„Dein Name werde geheiligt“: Über das Gebet des Herrn
Wohl kein Gebet wird so häufig gesprochen. Mit Inbrunst, Emotion und in Würde. Es lässt die enge Verbindung zum Schöpfergott und Vater im Himmel erahnen. Es macht den Betenden klein und groß zugleich. Es ist die Eintrittskarte in das Gefühl, dem Herrn nah zu sein. Über das Unservater:
Das Gebet des „Unser Vater“ lautet nach den Worten aus Matthäus 6,9-13: „Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“
Alle Christen beten es, jeder in seiner Sprache, häufig täglich, als Stundengebet oder im liturgischen Ablauf des Gottesdienstes. Mit diesem Gebet gab Jesus ein Beispiel, wie der Mensch zu Gott beten soll. Es ist das einzige Gebet, das die Gemeinde im Gottesdienst miteinander in festgelegtem Wortlaut spricht.
Vaterunser und Unservater
Vaterunser wird das Gebet des Herrn in den Großkirchen genannt, eine Tradition, die weit verbreitet ist. Die Bezeichnung „Unser Vater“ stammt aus reformierten Kirchenkreisen und ist heute noch im süddeutschen-schweizerischen Bereich gebräuchlich. Nach dem Katechismus der Neuapostolischen Kirche sind beide Varianten möglich: das Gebet „Unser Vater“ oder das „Vaterunser“.
Matthäus oder Lukas
Die so genannte Doxologie, also der dreifache Lobpreis am Ende des Gebetes: „Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit“ steht nicht im Urtext des Matthäus-Evangeliums. Dieser Text stammt aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. und ist in der Didache (Lehre der Zwölf Apostel, eine frühchristliche Kirchenordnung) überliefert. Deshalb wird dieser Gebetsschluss nicht in allen Kirchen gesprochen. Schon im 2. Jahrhundert empfahl die Didache das dreimalige Vaterunser am Tag – eine Empfehlung, die das frühmittelalterliche benediktinische Mönchtum übernahm. Es wurde Teil des Stundengebets. Erst seit Kyrill von Jerusalem (313–386 n. Chr.) wird es auch im Gottesdienst gebetet. In den orthodoxen Kirchen des Ostens wird das Gebet des Herrn vor der Brechung des Brotes gebetet, die katholischen Gläubigen beten es danach. Luther legte in der Deutschen Messe (1526) fest, dass es auf die Predigt folgen sollte.
Vor dem Abendmahl
Im Abendmahlsgottesdienst der Katholisch-apostolischen Gemeinde wurde das Herrengebet als Rüstgebet vor der „Consecration“ und damit vor dem Heiligen Abendmahl gebetet. Diese Stellung als Gebet vor dem Abendmahl hat es bis heute in den neuapostolischen Gottesdiensten behalten. Vor der Gottesdienstreform 1999 war der Wochengottesdienst ohne das „Unser Vater“, da kein Abendmahl gefeiert wurde.
3+4 = Sieben Bitten
Formal ist das Gebet in sieben Bitten aufgeteilt; die Sieben ist die Zahl der Ganzheit und Heiligkeit. Die ersten drei Bitten nach der Anrede (Du-Bitten) richten sich an Gott den Vater: Dein Name – dein Reich – dein Wille. Die letzten vier Bitten sind die Wir-Bitten und haben den schutzbedürftigen Menschen zum Inhalt: Unser Brot – unsere Schuld – unsere Versuchung – unsere Erlösung.
Am Ende steht das hebräische Wort „amen“: „So sei es; gewiss! Dieses Gebet möge sich wahrhaftig erfüllen!“ Wer dieses Amen ausspricht, ist mit dem Inhalt des Gebets einverstanden.
Foto: lagom – Fotolia