Gemeinsam waren sie stark. Doch ihr Gegeneinander hat die Kirche zur Spaltung geführt: Stammapostel Hermann Niehaus und Apostel Carl August Brückner, der heute vor 75 Jahren gestorben ist.
Eigentlich hatte die Geschichte gut begonnen: Mit Stammapostel Niehaus und Apostel Brückner, dem Leiter des Apostelbezirks Dresden (Deutschland), zogen Anfang des 20. Jahrhunderts zwei ausgemachte Führungspersönlichkeiten an einem Strang und brachten die Kirche voran.
Die Dresdner Satzung von 1906 machte den Begriff „neuapostolisch“ erstmals amtlich. Das publizistische Zentralorgan „Neuapostolische Rundschau“ entstand ab 1909 in Leipzig. Und in den Jahren drauf vertraute die Apostelversammlung gewichtige Aufgaben gleich reihenweise der rechten Hand des Stammapostels an: von der Organisation des Kassenwesens bis zu den Plänen für einen Katechismus.
Ein harter Bruch
Doch am 17. April 1921 klang das plötzlich alles ganz anders: „Schmerzerfüllt gebe ich Euch Folgendes bekannt“, schrieb Stammapostel Niehaus, „Herrn Carl August Brückner von dem Amte als Apostel zu entsetzen und aus der Neuapostolischen Gemeinde auszuschließen“. Was war da nur passiert?
Die beiden Männer hatten sich auseinanderentwickelt: Apostel Brückner hatte weiterhin und nicht weniger neue Ideen, die Kirche im Wandel zu gestalten. Doch in den aufgewühlten Zeiten nach dem Ersten Weltkrieg war der Stammapostel vor allem auf eins bedacht: Ruhe und Beständigkeit.
Das allein hätte die Gefährten vielleicht nicht auseinandergebracht. Doch hier wie da beschleunigten Wegbegleiter – maßgebliche Redakteure einerseits und eine Gegenbewegung im Apostelkreis andererseits – das Auseinanderdriften bis hin zur Auseinandersetzung.
Und am Ende prallten sie aufeinander – die beiden ausgemachten Führungspersönlichkeiten.
Mit Apostel Brückner verließen rund 90 Amtsträger und 6000 Gemeindemitglieder die Neuapostolische Kirche. Sie gründeten 1924 den Reformiert-Apostolischen Gemeindebund, der 1994 in der Apostolischen Gemeinschaft (AG) aufging.
Versöhnung nach 96 Jahren
Die Folge war eine lange Zeit der Stille, Enttäuschung und Verbitterung. Ganz abgerissen ist der Faden nicht. Und zuletzt schafften die langjährigen offiziellen Gesprächsrunden zwischen Aposteln der Neuapostolischen Kirche und der Vereinigung Apostolischer Gemeinden (VAG) den Durchbruch: Der Versöhnungsgedanke gewann Oberhand und wurde zum Leitmotiv der gemeinsamen Gespräche.
1921 gingen sie auseinander – 2017 fanden sie wieder zusammen: Das versöhnliche Miteinander war Kernstück der Versöhnungsandacht zwischen Apostolischer Gemeinschaft und Neuapostolischer Kirche.
Die rund 150 Zuschauer bekamen die bereits unterzeichnete Versöhnungserklärung ausgehändig; „Gemeinsam begrüßen wir es, dass mit dieser Erklärung ein weiteres Kapitel gemeinsamer Geschichte befriedet und abgeschlossen werden kann.“