Selbstverpflichtung hilft Kinderschutz

Bei der Prävention gegen sexuellen Missbrauch lässt die Neuapostolische Kirche nicht locker: Jüngstes Beispiel ist die Einführung eines verbindlichen Verhaltenskodex in der Gebietskirche Westdeutschland.

„Der Schutz vor sexueller Gewalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der auch die Neuapostolische Kirche verpflichtet ist.“ – So steht es in den internationalen Richtlinien für Amtsträger. Und so formuliert es auch das kommende Regelwerk für Westdeutschland.

Dort hatte die Apostelversammlung im November 2022 ein Präventionskonzept gegen sexualisierte Gewalt beschlossen. Es fasst die Leitlinien und Maßnahmen aus den vergangenen rund 15 Jahren zusammen. Hinzu kommt eine Selbstverpflichtung für Geistliche und für Funktionsträger etwa in der Kinder- und Jugendarbeit.

Verbindliche Vorschriften

Diese bindenden Vorgaben werden nun offiziell in den Bezirken eingeführt. Dazu finden vor Ort Unterweisungen statt, die sich zunächst an Amts- und Funktionsträger richtet, zu der aber auch Eltern und Großeltern von Kindern und Jugendliche sowie alle interessierten Gemeindemitglieder eingeladen sind.

Die Referenten dafür wurden im Mai und Juni per Videokonferenzen geschult. Durch die Veranstaltung führten Bischof Manfred Bruns, Leiter des Referats Seelsorge und früherer Kriminalpolizist, sowie Diakonin Gabriele Schmitz, Diplom Psychologin und praktizierende Psychotherapeutin.

Praktische Erfahrungen

Damit folgt die Gebietskirche Westdeutschland einer Maßgabe der Bezirksapostelversammlung: „Die Bezirksapostel erlassen Regelungen zur Prävention und zum Umgang mit sexuellen Übergriffen in der Seelsorge und zur Zusammenarbeit mit staatlichen Strafverfolgungsbehörden.“ Das hatte das internationale Leitungsgremium Ende 2021 zusammen mit den neuen Richtlinien für Amtsträger verabschiedet.

Praktische Erfahrungen mit derartigen Vorgaben hat der Bezirksapostelbereich Afrika Süd gesammelt. Seit Juli 2020 ist dort eine umfassende Richtlinie für den Umgang „mit jeglicher Form von sexuellen Fehlverhalten“ durch Amts- oder Funktionsträger in Kraft. Das Konzept legt Verantwortlichkeiten fest, beschreibt Präventionsmaßnahmen, installiert Verfahren für Verdachtsfälle und skizziert die Seelsorge für Betroffene. Zentrale Anlaufstelle ist ein mit Experten besetztes Gremium jenseits der Amtshierarchie.

Diese Vorschriften wurden vergangenes Jahr – wie vorgesehen – im zweijährigen Turnus – erstmals durch ein weiteres, unabhängiges Fachgremium überprüft und bestätigt. Derweil arbeitete die Gebietskirche daran, das Programm auch auf die Länder Botswana und Namibia auszuweiten.

Fordern und fördern

Vorbeugung, Aufklärung, Aufarbeitung – das sind ebenfalls die drei Säulen bei der „Konzeption Achtsamkeit“ in Süddeutschland. Das Programm entstand 2015 und startete 2016. Neben Richtlinien gehören dazu auch Sensibilisierungs- und Schulungsveranstaltungen für den achtsamen Umgang mit der Problematik. Ein wichtiges Element ist ein Verhaltenskodex in zehn prägnanten Punkten.

Hier steht ebenfalls ein Prüf- und Beratungsgremium mit Ärzten, Psychologen und Juristen bereit – wie zum Beispiel auch in Nord- und Ostdeutschland. In beiden Gebietskirchen – ebenso wie in Westdeutschland – sind Amts- und Funktionsträger schließlich verpflichtet, ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis abzugeben, das ein Anwalt mit Blick auf einschlägige Straftaten kontrolliert.

Der Einsatz im Kampf gegen sexuelle Übergriffe endet aber nicht an der Kirchentür. So arbeitet das kirchliche Hilfswerk „human aktiv“ seit Jahren mit der Kinderschutzstiftung „Hänsel + Gretel“ zusammen. Rund 150.000 Euro sind so in diverse Projekte geflossen, zuletzt in die Verteilung von „Starke-Kinder-Kisten“ in Kindergärten und Grundschulen. Denn: „Der Schutz vor sexueller Gewalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der auch die Neuapostolische Kirche verpflichtet ist.“

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Andreas Rother
15.08.2023