Sie sitzen hochkonzentriert im Gottesdienst und verstehen doch kein Wort. Wenn Gottesdienste via Satellit übertragen werden, fehlt einigen Geschwistern die richtige Sprache. Doch das ändert sich nun.
200.000 Menschen verwenden die DGS, die Deutsche Gebärdensprache. Deren Wörter bestehen aus einer Verbindung von Gestik, Gesichtsmimik, Mund- und Körperhaltung. Auch in anderen Sprachen und Dialekten gibt es solche Gebärdensysteme.
Mit den Händen musizieren, mit den Augen hören
Im deutschsprachigen Raum leben etwa 250 schwerhörige oder gehörlose Geschwister, die dieses besondere Mittel zur Kommunikation nutzen. Sie feiern Gottesdienste zumeist in ihren Gemeinden am Wohnort und werden dort von Geschwistern begleitet, die ihnen das gesprochene Wort in Gebärden dolmetschen.
Darüber hinaus treffen sie sich regelmäßig mit anderen gehörlosen Geschwistern zu überregionalen Veranstaltungen. Sie musizieren gemeinsam im Gebärdenchor und erleben Gottesdienste, in denen Priester in der Gebärdensprache predigen. Doch wenn Gottesdienste via Satellit übertragen werden, die Stammapostel Jean-Luc Schneider oder ein Bezirksapostel feiert, fehlen diese Gebärden.
Startschuss für Übertragungen in Gebärdensprache
„Die Bezirksapostel sind einverstanden, die Gebärdensprache im deutschsprachigen Raum bei Übertragungen einzuführen.“ So ist der einstimmige Beschluss während der letzten Bezirksapostelversammlung protokolliert. Im November 2016 entschieden die Kirchenleiter aus Europa, einen zusätzlichen Übertragungskanal bei Gottesdienstübertragungen einzurichten: speziell für schwerhörige oder gehörlose Geschwister.
Nun beginnen die Detailplanungen. In den kommenden Monaten rüsten sich deutschlandweit Kirchenbezirke mit der notwendigen Technik aus. Für den Empfang in Kirchen ist eine Empfängereinheit notwendig. Grundlage für diese zusätzliche Übertragung ist das Internet Protocol Television, das sogenannte IPTV. Dafür braucht’s an der Empfangsstation einen Internetanschluss.
Der Gebärdensprachdolmetscher groß im Bild
Im kommenden Jahr werden Gottesdienste erstmalig in ausgewählte Kirchen in der Gebärdensprache ausgestrahlt. Realisiert wird diese Übertragung durch den Bischoff Verlag. Wie die Dolmetscher für Fremdsprachen wird während des Gottesdienstes auch der Gebärdensprachdolmetscher im kircheneigenen Verlag sein; jedoch nicht in einer Sprecherkabine, sondern in einem TV-Studio.
Die Kamera dieses Aufnahmestudios filmt die Gebärden des Dolmetschers und sendet ein kombiniertes Bild: ganz groß werden die Gebärden zu sehen sein, etwas kleiner der Dienstleiter.
Zwei Hände reichen aus
Viele Gottesdienstteilnehmer werden von dieser Einrichtung jedoch gar nichts mitbekommen. Die Gebärdensprache wird als eigenständige, zweite Sendung übertragen, und in ausgewählten Kirchen oder Nebenräumen gezeigt. Für einige Glaubensgeschwister bedeutet diese Innovation aber, dass sie künftig auch bei Gottesdienstübertragungen die Predigt direkt im Bild verstehen können.
Nach der ersten Übertragung der Gebärdensprache wird mancher seine Hand, mit nach vorne gerichtetem Handrücken, vom Kinn leicht nach vorne/unten führen und anerkennend lächeln. Es ist die Gebärde für ‚Danke‘.
Foto: NAK International/Chris Bourloton