Die Gemeinde schließt, in der du dein ganzes Glaubensleben verbracht hast? „Das ist ein Schmerz!“, bricht es aus Jean-Luc Schneider heraus. Denn diese Erfahrung macht auch vor dem Stammapostel nicht halt: Wie geht er damit um?
„Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob.“ So endete das Bibelwort, mit dem Apostel Jeannot Leibfried Mitte September 2017 in der französischen Gemeinde Hoenheim diente. Es war der allerletzte Gottesdienst in dem Kirchengebäude, das 60 Jahre zuvor die Glaubensgeschwister zum Teil mit bloßen Händen aufgebaut hatten.
Legendär sind jene Tage, wo der Priester vorbeikam, den sie „Onkel Wurst“ nannten: ein örtlicher Metzger, der die freiwilligen Bauarbeiter kiloweise mit Wurstwaren verköstigte. Und zum gemeinsamen Essen wurde ein Tisch aufgebaut – genau da, wo später einmal der Altar hinkommen sollte. So berichtet es die Gemeindechronik.
Mit Wehmut in der Kirchenbank
Eine Gemeinde, nicht nur mit Geschichtchen, sondern durchaus mit Geschichte: Hier liefen die ersten Ton-Übertragungen in Frankreich. Hier dirigierte mal ein gewisser René Higelin den Chor, der spätere Bezirksapostel. Und hier wirkte bis Anfang der 90er Jahre ein Vorsteher, der zu noch höheren Weihen kommen sollte. „Ich bin in diese Gemeinde hineingeboren worden“, berichtet Jean-Luc Schneider. Hier wurde er getauft, hier hat er geheiratet, hier brachte er seine Töchter zur Taufe und erlebte ihre Konfirmation. „Das volle Programm“, sagt er.
Und jetzt die Schließung? Der Stammapostel stockt. „Das ist ein Schmerz!“, bricht es aus ihm heraus. „Das tut richtig weh.“ Klar: Der Kirchenpräsident kennt die Notwendigkeiten. Das Kirchengebäude ist sanierungsbedürftig, es gibt Sicherheitsauflagen. Doch das Wissen hilft dem Gemeindemitglied nicht viel. „Ich saß in der Bank und war wehmütig, aber auch dankbar“, berichtet er vom Abschiedsgottesdienst, den er als sehr schön empfand.
Gottes Gaben gehen nicht verloren
Und wie geht Jean-Luc Schneider mit dem Schmerz um? Auf diese Frage verweist er auf den 23. April 2017. Da feierte die Gemeinde Hoenheim ihr 60-jähriges Bestehen. Und da trauten die Glaubensgeschwister ihren Augen kaum, als überraschend der Stammapostel aus dem Ämterzimmer trat und an den Altar ging.
„Dich will ich preisen in der großen Gemeinde.“ So begann das Bibelwort aus Psalm 22,26, unter dem dieser Gottesdienst stand. Dabei erinnerte der Stammapostel an die vielen Wohltaten, die Gott in jeder Gemeinde geschenkt hat:
- Gnade: „Denken wir an die vielen Male, wo er uns unsere Fehler vergeben hat, ohne dem überdrüssig zu werden oder uns Vorwürfe zu machen.“
- Segen: „Erinnern wir uns an die großen Momente der Freude und der Brüderlichkeit, die wir miteinander geteilt haben.“
- Hilfe: „Vergessen wir vor allem die Wunder nicht, die Gott in unserer Mitte vollbracht hat.“
- Trost: „Wir haben so viel Tragisches in der Gemeinde erlebt, aber Gott hat es stets vermocht, uns zu trösten und zu stärken.“
- seine Dienerinnen und Diener, „die zu unserem Wohl beigetragen haben“.
Alle diese Gaben würden mit dem Umzug in ein anderes Kirchengebäude nicht verloren gehen. Man erfülle sein Gelübde, Gott treu zu sein, „in der großen Gemeinde“. In diesem Zusammenhang erwähnte der Stammapostel besonders die Entschlafenen: „Auch in der neuen Gemeinde werden wir von einer großen Wolke von Zeugen umgeben sein.“
Veränderungen: neu für alle
Gemeinsam war den beiden Gottesdiensten das Nachspiel – das gemeinsame Essen. Mit einem Unterschied: Im April fand es in einem Extra-Raum statt, im September in dem nun entwidmeten Kirchenschiff. „Wir haben die Bänke zusammengeschoben und richtig schön miteinander gefeiert.“
Ein Lob hat der Stammapostel für die nun fusionierte Gemeinde in Straßburg parat. „Die Brüder haben das sehr klug angestellt. Sie haben einige Dinge anders gemacht als bisher. Und so war die Gemeinde dann für alle neu.“