Ein Herz aus Teelichtern in Luxemburg, Blumen und der Schriftzug „Pray for Paris“ in Deutschland: Die Terroranschläge vom vergangenen Freitag bewegen viele Glaubensgeschwister vor allem in Europa. Doch die Kirchenleiter lenken die Blicke viel weiter hinaus in die Welt.
„J’ouvre les portes de mon coeur“, erklingt es von der Empore der Neuapostolische Kirche in Metz, „Ich öffne die Türen meines Herzens“. Der Jugendchor singt, die Sänger fassen sich an den Händen und heben ihre Arme empor. „Die Emotionen waren gewaltig“, erzählt Bezirksapostel Bernd Koberstein von diesem Augenblick bei der Feier des Heiligen Abendmahls für die Entschlafenen. „Viele konnten vor Rührung nicht mehr singen.“
Schock und Betroffenheit in Frankreich
Zwei Tage nach den Terror-Anschlägen in Paris war er als Leiter der Gebietskirche planmäßig in Lothringen. „So bot sich mir die Gelegenheit, meinen Geschwistern in Frankreich nahe zu sein, die durch diese schrecklichen Ereignisse schockiert und tief betroffen sind.“ Wie etwa in der Hauptstadt selbst: In der Gemeinde Paris-Zentrum wurde der Gottesdienst am Sonntag abgesagt, nachdem dort am Freitag bei Schusswechseln in unmittelbarer Nähe zehn Menschen umgekommen waren.
Zu Beginn des Gottesdienstes in Metz erhob sich die Festgemeinde, um ein besonderes Gebet für alle Opfer und alle Leidenden in Frankreich zu sprechen. „Dieses Gebet löste eine große Bewegung aus. Nach dem Gottesdienst sprach der Bezirksapostel mit zwei jungen Glaubensbrüdern, die zwei ihrer Freunde verloren hatten – sie waren bei den Anschlägen in Paris ums Leben gekommen.
Trost und Stärkung im Gottvertrauen
„Was tun wir nun in solchen Verhältnissen?“, schreibt Bernd Koberstein in einem Brief, der in dieser Woche in den Gemeinden Frankreichs verlesen wird. „Wir wollen es wie die kleinen Kinder tun. Wenn sie etwas Schlimmes erleben, dann laufen sie zu ihrer Mama, zu ihrem Papa. Wir gehen zu unserem himmlischen Vater, legen unsere kleine Kinderhand in seine große Vaterhand. So lasst uns miteinander beten – für uns, die Opfer und alle leidtragenden Menschen.“
Ganz ähnlich reagieren auch weitere Bezirksapostel: „Wir beten für alle Leidtragenden“, versicherte zum Beispiel Rüdiger Krause (Norddeutschland). „Wir suchen die Nähe zu unserem Gott, der für uns immer eine Zuflucht ist und bleiben wird.“ – „Wir stehen erschüttert vor dieser Situation“, schrieb Rainer Storck (Nordrhein-Westfalen). „Lasst uns in besonderer Weise für die Opfer und die Angehörigen, aber auch für den Frieden in der Welt beten.“
Leid und Not nicht nur vor der Haustür
Einig waren sich die Kirchenleiter nicht nur in der Anteilnahme und den Aufrufen zu Gebeten. „Viele Menschen leiden unter dem Terror, dem Extremismus und unter dem Krieg“, lenkte Markus Fehlbaum (Schweiz) ähnlich wie seine Amtskollegen den Blick darauf, dass großes Leid täglich in aller Welt geschieht. Hass zeige sich vielfältig in aller Welt, sagte auch Bezirksapostel Michael Ehrich (Süddeutschland). Er rief dazu auf fürbittend für alle Menschen in solchen Verhältnissen einzutreten.
„Hass hat im Hause des Herrn keinen Platz“, machte Stammapostel Jean-Luc Schneider am vergangenen Sonntag in Zwickau (Mitteldeutschland) deutlich. „Ich kann nicht davon ausgehen, dass alle Christen schlimm sind, weil etliche Christen etwas Schlimmes gemacht haben. Ich kann auch nicht alle Moslems hassen, nur weil sie Moslems sind und weil einige Moslems furchtbare Sachen gemacht haben.“ In diesem Sinne sei es nicht einfach, im Hause des Herr zu bleiben und den Hass außen vor zu lassen. „Aber wir wollen ja Überwinder werden. Unsere Welt braucht Menschen mit solch einer Einstellung!“