Ein Mann wie ein Baum – groß, großzügig, gut gelaunt. Der 30. September wird in die Annalen der Neuapostolischen Kirche in Australien eingehen: Bezirksapostel Andrew Andersen tritt in den Ruhestand. Eine Ära geht zu Ende, eine neue beginnt.
Sein Leben liest sich wie ein Abenteuerroman: Vor 67 Jahren wurde er in Kopenhagen geboren. Er ist ein Däne, der in Australien aufwächst. Seine Eltern wandern dorthin aus und landen im Dezember 1956 im Hafen von Adelaide. Damit beginnt für die ganze Familie das Leben neu: ein fremdes Land, eine fremde Sprache, eine fremde Kultur. Für die jungen Kinder riecht das eher nach Abenteuer, für die Eltern ist es eine enorme Umstellung. Erst nach Jahren werden sie heimisch – in Elizabeth, einige Kilometer südlich von Adelaide. Der Vater bekommt Arbeit, die Kinder gehen zur Schule. Australien wird ihr neues Zuhause. Der Kontakt zur Kirche kommt eher zufällig, durch einen Arbeitskollegen des Vaters. 1962 wird die Familie neuapostolisch.
Apostel mit Pilotenschein
Andrew Andersen verlässt als 16-jähriger junger Mann das Elternhaus und macht seine Ausbildung in der australischen Luftwaffe, inklusive eigenem Pilotenschein. Später, als Kirchenmann, fliegt der Amtsträger Andersen tatsächlich so häufig, dass die Fluggesellschaft ihn beim Betreten der Maschine persönlich begrüßt. In Australien geht es eben nicht ohne Fliegen, die Strecken sind einfach zu weit. Wer wie er 30 Jahre im Apostelamt unterwegs ist, legt pro Jahr zigtausend Meilen im Flieger zurück. Dabei ist der Vielflieger gar nicht abgehoben, sondern bodenständig geblieben: verheiratet mit seiner Margret seit 1972, Vater von vier Kindern, glücklicher Großvater.
Auch das Jahr 1988 stört die Familienidylle nur wenig: Stammapostel Richard Fehr ordiniert den Bezirksevangelisten zum Apostel. Dann, 2001 der nächste Schub: Wieder legt ihm Stammapostel Fehr die Hände auf, diesmal zur Ordination als Bezirksapostel. 17 Jahre lang erfüllt er diesen Dienst in der Kirche überaus freudig und mit enormer Kraft. Von den jeweiligen Stammaposteln und Bezirksaposteln wird er als guter Freund und lieber Bruder beschrieben.
Ein Stück seines großen Herzens hat Bezirksapostel Andersen auch an die Gemeinden in Papua Neuguinea verschenkt. Er sagte vor Jahren, dass dort die Seelsorgearbeit sehr ursprünglich sei: Frieden stiften unter verschiedenen Stämmen, mit Mücken und Krokodilen kämpfen, lange Fußmärsche durch dichten Urwald wagen. Was ihn aber immer mehr begeistert hat, ist der ursprüngliche Glaube der Menschen dort.
Ein Freund mit großem Herzen
„Sein Dienst kennzeichnet sich durch wahre Liebe, echte Demut und göttliche Weisheit“, beschreibt Stammapostel Jean-Luc Schneider den scheidenden Bezirksapostel. Und dass er ihn als treuen Freund mit einem großen Herzen und feinsinnigen Humor erlebt habe. Nun steht der 30. September an. Die Ruhesetzung von Bezirksapostel Andrew Andersen ist im Gottesdienst in Brisbane vorgesehen. Er wird Dankesworte hören und eine emotionale Atmosphäre erleben, und es wird ihm nicht recht sein, dass so viel Aufsehens um ihn gemacht wird. Einige der Bezirksapostel, die anlässlich seiner Ordination als Bezirksapostel in 2001 anwesend waren, sind mittlerweile verstorben – auch Stammapostel Fehr. Und wenn Stammapostel Schneider seine Ruhesetzung vornimmt, werden die Bezirksapostel Michael Ehrich (Süddeutschland), Urs Hebeisen (Südostasien), Leonard Kolb (USA) und Mark Woll (Kanada) mit am Altar sitzen. Und ganz am Ende des Gottesdienstes wird Bezirksapostelhelfer Peter Schulte die Beauftragung als neuer Bezirksapostel empfangen.
Über seinen Nachfolger sagt der scheidende Bezirksapostel: „Dieser Wechsel war lange erbeten und steht unter dem Segen des Herrn.“ Peter Schulte sei ein Mann des Glaubens. Er werde einen großen Bezirk leiten und das in seiner gewohnt ruhigen und besonnenen Art tun. Der neue Bezirksapostel wird künftig auch die neuapostolischen Gemeinden in Hong Kong, Japan, Macau, Südkorea und Taiwan von Australien aus betreuen.
Wahrlich, eine Ära geht zu Ende – und eine neue beginnt.
Treu bleiben
Eine Art Abschiedswort aus dem aktiven Dienst verfasste Bezirksapostel Andrew Andersen erst unlängst mit eigener Hand. Im Spotlight 12/2018 schrieb er unter anderem: „Ein bekanntes englisches Sprichwort sagt: „Practise what you preach“. Es heißt so viel wie: selbst das tun, was man anderen „predigt“. Aber noch besser finde ich es, wenn wir selbstbewusst und mit gutem Gewissen unseren Glauben leben und unser Tun eine Predigt für andere ist. Auf unserem weiteren Lebensweg wollen wir Christus treu sein und uns im Kreis unserer Familie, unserer Freunde und Nachbarn in Glaubensdingen behaupten. Unsere Entschlossenheit, unseren Glauben lebendig zu halten, muss sich auch anderen mitteilen. Meine lieben Geschwister, wir wollen Christus treu sein und treu bleiben.“