Es ist ein Glaubensgrundsatz in der Neuapostolischen Kirche: Dass jemand ein Amt anvertraut wird, liegt allein im Willen Gottes begründet. „Ausersehung“ nennt sich dieser Gedanke. Doch: Wie soll das eigentlich funktionieren?
„Der Glaube an die göttliche Berufung der Ämter ist Teil des Reichtums unserer Kirche“, betont das Lehrschreiben „Ausersehung und Berufung zum Amt“ in der Leitgedanken-Sondernummer 2/2020. Denn dieser Glaube motiviert die Geistlichen und gibt ihnen Kraft. Und er stärkt das Vertrauen der Gemeinde in das Amt.
Zwar gilt: Der Wille Gottes findet seinen Ausdruck in der Entscheidung des Apostels, den ausersehenen Menschen zu ordinieren. „Es muss jedoch zugestanden werden, dass diese Erklärung angesichts der Bedeutung des Themas etwas zu kurzgefasst ist.“ Und: „Deshalb erscheint es hilfreich, die Begriffe der göttlichen Ausersehung und der Berufung in ein Amt ein wenig zu erläutern.“
Den Willen Gottes erkennen
Rein formal läuft die Auswahl von Geistlichen so:
- Örtlich Verantwortliche legen dem Apostel eine Vorschlagsliste vor.
- Daraus wählt der Apostel (oder Bezirksapostel) die zu ordinierenden Personen aus.
- Örtlich Verantwortliche nehmen Kontakt mit den ausgewählten Personen auf.
- Wenn die Personen ihre Zustimmung geben, ordiniert der Apostel sie ins Amt.
Dennoch geht es dabei die ganze Zeit um die Ausersehung: Es ist die Aufgabe der Apostel, Gottes Willen zu erkennen und entsprechend zu handeln.
Um festzustellen, welche Gläubigen von Gott zu einem Amt berufen sind, ist einiges zu beachten:
- Die Bedürfnisse der Kirche
- Die geistlichen Gaben
- Die menschlichen Fähigkeiten
- Die Akzeptanz durch die Gemeinde
- Die Akzeptanz durch den Gläubigen
Bedürfnisse, Gaben, Fähigkeiten
Das Amt ist kein Selbstzweck, sondern es soll den Bedürfnissen der Kirche dienen. Der Apostel und seine Mitarbeiter müssen sich vom Heiligen Geist leiten lassen, um die Bedürfnisse und Erwartungen der Gemeinde zu erkennen.
Demjenigen, den er ausersehen hat, um ihm ein Amt anzuvertrauen, gibt Gott die geistlichen Gaben, die für die Ausübung notwendig sind. Dazu gehören der Glaube an Jesus Christus, dessen Tod, Auferstehung und Wiederkunft, die Treue zum Evangelium, die Liebe zu Gott und zu den Gläubigen, der Glaube an die Kirche als Vermittlerin des Heils, an die Apostel, die Sakramente und das Amt sowie die Bereitschaft zu dienen.
Die von Gott getroffene Ausersehung zeigt sich auch in den Fähigkeiten, die er dem Gläubigen verliehen hat. Dazu gehören die Fähigkeit, zuzuhören, die Dialogfähigkeit, das Vermögen, sich verständlich auszudrücken, Aufgeschlossenheit, gesunder Menschenverstand und die Bereitschaft, zu lernen.
Die Gemeinde erkennt den Geistlichen
Das Amt ist ein Geschenk, das Gott der Gemeinde macht. Er erwählt einen Amtsträger entsprechend den Gläubigen, denen er dienen soll. Der Apostel muss sich also vergewissern, dass der Mensch, den er ordinieren will, von der Gemeinde angenommen wird.
Ob das so ist, bekunden die Gemeinde- oder Bezirksvorsteher im Namen und im Auftrag der Gemeinde: Indem sie dem Apostel ihren Vorschlag unterbreiten, bestätigen die leitenden Amtsträger, dass die gläubige Gemeinde die geistlichen Gaben und Fähigkeiten der jeweiligen Person erkennen.
Wenn Ruf und Berufungen sich treffen
Die göttliche Ausersehung geht immer mit einer Berufung einher. Das drückt sich zum Beispiel in der persönlichen Entwicklung aus. So erweckt Gott im Herzen des Berufenen zum Beispiel Dankbarkeit für die empfangenen Gaben und Wohltaten, die Liebe zu Gott und zur Kirche sowie den aufrichtigen Wunsch zu dienen.
„Wir sind der Überzeugung, dass diese Berufung dem Gläubigen durch den Apostel oder, falls erforderlich, seinen Vertreter, eröffnet wird. Aber dies ist sicherlich nicht die einzige Möglichkeit, wie Gott einen Gläubigen in seinen Dienst berufen kann“, betont das Lehrschreiben: „Es ist die Verknüpfung des Gefühls der inneren Berufung mit dem Ruf des Apostolats, die es dem Gläubigen ermöglicht, die Gewissheit zu erlangen, dass er von Gott zu einem Amt berufen ist.“