Gottesdienst für Entschlafene – eine neuapostolische Besonderheit

Dreimal im Jahr feiern neuapostolische Christen einen Gottesdienst, in dem nicht nur der Verstorbenen gedacht wird, sondern ihnen auch Sakramente gespendet werden. Was hat es damit auf sich?

Foto: Daniel Rudolph, Gemeinde Berlin-Lichtenberg

Der Katechismus der Neuapostolischen Kirche (KNK) gibt in einem eigenen Kapitel über das so genannte Entschlafenenwesen Aufschluss. Es heißt dort: „Dreimal jährlich — jeweils am ersten Sonntag im März, Juli und November — finden Gottesdienste für Entschlafene statt. Im Hinblick darauf beten die neuapostolischen Christen auch dafür, dass unerlöst Verstorbene das Heil in Christus finden“ (KNK 12.1.13).

Die biblische Begründung dafür ist der Heilswille Gottes, der alle Menschen umfasst. Denn Jesus Christus ist Herr über die Lebenden und die Toten (Römer 14,9). Aus dem Neuen Testament ist bekannt, dass bereits in der Gemeinde zu Korinth Lebende für Tote getauft wurden. Ein Hinweis darauf findet sich im 1. Korintherbrief 15,29. „Diese Praxis setzt sich fort in den Gottesdiensten für Entschlafene, die der Stammapostel und die Bezirksapostel durchführen: In ihnen empfangen zwei Amtsträger für die Verstorbenen die Heilige Wassertaufe, die Heilige Versiegelung und das Heilige Abendmahl. Die Sakramente werden in der gleichen Weise vollzogen, wie dies ansonsten geschieht“, sagt der Katechismus weiter. In den übrigen Gemeinden wird nach der Feier des Heiligen Abendmahls in einem besonderen Gebet der Entschlafenen gedacht.

Erlösung durch Jesus Christus

Die Kernfrage, die viele gläubige Christen stellen, lautet: Ist Veränderung der Seelen im Jenseits überhaupt möglich? Der KNK gibt die Antwort darauf, dass Seelen im Jenseits, die nie vom Evangelium gehört, keine Sündenvergebung erfahren und kein Sakrament empfangen haben, sich in einem Zustand der Gottferne befinden. Dieser Zustand kann nur durch den Glauben an Jesus Christus und sein Opfer sowie durch den Empfang der Sakramente überwunden werden. Es ist daher wichtig, für unerlöste Seelen fürbittend einzutreten und den Herrn zu bitten, dass er ihnen helfen möge. Da die Toten und die Lebenden in Christus eine Gemeinschaft bilden, werden sie im Jenseits wie im Diesseits im Sinn Christi wirken, also Fürbitte für Unerlöste einlegen. Erlösung selbst jedoch geschieht allein durch Jesus Christus.

Stammapostel in Berlin

Diese Gottesdienste für Entschlafene haben im neuapostolischen Kirchenjahr einen wichtigen Platz. Am Sonntag zuvor bereiten sich die Gemeinden im Gottesdienst darauf vor. Barmherzigkeit und Mitempfinden sollen zur Fürbitte für unerlöst Verstorbene anregen. Am 1. März 2015 wird Stammapostel Jean-Luc Schneider den Gottesdienst in Berlin feiern. Dem geht ein Einstimmungskonzert zweier Berliner Bezirkschöre am Vorabend in der Kirche Berlin-Lichtenberg voraus.

Aus der Geschichte

Das neuapostolische Verständnis vom Entschlafenenwesen hat seinen Ursprung in den Niederlanden. 1872 begann Apostel Wilhelm Schwartz Taufen und Versiegelungen für Verstorbene stellvertretend an Lebenden vorzunehmen. Ende der 1880er Jahre wurde dann auch das Heilige Abendmahl den Verstorbenen gespendet.

Die Spendung der Sakramente für Verstorbene wurde zunächst an einer Person vollzogen, die durch Weissagung bestimmt wurde. Unter Stammapostel Niehaus empfing je eine Frau („Glaubensmütter“) und ein Mann die Sakramente für Entschlafene. Die Frauen nahmen die Handlungen für weibliche verstorbene und die Männer für männliche Verstorbene hin. Seit den 1930er Jahren empfangen stets zwei Amtsträger die Sakramente für Verstorbene.

Lange Zeit fand die Sakramentsspendung für Entschlafene einmal jährlich am Zweiten Weihnachtstag statt. Stammapostel Johann Gottfried Bischoff führte in den 1950er Jahren die Zahl von drei Gottesdiensten für Entschlafene im Jahr ein.

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Peter Johanning
24.02.2015
Gottesdienste für Entschlafene