Echt jetzt, Leonardo? Brötchen? Was Da Vincis berühmtes Gemälde beim letzten Abendmahl serviert, das passt nicht so ganz ins historische Bild. Dabei ist die Sache mit dem Abendmahlsbrot schon verzwickt genug – ein Streifzug.
So viel ist gewiss: Alltagsbrot kam in der Antike bei den Christen auf den Tisch des Herrn – in Kranzform oder als Zopf, zumeist aber der Rundlaib mit Kreuzkerben. „Panis quadratus“ hieß das Gebäck, der vier Einschnitte auf der Oberseite wegen.
Der Wandel kam langsam und in Form von harten, flachen Brotfladen: erst in der syrischen Kirche, dann in der armenischen und schließlich in der lateinischen Kirche – im fünften, sechsten beziehungsweise neunten Jahrhundert. Den Durchbruch im künftig römisch-katholischen Westen brachte 819 der Erzbischof Hrabanus Maurus.
Als führender Kopf der karolingischen Renaissance hatte der Universalgelehrte ein besonderes Augenmerk auf die Bibel. Dort fand er sein Rezept für das korrekte Abendmahlsbrot. Doch die künftig orthodoxe Ostkirche blieb bei den altbewährten weichen Brotlaiben – und konnte sich ebenfalls auf die Heilige Schrift berufen. Wie kann das sein?
Eine Frage des Zeitpunktes
Alles hängt davon ab, auf welchem Tag man das letzte Abendmahl Jesu datiert. Die Evangelien nach Markus, Matthäus und Lukas nennen den Vorabend des jüdischen Passahfestes. Und beim Passahmahl wäre auf jeden Fall ungesäuertes, also flaches, hartes Brot gereicht worden. Das sollte an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten erinnern. Denn der Exodus war so eilig gewesen, dass keine Zeit mehr geblieben war, einen Sauerteig anzusetzen.
Das Johannes-Evangelium setzt das Abendmahl hingegen mindestens einen Tag früher an. Dann wäre das fluffigere, fermentierte Brot serviert worden. Auch die Hilfsargumente finden sich im Neuen Testament. Mal spricht der griechische Grundtext allgemein vom Brot (artos), dann wieder ausdrücklich vom Fest der ungesäuerten Brote (azymon). Mal vergleicht Jesus den Sauerteig mit etwas Gutem (Himmelreich), mal mit Schlechtem (Irrlehre).
Eine ganze Weile kamen Azymiten und die Prozymiten leidlich miteinander aus. Doch je mehr sich Ost- und Westkirche um die Vormachtstellung im Christentum stritten, umso mehr hauten sie sich die Brotkanten um die Ohren. Am Ende schmissen sich die Wortführer beider Seiten gegenseitig aus der Kirche raus. So entwickelte sich im elften Jahrhundert das „Große Schisma“, die Spaltung in katholische und orthodoxe Kirche.
Eine Frage des Umgangs
Im Westen gab’s schon bald wieder etwas Neues: Der Brotfladen wich einem noch flacheren Gebäck, der Oblate (lateinisch: oblata = dargebracht) – ein einfacher Brotteig aus Wasser und Mehl, gebacken wie eine Waffel, aber auf jeden Fall ohne Treibmittel, also ungesäuert. Der große Vorteil: Dieses Backwerk zerbröselt nicht so leicht und macht so den würdevollen Umgang mit dem Leib Christi einfacher.
Hostie heißt das Ergebnis bis heute. Das lateinische hostia bezeichnete ursprünglich das zum Schlachten bestimmte Opfertier und wurde zunächst auf Jesus Christus selbst angewandt. Bei den Kirchenvätern war es der Überbegriff für die beiden Abendmahlselemente Brot und Wein. Erst seit dem neunten Jahrhundert ist damit allein das Abendmahlsbrot gemeint.
So entwickelte sich bis heute eine bunte Vielfalt an Broten, zum Teil sogar innerhalb einzelner Konfessionen: Protestanten reformierter und unierter Ausprägung verwenden eher Weißbrot aus Brotteig mit Treibmitteln. Die lutherischen Protestanten nutzen hingegen ungesäuertes Backwerk – ebenso wie die Anglikanische Kirche und die Neuapostolische Kirche.
Brot, das macht nur das halbe (Abend-)Mahl. Und wie steht es um die andere Hälfte? Dazu schenkt die nächste Folge dieser Serie reinen Wein ein.
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