Hier Eucharistie – dort Abendmahl. Hier der Amtsträger an Christi statt – dort das Priestertum aller Gläubigen. Hier die Wandlung – dort das Hinzutreten von Leib und Blut des Herrn. Hier Christus – dort Symbol. Zwar wird das Abendmahl in allen Kirchen gefeiert, doch überall unterschiedlich.
Vieles erschwert gemeinsames Feiern. Versuche, den Abendmahlsritus zu vereinheitlichen, hat es immer wieder gegeben. Ein Schlüsseldokument für die ökumenischen Kirchen ist die „Lima-Erklärung “ von 1982. Schon damals war klar, dass es drei große Fragestellungen gibt, in denen die Kirchen auseinander gehen: Taufe, Eucharistie und Amt. Daran hat sich bis heute wenig geändert, allein im Taufverständnis sind sich die Kirchen nähergekommen.
Beim Abendmahl gibt es nach wie vor weit voneinander entfernte Positionen. Die Lima-Erklärung bringt deshalb nur einen kleinen gemeinsamen Nenner zu Papier: Die Eucharistie sei eine Danksagung für das Opfer Christi. Im Sakrament feiere der Christ die Gemeinschaft mit Christus, mit seiner Kirche und untereinander. Das Sakrament solle jeden Sonntag gefeiert werden und brauche festgelegte, biblische Liturgietexte. Zuletzt wird die Hoffnung ausgedrückt, dass „ein größeres Maß an eucharistischer Gemeinschaft“ möglich werden könnte.
Ökumene nach heutigem Verständnis – also die versöhnte Akzeptanz im Blick auf die unterschiedlichen Profile – befruchtet die Diskussion um ein gemeinsames Abendmahlsverständnis. Der Blick über den Tellerrand ist jedoch auch schmerzhaft. Gläubige Kirchenmitglieder beklagen öffentlich, dass es nicht weitergehe in dieser elementaren Frage, und die Kirchenleitungen reagieren mit theologischen Erklärungen, warum nicht zusammenkommt, was zusammengehört. Denn eigentlich, so eine weit verbreitete Annahme, ist das Abendmahl ein Gemeinschaftsmahl der Christen in Erinnerung an ihren Herrn und Heiland Jesus Christus.
Interkonfessionelle Gastfreundschaft
Ja, das ist es – aber es ist auch noch so viel mehr. Und auf dieses „mehr“ legen die Konfessionen unterschiedliche Gewichte, denn interkonfessionelles Abendmahl gibt es schon, zumeist allerdings in der eigenen Konfessionsfamilie. Der Sprung über den Kirchenzaun hinein in andere Konfessionsfamilien ist für die meisten Kirchen noch zu weit und theologisch nicht vertretbar. Ein gemeinsamer Schritt ist immerhin die vorübergehende Einladung, die „eucharistische Gastfreundschaft“: Mitglieder anderer Konfessionen nehmen gastweise am Abendmahl teil.
Dies ist auch das Muster der Neuapostolischen Kirche: „Wenngleich in der Regel nur neuapostolische Christen das Heilige Abendmahl empfangen, kann auch formgerecht getauften Christen der gastweise Zugang zum Heiligen Abendmahl gewährt werden. Es sollte ihnen deutlich gemacht werden, dass es sich beim Heiligen Abendmahl um ein Bekenntnismahl zum gestorbenen, auferstandenen und wiederkommenden Gottessohn handelt“ (KNK 8.2.21 ).
Anderswo gibt es eine „offene Kommunion“, an der alle rite getauften Christen aller Konfessionen teilhaben dürfen – so festgehalten etwa in der Lambeth-Erklärung der Anglikanischen Kirche oder der Arnoldshainer Erklärung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELK). Christus selbst lade zum Abendmahl ein, heißt es dort, und die Kirchen seien deshalb nicht berechtigt, Getaufte auszugrenzen. Evangelische Christen haben also keine grundsätzlichen Bedenken, in anderen Konfessionen am Abendmahl teilzuhaben. Allerdings wird ihnen empfohlen, nur dann zu kommunizieren, wenn der jeweilige Priester und die Gemeinde keine Einwände haben.
Viele Freikirchen kennen das „halboffene Abendmahl“: Die Teilnehmenden müssen an Jesus Christus als Herr und Heiland und an sein Schuldopfer glauben. Dann spielt die konfessionelle Bindung keine Rolle.
Interzelebration
Echte Abendmahlsgemeinschaften, also eine Konzelebration oder die Interzelebration, bei der Amtsträger verschiedener Konfessionen gleichberechtigt das Abendmahl spenden, gibt es selten, denn dafür braucht es die volle Kirchengemeinschaft. Das ist etwa bei Kirchen der Fall, die sich auf ein entsprechendes gleiches Bekenntnis gründen, wie zum Beispiel die Kirchen im Lutherischen Weltbund. Auf katholischer Seite besteht eine solche Kommunionsgemeinschaft zwischen der Römisch-katholischen Kirche einerseits und den unierten Ostkirchen andererseits.
Ein Spezialfall ist die so genannte Leuenberger Konkordie aus 1973, weil sie eine Abendmahlsgemeinschaft in verschiedenen Konfessionen möglich macht. Danach haben die meisten lutherischen, reformierten und unierten evangelischen Kirchen in Europa eine Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Auch die Altkatholiken nach dem Utrechter Bekenntnis und die Anglikaner sind ein Sonderfall, weil auch sie mittlerweile die Interzelebration kennen.
Neue alte Wege
Wie das alles in der Realität aussieht, steht aber noch einmal auf einem anderen Blatt. Bis in die jüngste Zeit wird deutlich, dass die konfessionellen Wünsche auseinandergehen. Für die einen ist der Abendmahlsempfang das Allerheiligste im Glaubensverständnis und eine nicht-veränderbare Tradition, für andere eher ein gastfreundlicher Akt des Entgegenkommens und damit Ausdruck christlicher Nächstenliebe. Das Thema der Interkommunion wird also den Kirchen noch eine Weile erhalten bleiben.
Ökumene versucht, den unterschiedlichen Verständnissen wohlwollend zuzuhören und gemeinsame Sichtweisen auszuloten. Sie ist von daher kein Motor für Reformvorschläge, bringt aber Möglichkeiten für gemeinsame Aktionen zum Vorschein, zum Beispiel dem Agape-Mahl, an dem sich viele Konfessionen ohne Verlust von Tradition beteiligen können.
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