Die kulturelle Vielfalt in neuapostolischen Gottesdiensten ist um eine Facette reicher: Die Gemeinden in Luxemburg können die Liturgie in ihrer Muttersprache feiern – den Anstoß dazu hat quasi die Landesregierung gegeben.
„Am Numm vu Gott, dem Papp, dem Jong an dem Hellege Geescht“ – so beginnen nun die Gottesdienste in den neuapostolischen Gemeinden Esch/Alzette, Lamadelaine-Differdange, Luxembourg-Ville und Wiltz. Bislang wurde der trinitarische Eingang sowie die weiteren liturgischen Texte in Deutsch gesprochen. Dies hat sich im Juli 2023 geändert.
Luxemburgisch seit 1984 die Landessprache Luxemburgs. Neben Französisch und Deutsch wird die Sprache als Verwaltungs- und Justizsprache genutzt. Sie ist eine Mischsprache, die aus rund 1000 Jahren Mehrsprachigkeit in dem Land hervorgegangen ist.
Sprachen im Wechsel
Predigt und Gebete werden in dem Land bereits seit Ende der 1990er Jahren in Luxemburgerisch gesprochen. Im Sakramentsteil kam es indes zum Sprachwechsel. Denn sowohl das „Unser Vater“ als auch die Freisprache und Aussonderung beim Heiligen Abendmahl wurden wiederhin in Deutsch gesprochen.
Der Grund dafür war einfach: Bis vor einiger Zeit gab es keine einheitliche luxemburgische Schreibweise. Und für manche Wörter fehlten sogar verbindliche Übersetzungen. Dass sich das nun geändert hat, liegt an staatliche Aktivitäten.
Verbindliche Übersetzungen veröffentlicht
Im Herbst 2022 veröffentlichte die Regierung von Luxemburg erstmals ein Lexikon für die Landessprache, das von Sprachwissenschaftlern erstellt wurde und unter lod.lu auch online abrufbar ist. Dies nahm die Neuapostolische Kirche zum Anlass, die Liturgie für die Gottesdienste in die Landessprache zu übersetzen.
Zuständig war eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Evangelist Alain Clement (Bezirksvorsteher von Luxemburg), Evangelist Clément Wampach und Apostel i. R. Clément Haeck. Sie beschäftigten sich intensiv mit den Texten, unter anderem aus den beiden zurzeit bestehenden luxemburgischen Versionen der Bibel. Die Bibel liegt jedoch nicht komplett in Landessprache vor und die anderen Kirchen verwenden bislang keine einheitlichen Übersetzungen. Zusätzlich wurde eine Sprachwissenschaftlerin hinzugezogen, die die Texte überprüfte und zur Verwendung freigab.
Die richtigen Worte finden
Eine zusätzliche Herausforderung war, dass für bestimmte Begriffe Alternativen gefunden werden mussten, denn das Wort „vergeben“ gibt es auf luxemburgisch ebenso wenig wie „Heiliges Abendmahl“. Aus „Schuld vergeben“ wurde schließlich „Schuld nachlassen“ im Sinn von „erlassen“.
„Für den Begriff des Heiligen Abendmahls haben wir keine Alternative“, berichtet Apostel i.R. Haeck. So verständigte man sich schließlich, den Begriff in die Landessprache zu übernehmen. Nun wird vom „Hellegen Abendmahl“ gesprochen. Gleichzeitig stellte die Kirche den Antrag bei den Sprachwissenschaftlern des Landes, den Begriff „Abendmahl“ in das Lexikon zu übernehmen. „Sprache muss ja auch leben und sich weiterentwickeln“, meint Apostel Haeck.
Einführung im Juli 2023
Eingeführt wurde die neue Liturgie am Mittwoch nach dem Gottesdienst von Bezirksapostel Rainer Storck in Luxemburg am 23. Juli 2023. Zuvor hatten Einführungsveranstaltungen für die Amtsträger und Gemeindemitglieder stattgefunden.
So erklingt sei diesem Gottesdienst das gemeinsam gesprochene „Unser Vater“ auf luxemburgisch. Und die Gottesdienste enden seitdem mit dem Schlusssegen: „D’Gnod vun eisem Här Jesus Christus, d’Léift vu Gott an d’Gemeinschaft vum Hellege Geescht sief mat iech all. Amen.“ (2. Kor 13,13).
Der für Luxemburg zuständige Bischof Pascal Strobel freut sich über die Entwicklung: „Die Nutzung der Muttersprache kann unter anderem unseren Jüngsten wie auch unseren Gästen einen besseren Anschluss an das Gottesdienstgeschehen geben.“
Die Arbeit geht weiter
Die Tätigkeit der Arbeitsgruppe ist jedoch noch nicht beendet: Nun geht es daran, auch die weiteren liturgischen Texte zu besonderen Anlässen zu übersetzen. „Wir beschäftigen uns nun mit der Aussegnung bei Trauerfeiern, den Texten zur Heiligen Wassertaufe sowie den Formulierungen bei Segenshandlungen“, berichtet Apostel i.R. Haeck.
Und selbst wenn das fertig ist, sind die Gottesdienste noch nicht ganz Luxemburgisch. Denn weil es an einer kompletten und allgemein anerkannten Bibelübersetzung fehlt, gelten allein die Übersetzungen „Luther 2017“ (Deutsch), „Louis Segond“ (Französisch) und “New King James“ (Englisch) als verbindlich für die Gottesdienste und am Altar.
Foto: NAK Westdeutschland