Es sieht aus wie sonst auch: Apostel spenden Sakramente – diesmal an zwei beteiligte Amtsträger – die Gemeinde steht und betet schweigend mit. Und doch, dieser Moment ist hochfeierlich und berührt die Gläubigen seit Generationen.
Die Rede ist vom Entschlafenensonntag in der Neuapostolischen Kirche. Dreimal im Jahr feiern neuapostolische Christen einen Gottesdienst, der weltweit in allen Gemeinden als Gedenktag für Verstorbene gefeiert wird. Gestorbener Angehöriger zu gedenken, das gibt es in allen Kirchen – mehr oder weniger ausgeprägt. Es handelt sich um eine uralte Glaubenspraxis. Insofern ist die neuapostolische Praxis gewohnt christlich.
Doch es gibt eine spezielle Variante dazu: Dort, wo der Stammapostel oder der jeweilige Bezirksapostel den Gottesdienst leiten, findet neben dem bloßen Gedenken die Spendung der drei neuapostolischen Sakramente statt – Heilige Wassertaufe, Heilige Versieglung und Heiliges Abendmahl.
Erweiterte Liturgie
Der Gottesdienst an diesen drei Entschlafenensonntagen beginnt in allen Gemeinden zunächst wie gewohnt: Gebet, Gesang, Predigt, Feier des Heiligen Abendmahls. Doch dann wird die Liturgie um ein wesentliches Element erweitert: Ein Fürbittgebet wird eingelegt.
Im Kern dieses Gebetes steht der Dank, dass die Kraft des Opfertodes Jesu Christi bis ins Jenseits reicht. Wer an Jesus Christus glaubt, dem werden Gnade und Heil geschenkt und durch die Hinnahme der Sakramente geschieht der Zugang zur Gemeinschaft mit dem Herrn.
Zu dem Gebet gehört auch die Fürbitte für Entschlafene: Die neuapostolischen Christen beten dafür, dass unerlöste Verstorbene das Heil in Christus finden. Die Gemeinde ist insofern daran beteiligt, dass sie die Fürbitte im stillen Gebet mitträgt. Umrahmt ist dieses Gebet häufig von musikalischen Beiträgen zur Einstimmung und Besinnung auf das Geschehen.
Unter Apostelhand
Die Sakramentsspendung kommt hinzu, wenn der Stammapostel oder der jeweilige Bezirksapostel in der Gemeinde ist. Er betet nicht nur, er handelt auch. An 49 Sonntagen im Jahr feiern diese Apostel das Heilige Abendmahl für die Entschlafenen – an drei Sonntagen im März, Juli und November kommen die anderen beiden Sakramente Wassertaufe und Versiegelung noch hinzu.
Auch das geschieht auf einfache und bedachtsamer Weise: Zwei Amtsträger stellen sich vor den Apostel, der ihnen stellvertretend die Sakramente spendet – in der gleichen Form wie für die Lebenden. Weissagungen finden nicht statt: Weder werden die Stellvertreter prophetisch gerufen noch bestimmte Empfänger durch Gesichte und Vision benannt.
Außen ruhig, innen bewegt
So „sachlich“ das Geschehen wirkt, so emotional nimmt die Gemeinde daran Anteil. Die dargebotenen Lieder und Musikstücke tun ihr Übrigens: Die Gemeinde ist sensibilisiert für das Besondere an diesen Gottesdiensten. Schließlich wurde sie bereits am Sonntag zuvor darauf eingestimmt.
Eine Beschreibung der Liturgie steht als PDF zur Verfügung.
Soweit die heutige Praxis im Umgang mit der sakramentalen Handlung für Verstorbene. Der Katechismus der Neuapostolischen Kirche gibt darüber ausführlich Aufschluss. In der nächsten Folge dieser Serie geht es um das Totengedenken anderer Konfessionen – und seinen gelegentlichen sakramentalen Zusammenhang.
Foto: Frank Schuldt