Das haben treue Knechte, kluge Jungfrauen und anvertraute Talente gemeinsam: die Antwort aus dem Gleichnis vom Weltgericht – wie wir Gott schon heute begegnen.
Vier Gleichnisse, vier separate Geschichten? Sieht erstmal so aus. Doch genau hingeschaut zeigt sich der gemeinsame Rahmen. Der reicht von „Und Jesus ging hinaus vom Tempel“ (Mt 24,1) bis „Und es begab sich, als Jesus alle diese Reden vollendet hatte“ (Mt 26,1). „Endzeitrede“ nennt sich der ganze Block. Und das ist kein Einzelfall.
Gerahmt und vernäht
Dieselbe Begrenzung von Szenenwechsel und Sprech-Ende findet sich auch bei den anderen vier Reden des Evangeliums: Bergpredigt (Mt 5–7), Aussendungsrede (Mt 10), Gleichnisrede (Mt 13) und Gemeinderede (Mt 18).
Zusammengehalten wird die Endzeitrede nicht nur vom äußeren Rahmen, sondern auch durch innere Nähte. Die Mahnung „niemand kennt Zeit und Stunde“ (Mt 24,36.42–44; 25,13) und die Warnung vor dem „Heulen und Zähneklappern“ (Mt 24,51;25,30) durchweben den ganzen Abschnitt wie ein roter Faden.
Aufmerksam und zielstrebig
Alle vier Gleichnisse haben das gleiche Thema: Wie bereitet man sich auf die Wiederkunft Christi vor? Und den gleichen Aufbau: Sie stellen falsches und richtiges Verhalten gegenüber. Dabei führen sie immer näher an den Kern der Botschaft heran.
„Verschwende deine Zeit nicht“, sagen die Knechte. „Bereite dich aktiv vor“, ergänzen die Jungfrauen. „Arbeite – und zwar mit dem, was dir gegeben ist“, drängen die Talente. Doch was genau die Speise zur rechten Zeit, das Öl in den Lampen und das anvertraute Pfund ist, das löst erst das letzte Gleichnis auf.
Liebevoll und tatkräftig
Hungrige speisen, Durstige erquicken, Fremde aufnehmen, Nackte kleiden, Kranke und Gefangene besuchen: Diese Liste hämmert der vierte Abschnitt dem Leser gleich in vierfacher Aufzählung ins Hirn, je zwei Mal als Feststellung und als Nachfrage, je zwei Mal beim Lob fürs Handeln und beim Tadel fürs Unterlassen.
Wer solche Werke der Nächstenliebe tut, der erweist sich als der treue Knecht, sammelt das Öl der klugen Jungfrauen und arbeitet tatsächlich mit dem ihm anvertrauten Talenten. Doch die Liste der guten Taten ist weit mehr als ein Appell zum ethischen Handeln. Darin steckt ein Versprechen.
Hilflos und heilig
„Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“, sagt der Weltenrichter (Matthäus 25,40) – also Jesus selbst. Christus identifiziert sich und solidarisiert sich mit den Schwächsten – nicht nur im übertragenen Sinne, sondern ganz konkret und wörtlich. Das macht jede Begegnung mit einem leidenden Menschen zu einer Begegnung mit Gott.
Hungrig sind Menschen nicht nur nach Essen, sondern erst recht nach Wertschätzung, Zuwendung und Liebe. Gefangen ist man nicht allein hinter Mauern, sondern besonders in Ängsten, Verbitterung und Schuld. Nackt sind nicht bloß die Unbekleideten, sondern vor allem die Verletzten, Gedemütigten und Wehrlosen.
Um hier zu helfen, muss man kein Heiliger sein. Denn die Liste der Barmherzigkeit fordert nur kleine, fast alltägliche Taten. Und so lautet der zentrale Leitgedanke: „Christus verbirgt sich in den Bedürftigen – und wartet dort auf unsere Liebe.“
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