die auch zur Entstehung einer gemeinsamen Hochsprache jenseits regionaler Dialekte beitrug.
Verbindlich für die Neuapostolische Kirche
In den neuapostolischen Gemeinden weltweit gibt es eine Reihe von offiziellen Fassungen, die von der Kirchenleitung für den Gottesdienstgebrauch und für die liturgischen Texte freigegeben wurden. Dabei steht die Luther-Bibel auch in den Gemeinden hoch im Kurs, bestätigt Evangelist Dr. Reinhard Kiefer, der theologische Berater der Kirchenleitung.
Und zwar seit jeher: „Meines Wissens schon in den Zeiten der katholisch-apostolischen Gemeinde. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass sie sich vor allem der Reformation, wie sie durch Luther vertreten wurde, verbunden fühlten.“ Insofern hätten auch die anderen Bibelübersetzungen, so Kiefer, nie die Autorität erlangt, die die Lutherübersetzung hat. „Obwohl man Bruns, Albrecht und andere durchaus benutzte.“
Warum braucht es Revisionen?
Schon zu seinen Lebzeiten überarbeitete Luther seine Übersetzung immer wieder selbst – bis zu seinem Tod im Jahre 1545. Die Ausgabe dieses Jahres – „Letzter Hand“ genannt – traute sich lange niemand mehr grundlegend anzufassen. Bis sich Jahre später die deutsche Sprache so weit verändert hatte, dass eine Überarbeitung unumgänglich wurde. Zumal sich viele neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Ursprachen Griechisch und Hebräisch sowie Funde alter Handschriften ergeben hatten. So erschienen 1892, 1912 und 1984 die drei großen Revisionen.
Nun soll es also eine neue, revidierte Übersetzung geben. Harte Eingriffe in das Textbild der 84er Übersetzung wird es nicht geben, heißt es. Eher sind es kleinere Korrekturen, die erst beim zweiten Lesen auffallen. So wird künftig in der Geschichte von der Sturmstillung (Matthäus 8,23-27) von einem „Beben“ gesprochen werden, weil der griechischen Urtext hier den Begriff „seismos“ angibt – seismos, ein Seebeben, das hohe Wellen verursachen kann und den Menschen Angst macht.
500 Jahre Reformation
Die revidierte Lutherbibel wird bei der 500-Jahr-Feier der Reformation einen besonderen Platz einnehmen. Das Ergebnis der Durchsicht wird am 16. September auf der Wartburg dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschland überreicht. Anschließend geht sie an die Deutsche Bibelgesellschaft in Stuttgart, von wo aus die Vorbereitungen zur Drucklegung koordiniert werden. Die Bibel soll ganz neu aussehen, es sei sogar eine neue Schriftart geplant, heißt es. Die Veröffentlichung ist bis Oktober 2016 geplant.
Bis zum Jahr 2001 hatte die Neuapostolische Kirche im deutschsprachigen Raum die Ausgabe von 1912 als Predigtgrundlage benutzt, seitdem ist es die Version von 1984. Ob die neuste Revision auch in der Neuapostolischen Kirche einzieht? Dazu Dr. Kiefer: „Die Überarbeitung von 2017 wird man sich sicherlich ansehen müssen, um zu beurteilen, ob man die 84er durch sie ersetzt. Hier ist noch keinerlei Entscheidung gefallen.“