Sie begann als einfaches Tischgebet und entwickelt sich zu einer reichen Kultur an Ausdrucksformen: die Feier des Abendmahls. Woher das kam und wohin das führt – Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
Weder ein Drehbuch zum Ablauf noch Rezepte für die Zutaten hat Jesus hinterlassen. Doch in Erinnerung an ihn haben Christen von Anfang an gemeinsam gebetet und gegessen. Erst später zitierten sie dabei seine Worte vom letzten Abendmahl. Der erste Schritt auf einem langen Weg …
Und das ist daraus geworden: Loblieder, Bußhandlung, Zuspruch der Vergebung, Danksagung an Gott-Vater, Wortverkündigung, Glaubensbekenntnis, Fürbitte, Vorbereitung von Brot und Wein, Einsetzungsworte, Gedächtnis an Jesu Wirken, Anrufung des Heiligen Geistes, Hingabe der Gläubigen, Hinweis auf die Gemeinschaft, Gebet um die Wiederkunft Jesus, Gebet des Herrn, Zeichen des Friedens, Teilen des Brotes, Essen und Trinken, Lobpreis, Segen und Sendung. Diese Sammlung von Abendmahls-Riten findet sich in der berühmten Lima-Erklärung von 1982, dem bislang weitreichendsten Dokument ökumenischer Annäherung.
Eine Tradition macht den Anfang
Mutter diese Entwicklung ist die „Traditio Apostolica“, die erste Kirchenordnung mit klaren Ansagen zu Amt und Sakrament. Mitte des dritten Jahrhunderts definiert sie, was zum Abendmahlsgebet gehört: die Anrufung Gottes, des Vaters (Anaklese), das Gedenken an Tod, Auferstehung und Himmelfahrt Jesu (Anamnese), die Bitte um die Wirksamkeit des Heiligen Geistes (Epiklese) und der abschließende Lobpreis (Doxologie).
Bis spätestens zum siebten Jahrhundert kommen weitere Gebete hinzu – allen voran das „Unser Vater“ als das Gebet des Herrn, aber auch das „Sanctus“, das das Dreimalheilig aus Jesaja und das Hosianna aus den Psalmen kombiniert. Nur im römischen Einflussbereich durchsetzen kann sich das „Agnus Dei“ (Lamm Gottes). So gehen der katholische Westen und der orthodoxe Osten bald eigenen Wege.
Protestanten sortieren aus
Die Reformation bringt keine neuen Riten, sondern eher deren Reduzierung. Die werdende evangelische Kirche übernimmt viel von der katholischen Kirche, lässt aber weg, was nicht zu ihrer Lehre passt. Dazu gehört zum Beispiel die große Zelebrationshostie, die für die Gemeinde sichtbar zerteilt wird, um den Akt des Brotbrechens in der Liturgie abzubilden.
Derlei Schauspiele lehnen die Protestanten als priesterzentrierten Kult ab. Dahinter stehen gleich zwei theologische Streifragen: zum einen, ob es ein Priestertum als Heilsvermittler überhaupt braucht, zum anderen, ob sich im Abendmahl das Opfer Christi stets wiederholt und sogar die Gemeinde selbst ein Opfer darbringt.
„Im Heiligen Abendmahl sind nicht nur Leib und Blut Christi gegenwärtig, sondern auch das Opfer Jesu Christi selbst ist wirklich gegenwärtig“, bekennt sich die Neuapostolische Kirche in ihrem Katechismus (KNK 8.2.13): „Doch ist es nur einmal gebracht worden und wird im Heiligen Abendmahl nicht wiederholt.“
Von katholisch zu evangelisch
Kaum denkbar ist vor dem Hintergrund der Opfer-Frage für Protestanten die Praxis von Katholiken, die Kollekte durchzuführen, während Brot und Wein zum Altar gebracht und dort vorbereitet werden. Für die einen gibt es nur ein Opfer, das zählt – das Opfer Jesu Christi. Und die anderen wollen die Sammlung nicht als profanen Obolus sehen, sondern als Opfergabe an Gott. So hat das Geld das ursprüngliche Mitbringen von Brot und Wein ersetzt.
Von der katholischen Praxis scheint die Neuapostolische Kirche mit ihren Opferkästen weit entfernt. Doch genau da kommt sie her: „Darbringung der Zehnten und Opfer“ findet sich zum Beispiel in der sogenannten Wachmann-Liturgie (Mitte der 1890er Jahre) kurz vor der Aussonderung. Wann genau diese Praxis aufgeben wurde, ist unklar. Ein leiser Nachhall hielt es allerdings zumindest im Deutschen bis zur Liturgie-Reform 2011 in der Aussonderungsformel: „… und lege auf das Dargebrachte …“
In der Zusammenschau fällt auf: Die orthodoxen, katholischen, evangelischen und anglikanischen Kirchen kennen alle ein Hochgebet nach dem Muster der „Traditio Apostolica“. Die daraus hervorgegangenen Kirchen gehen freier mit der Gestaltung des Abendmahls um. Drei Elemente finden sich aber im Prinzip überall, wenn auch in unterschiedlicher Abfolge: das Vaterunser, die Einsetzungsworte und Dankgebete.
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