Lange gesucht, plötzlich gefunden

USA, Japan, Deutschland: Über diese Stationen führte der Lebensweg von Shawn Beasley. Sein Glaubensweg ist sogar noch einige Abschnitte länger – die Reiseroute einer ausgedehnten Suchfahrt.

Shawn Beasley steht mit schwarzem Anzug und gefalteten Händen vor der Verwaltung der Neuapostolischen Kirche Westdeutschland und lächelt durch seinen Bart in die Kamera. Der dreifache Vater hat eine dreieinhalbstündige Autofahrt nach Dortmund hinter sich, um einen Gottesdienst simultan ins Englische zu übersetzen.

Priester Beasleys Muttersprache ist Englisch. Doch beim ersten Dolmetschen eines Gottesdienstes hatte er so seine Schwierigkeiten: „Ich kannte bestimmte kirchliche Vokabeln auf Englisch einfach nicht. In der neuapostolischen Welt ist Deutsch meine Muttersprache.“

Um die halbe Welt

Sein Zuhause liegt heute im Süden des Hunsrücks, in der Schmuck- und Edelsteinstadt Idar-Oberstein. Geboren ist er aber in Augusta, der zweitgrößten Stadt des US-Bundesstaates Georgia. Von dort aus führte ihn sein Weg um die halbe Welt, bis er 1999 in Deutschland sein neues Zuhause fand.

Nach der Schule ging Shawn Beasley zunächst zur US-Marine. Sein Einsatz führte ihn unter anderem vor die japanische Küste. Nach dem Ende seiner Dienstzeit im Jahr 1996 kehrte er zunächst in die USA, nach Florida, zurück. Im Jahr 1999 ging er erneut zum Militär – diesmal zur US-Army – die ihn nach Deutschland, nach Idar-Oberstein schickte. Dort lernte er seine Frau Jutta kennen, die seit ihrer Kindheit neuapostolisch ist. Sie lud ihn ein, mit ihr in die Kirche zu kommen.

Schon früh auf der Suche

Schon als Kind hatte Shawn sich für den christlichen Glauben interessiert. Als Siebenjähriger ließ er sich auf eigenen Wunsch hin in der Baptist Church of Revival taufen. Mit 13 Jahren lebte er ein Jahr lang bei seinem Vater und besuchte mit dessen Frau sonntags die methodistische Gemeinde.

Aber auch hier hielt es ihn nicht. Er suchte weiter und beschäftigte sich als Erwachsener mit weiteren christlichen Konfessionen. Er setzte sich mit dem Glauben amerikanischer Ureinwohner auseinander und begann eine Ausbildung zum Schamanen. Schließlich lernte er Buddhismus und Taoismus näher kennen.

Wegweiser unterwegs

Am neuapostolischen Glauben beeindruckte Shawn Beasley zunächst, wie seine heutige Frau ihn lebte. „Sie besuchte mich des Öfteren in der Kaserne, auch am Wochenende. Sonntags ging sie aber erst einmal in den Gottesdienst und kam danach zu mir auf die Base.“ Auch die Geschwister in der Gemeinde lernte er bei seinen Gottesdienstbesuchen immer besser kennen und gewann sie lieb. Und dann waren da noch zwei Erlebnisse.

Knapp zwei Wochen vor dem 11. September 2001 verließ er die Army: „Die konnten mich also nicht mehr einberufen, sodass ich nicht am Irakkrieg teilnehmen musste“, erzählt Shawn Beasley. Danach fand er in dem noch fremden Deutschland unerwartet schnell eine Arbeitsstelle in der IT-Branche.

Zuhause angekommen

„Bis dahin hatte ich es nicht einfach gehabt“, berichtet er. „Ich habe keine Ausbildung, bin zweimal beim Militär gewesen und hatte auch schon meine zweite Ehe hinter mir. Das Glück war bis dahin nicht auf meiner Seite.“

„Warum habe ich jetzt dieses Glück? Warum klappt das jetzt?“ fragte sich Shawn Beasley. Als er erfuhr, dass die Geschwister in der Gemeinde für ihn beteten, kam er zu der Überzeugung, dass der liebe Gott ihn gerufen und zu sich geführt hatte. Das veranlasste ihn dazu, sich 2003 versiegeln zu lassen und Mitglied der Neuapostolischen Kirche zu werden.

Bereits ein Jahr später ordinierte ihn Apostel Gert Opdenplatz zum Diakon. „Am liebsten hätte mein Vorsteher gehabt, dass ich gleich am Tag meiner Aufnahme in die Kirche als Diakon ordiniert worden wäre. Aber sie wollten mir dann noch ein bisschen Zeit geben“, sagt der Priester – und lächelt wieder. Wie einer, der nach einer langen Reise angekommen ist und sich wohlfühlt.

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Tatjana Fröhlich, Andreas Rother
05.11.2020
Gemeindeleben