„Die Neuapostolische Kirche lehnt jegliche Form von Gewalt ab!“ Das waren die Eingangsworte des Stammapostels in seinen Gottesdienst in Lubumbashi (DR Kongo) am Sonntag, 16. Juli 2017. Und gerade der Kongo ist immer noch ein Land, in dem Gewalt an der Tagesordnung ist.
Der Gottesdienst am Sonntagmorgen wurde landesweit im Fernsehen übertragen. Daher nutzte der Kirchenleiter die Gelegenheit, ein klares Zeichen gegen die Gewalt zu setzen. Die über 30.000 Gottesdienstteilnehmer in der Kirche und in Zelten außerhalb – weitere Zigtausende im ganzen Land waren zugeschaltet – verstehen diese Botschaft nur allzu gut: Im Osten des Landes herrscht seit über zwanzig Jahren Krieg zwischen einer Vielzahl bewaffneter Gruppen. In den letzten Monaten war es zunehmend auch die Kasai-Region in der Mitte des Landes, die Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen wurde. Die Bevölkerung leidet zudem unter einer schweren Wirtschaftskrise: Der kongolesische Franc hat in einem Jahr 70 Prozent seines Wertes verloren.
Außerhalb des Landes ist das kaum bekannt. Hunderttausende Menschen sind bereits nach Angola geflohen. Dort gibt es mittlerweile vier Flüchtlingscamps. Stammapostel Jean-Luc Schneider kennt die Situation nur zu gut. Er hat viele Jahre als Bezirksapostel im Kongo gearbeitet. Und wieder einmal macht er seinen Glaubensgeschwistern Mut: „Ich bete für euch. Ich bin sicher: Gott hat euch nicht vergessen!“ Sein Wunsch für sie alle sei, dass die Liebe Gottes mit ihnen gehe. „Fürchtet euch nicht, Jesus Christus ist mit euch!“ Er betont nachdrücklich, dass die Neuapostolische Kirche jegliche Form von Gewalt ablehne. „Das ist die Position unserer Kirche, das ist meine Position als Stammapostel und das ist auch die Position des Evangeliums!“
Das Evangelium fördern
Das Wort des Apostel Paulus an die Philipper 1,12 war Grundlage seiner Predigt: „Ich lasse euch aber wissen, liebe Brüder: Wie es um mich steht, das ist nur mehr zur Förderung des Evangeliums geraten.“ Und damit ging das Kirchenoberhaupt gleich auf eine sehr zeitnahe Zeiterscheinung ein – dass nämlich das Leben um uns herum manchmal kaum erträglich ist! Es gibt viele Menschen mit vielen Problemen. Sie leiden unter ihren Lebensbedingungen, machen schwere Zeiten durch, werden verfolgt, gefangen gehalten, leben in Angst und Todesfurcht. So, wie Apostel Paulus unter den Drangsalen seiner Zeit gelitten hat, ergeht es auch heute vielen Menschen. Ihnen gilt aber die Aussage des Bibelwortes, dass darunter das Evangelium gefördert werde. Gerade in schweren Zeiten Glauben zu behalten, sei wichtig. Gerade in Zeiten von Anfechtung und Trübsal Gott und seinen Nächsten zu lieben, sei Ausdruck der frohen Botschaft Christi. Dadurch werde das Evangelium erfüllt, so dass auch schwere Zeiten nicht von Gott wegführen können!
Über den Gottesdienst berichten wir zu einem späteren Zeitpunkt.
Bürgerkrieg in Kasai
Ein Beispiel von vielen: Martin Beya (50) ist Apostel in der Provinz Kasai, im Zentrum des Kongo. Dort keimen immer wieder Unruhen auf. Es ist ein Krieg unter verschiedenen Stämmen. Viele Tausend Menschen sind bereits getötet worden, andere fliehen. Der Apostel musste mit ansehen, wie rund 200 bewaffnete Rebellen in sein Dorf einfielen. Auch er und seine Familie – Frau und sieben Kinder – flohen über die Grenze nach Angola. Dort waren sie erst einmal sicher. Das Problem ist nur: Refugees dürfen so schnell nicht wieder zurück! Ein Teufelskreis. Er schaffte es schließlich doch nach einigen Wochen. Sein Haus, sein Dorf waren verwüstet; die vielen Glaubensgeschwister vertrieben. „Normale“ Gottesdienste sind zurzeit nicht möglich, Seelsorgebesuche, Ämterstunden – all das geht nicht mehr. Er selbst versucht sein Bestes, leidet unter Albträumen, hat eine angehende Gastritis. Auch sein Predigtstil habe sich verändert, erzählt er freimütig. Er setze jetzt viel mehr auf Trost und Mitgefühl als früher! „Das brauchen die Gemeinden zurzeit am meisten“, betont er.
Die Lage ist ernst
Auch Bezirksapostel Tshitshi Tshisekedi kennt den Ernst der Lage. Er will im August einen ganzen Monat lang in die Region Kasai gehen, auch in die Refugee-Camps nach Angola. „Ich mache in diesem Jahr keinen Familienurlaub. Ich gehe in die Familien“, sagt er mit fester Stimme. „Meine Geschwister brauchen mich jetzt!“ 26 Apostelbereiche gibt es im Kasai, alle sind von den Unruhen betroffen. Rund 175.000 neuapostolische Kirchenmitglieder sind in den letzten Monaten nach Angola geflohen. Seine Botschaft an alle ist dieselbe wie im Gottesdienst: „Haltet aus. Gott hat euch nicht vergessen.“ Und für solche, die helfen wollen, heißt sein Appell: „Betet, betet, betet!“
Angesichts solcher Geschichten – und es gibt viele davon – erklärt sich die Sonntagsbotschaft des Stammapostels noch einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel. Viele Menschen müssen Vieles erdulden – das ist Realität.