Urs Hebeisen ist unterwegs – über geographische, technische und manche gedanklichen Grenzen hinweg. Als Bezirksapostel prägte er viele Jahre Menschen, Gemeinden und die internationale Kirche. Am Sonntag verabschiedet der Stammapostel den Mann mit dem großen Herzen in den Ruhestand.
„Ich saß mit Urs Hebeisen am Abendtisch und hatte ihn und seine Frau zum Essen eingeladen. Leider stolperte der Kellner und goss unsere bestellten Getränke über seinen Anzug aus. Ich „schimpfte“ mit dem Ober und fragte nach der Adresse des Restaurants für die Rechnung der Reinigung. Der Bezirksapostel belehrte mich, dass so etwas jedem passieren könnte und ich damit aufhören sollte. Der Ober dürfe sein Gesicht nicht verlieren und sei durch seine Unvorsichtigkeit bereits gestraft genug“, erinnert sich ein langjähriger Freund an einen gemeinsamen Abend.
Weltoffen und emotional perfektionistisch
Seelsorger, Familienmensch, Global Player, Humorist, Perfektionist, Förderer, Visionär, Vaterfigur … und Bezirksapostel. Urs Hebeisen lässt sich nicht mit wenigen Worten beschreiben, man muss ihn erleben. – Morgen, am Sonntag, 18. November 2018, tritt der fröhliche, weltoffene Bezirksapostel im Festgottesdienst in Manila (Philippinen) in den Ruhestand. Nach jahrzehntelangem Dienst endet eine Ära.
1952 in Eggilwil/Basel (Schweiz) geboren und kurz drauf von Bezirksapostel Ernst Eschmann getauft und versiegelt, seit 1977 mit Lucienne verheiratet und Vater zweier Söhne – das ist der Familienmensch, dessen nächste Angehörigen auf drei Kontinenten und damit in verschiedenen Kulturen leben. Diese Lebensumstände haben seinen Blick, sein Verständnis von jungen Jahren auf geweitet. 1976 wanderte er nach Japan aus, später lebte er in Hong Kong und ist nun seit vielen Jahren auf den Philippinen zuhause. Urs Hebeisen lebt und kennt viele Kulturen.
„Er hat eine wahnsinnige Bandbreite an Lebenserfahrung: die schweizerische Genauigkeit, die kanadische Weite und die asiatische Freundlichkeit“, sagt ein Freund. Und ein anderer ergänzt: „Urs ist Urs und sich selbst treu; aber nicht nur sich selbst, sondern auch Gott und dem Stammapostel. Daher lässt sich Urs Hebeisen nicht beirren, auch nicht in Bedrängnis.“
Impulsgebend und impulsiv
1975 wurde Urs Hebeisen in der Schweiz zum Unterdiakon, 1978 in Japan zum Priester ordiniert und schließlich 1982 ins Apostelamt gerufen. Seit 2009 leitet er den – zum gleichen Zeitpunkt neu gegründeten – Bezirksapostelbereich South East Asia: 18 Länder, über 80.000 Gläubige in 2000 Gemeinden.
An insgesamt 45 internationalen Bezirksapostelversammlungen hat der Kirchenleiter teilgenommen. Über viele Jahre hinweg war er zudem Mitglied in der Koordinationsgruppe des Stammapostels, brachte sich mit Weisheit und Kompetenz ein, gab Impulse und nahm Impulse mit. Diskussionen zu scheinbaren Kleinigkeiten konnten ihn dabei hin und wieder auch einmal für eine kurze Zeit in Rage versetzen. Ein Weggefährte erinnert sich schmunzelnd und anerkennend zugleich: „Urs konnte und kann sehr hartnäckig sein, auch bei scheinbar ‚kleinen Punkten‘.“
Kommunikativ und liebenswürdig
Und dann war er immer wieder auf Reisen, diente den Glaubensgeschwistern in vielen Ländern. Über lange Zeit nahmen Hotelübernachtungen zwei Drittel des Jahres ein. Immer unterwegs, immer nah bei den Menschen. In großen Kirchen oder unter freien Himmel – für Bezirksapostel Hebeisen zählten die Menschen.
Diese Nähe fand er manches Mal auch über Kontinente hinweg. Urs Hebeisen ist ein Mann der Kommunikation, schnell, präzise, auf allen Kanälen. Und das war auch schon früher so. 1998 schickt er ein Telefax in eine deutsche Jugendherberge. Ein langer Brief, in dem der Apostel den dort zu einer Freizeit versammelten – ihn unbekannten – Jugendlichen Freude und Segen wünscht und Grüße von den Philippinen ausrichtet. Irgendwoher hatte er erfahren, dass seine jungen Glaubensgeschwister zusammen waren. Miteinander in Kontakt stehen, das war und ist ihm wichtig. „Er ist ein ganz wunderbarer Zuhörer und humorvoller Ratgeber“, bestätigt ein Weggenosse.
Fordernd und fördernd
Aber reden allein ist nicht sein Ding. Er ist ein Mann der Tat. Kein Einzelkämpfer, der alles durchboxt, sondern ein Teamplayer. Und vielleicht auch einmal etwas mehr als das: „Bezirksapostel Hebeisen ist für mich wie ein Vater“, berichtet ein Mitarbeiter. „Er gibt uns immer wieder die Chance zu wachsen; nie verurteilt er, immer unterstützt er.“ Zum Ausruhen kommt man in seiner Nähe dennoch nicht: „Mit dem Bezirksapostel zusammen zu arbeiten, bedeutet, immer die Zeit im Auge zu haben.“ Er dränge bis an die Grenze und lasse den Einzelnen immer versuchen, sein Bestes zu geben.
Und wenn es gerade nicht um den Einzelnen geht, dann geht es um die Kirche. In Chennai (Indien) werden in einer kleinen Manufaktur seit 2013 Abendmahlskelche hergestellt und in Gemeinden auf verschiedenen Kontinenten geliefert. „Global sourcing“ nennt man das, wenn über Gebietskirchengrenzen hinaus zusammengearbeitet wird. Im Auftrag der Neuapostolischen Kirche International ist der Bezirksapostelbereich Südostasien mit der Logistik betraut. Für deren Leiter, den studierten internationalen Frachtlogistiker, ein Herzensanliegen.
Abschiednehmend und bleibend
In der vergangenen Woche waren Stammapostel Jean-Luc Schneider und die Bezirksapostel zu ihrer Herbstkonferenz in Zürich (Schweiz) zusammen. Mit Dank und guten Wünschen verabschiedete der Stammapostel am Ende Bezirksapostel Urs Hebeisen aus diesem Zirkel. – „Darf ich …“, fragte Bezirksapostel Hebeisen kurz drauf und schaltete noch einmal sein Mikrofon an. In kurzen Ausführungen blickte er ein wenig wehmütig zurück auf viele Jahre Zusammenarbeit und dankte dem Stammapostel und seinen Amtskollegen. Und nach einer kurzen Pause beugte er sich noch einmal ganz nah an das Mikro, schaute in die Runde der Bezirksapostel und sagte mit fester Stimme: „God bless you!“