Jeder Gläubige ist aufgerufen seiner Gemeinde und den Mitmenschen zu dienen. Doch manchmal kommt uns die Macht der eigenen Meinung in die Quere. Was trennt dann das Dienen vom Herrschen? Antworten aus einem Stammapostel-Gottesdienst:
Es war ein eher kleiner Rahmen, als der Stammapostel am 28. Dezember die Gemeinde Hannover-List besuchte. Rund 430 Glaubensgeschwister erlebten den Gottesdienst, der unter dem Bibelwort aus Lukas 12, 36.37 stand: „… seid gleich den Menschen, die auf ihren Herrn warten, wann er aufbrechen wird von der Hochzeit, damit, wenn er kommt und anklopft, sie ihm sogleich auftun. Selig sind die Knechte, die der Herr, wenn er kommt, wachend findet. Wahrlich, ich sage euch: Er wird sich schürzen und wird sie zu Tisch bitten und kommen und ihnen dienen.“
Jesu Demut als Vorbild
In Zentrum stellt der Stammapostel dabei das Bild „Jesus Christus als Diener“ und verwies auf Matthäus 20,28: „Ich bin nicht gekommen, um mir dienen zu lassen, sondern um zu dienen.“ Was macht Christi Wesen im Dienen aus, was macht seine Demut aus: „Er benutzt seine Allmacht nicht, um den Menschen zu zwingen. Er respektiert unsere freie Entscheidung.“
Der Dienst des Apostelamtes
Um seinen Dienst auszuüben, hat Jesus die Apostel gesandt. Sie sind zwar mit besonderen Vollmachten ausgestattet, bleiben aber auch nur Diener des Herrn: Sie „können nicht einfach machen, was sie wollen, und sagen, was sie wollen.“ Sie sind vollkommen von Christus abhängig, so der Stammapostel. „Sie können nur sagen, was der Herr gesagt hat. Sie können nur machen, was er von ihnen verlangt.“
So wie sich Jesus in den Dienst der Menschen gestellt hat, so stehen die Apostel im Dienst der Gemeinde: „So bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott.“ (2. Korinther 5, 20). Das sei die Demut des Apostelamtes: den Mensch das Heil in Wort und Sakrament anzubieten. „Bitte – aus Liebe, ohne Zwang.“
Der Petrusdienst an der Gemeinde
Auch der Stammapostel versehe einen Dienst, wenn auch einen besonderen: den Petrusdienst. Zentrale Aufgabe sei es laut Katechismus, die Lehre reinzuhalten. „Es geht nicht darum zu wissen, was Menschen wollen und was der Stammapostel denkt.“ Es geht nur um den Willen Gottes. „Sonst kann der Stammapostel auch nichts verkündigen. Es ist ganz wichtig, dass die Verbindung stimmt, damit es wirklich die Lehre des Meisters ist.“
Dabei müsse er aber alle Glaubensgeschwister im Blick haben, betonte der Stammapostel: „Ich bin dafür verantwortlich vor Gott, dafür zu sorgen, dass alle mitkommen können, nicht nur eine Gruppe, nicht nur die oder die Gruppe.“ Er habe dafür zu sorgen, dass der Weg für alle gangbar ist. „Das ist keine Machtausübung. Das ist ein Dienst für die Gemeinde.“
Dem Aufbau der Gemeinde dienen
Und schließlich steht auch jedes Gemeindemitglied im Dienste der Gemeinde. Was das konkret bedeutet, erläuterte er am Beispiel des Streites um die Reinheitsgebote aus dem Römerbrief, Kapitel 14: Demnach gab es in Rom eine Gruppe, die weder Wein trank und Fleisch aß und meinte: „Wir sind die Reinen und die Guten“, so der Stammapostel. Die andere Gruppe sah es genau anders. Und man schaut gegenseitig auf die andere Partei herab. „Da musste Apostel Paulus eingreifen.“ Doch er habe sich gar nicht damit aufgehalten, der einen oder anderen Gruppe Recht zu geben. Nein, er habe beide Gruppen im Unrecht gesehen, weil jeder dem anderen seine Ansicht aufzwingen wollte.
In den neuapostolischen Gemeinden gibt es verschiedene Meinungen zu viele Themen: „Musik, Blumenschmuck, Freizeitgestaltung“, nannte der Stammapostel. „Oder andere: Homosexualität, Ökumene. Die einen sehen das so, die anderen so. Es ist alles gut und recht. Aber wenn es dann dazu kommt, dass eine Gruppe der anderen etwas aufzwingen, dann muss ich davor warnen! Paulus hat gesagt, wer das macht, zerstört das Werk Gottes.“
Es ist nicht wichtig, wer Recht oder Unrecht hat. Es geht um den Aufbau der Gemeinde. „Wir dürfen unsere Gedanken haben. Aber wir sorgen dafür, dass wir sie dem anderen nicht aufbinden.“ Denn: „Wenn der allmächtige Gott sich ‚zwingt‘, uns zu dienen, und uns dabei den freien Willen lässt, wie können wir dann kommen mit unserer Meinung und dem anderen sagen: Das muss so sein!“ Denn für den Stammapostel gibt es da überhaupt kein Vertun: Wenn es um das Heil geht, ist nicht menschlicher Wille, sondern Gottes Wille maßgebend.
Foto: Michael Voigt