Vorbeugung, Aufklärung, Aufarbeitung – das sind die Fronten im Kampf gegen Missbrauch und Übergriffe. Dabei unterstützt die Neuapostolische Kirche auch Mitstreiter außerhalb der eigenen Reihen. Das zeigte jüngst die Gebietskirche Süddeutschland.
„Starke-Kinder-Kiste“ heißt das Set. Es dient dazu, dass sich Kinder im Vorschulalter, „spielerisch mit dem eigenen Körper, Gefühlen und dem Umgang mit Grenzen auseinandersetzen“, erläutert Jérôme Braun. Er ist Geschäftsführer der deutschen Kinderschutzstiftung „Hänsel + Gretel“ aus Karlsruhe. Die Kinder „werden gestärkt und lernen, sich selbst zu behüten.“
Nicht nur in den Kindergärten ist die Stiftung im Einsatz, sondern auch in den Grundschulen: „Echt Klasse“ heißt das Programm, das Kinder frühzeitig und spielerisch damit vertraut machen will, wie sie Missbrauch erkennen und sich davor schützen können.
Alle Altersstufen sensibilisieren
Rund 25.000 Kinder konnte „Hänsel + Gretel“ mit der „Starke-Kinder-Kiste“ erreichen, etwa 60.000 mit „Echt Klasse“. Und es sollen noch viel mehr werden. Um das zu ermöglichen hat „human aktiv“, das Hilfswerk der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland, im vergangenen Monat eine Spende in Höhe von 20.000 Euro überreicht.
Das ist nur eine weitere Station in der langjährigen Zusammenarbeit. Über die Jahre sind mehr als 150.000 Euro an Spendengeldern geflossen. „Die Sensibilisierung für das Thema Grenzverletzungen und die Prävention halte ich für äußerst wichtig, und zwar für alle Altersstufen“, betont Bezirksapostel Michael Ehrich. Doch darauf ist das Engagement seiner Gebietskirche längst nicht beschränkt.
Selbstverpflichtung und Führungszeugnis
„Konzeption Achtsamkeit“ nennt die Neuapostolische Kirche Süddeutschland ihr Prinzip, Verantwortliche auf allen Ebenen für die Gefahrenaspekte in Sachen Missbrauch zu sensibilisieren. Zu den Präventionsmaßnahmen dort zählt seit rund vier Jahren eine schriftliche Selbstverpflichtung sowie die Abgabe eines erweiterten Führungszeugnisses (EFZ). Das gilt für alle Amtsträger sowie Lehrkräfte und Betreuer von Kindern und Jugendlichen.
Ein externer Rechtsanwalt prüft das EFZ auf etwaige Einträge auf der Grundlage des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Gibt es einen Eintrag wegen sexueller Übergriffe, informiert er darüber ausschließlich den Bezirksapostel. Dieser sorgt dafür, dass die betreffende Person innerhalb der Kirche keine Aufgabe mehr erfüllt, bei der sie mit Kindern und Jugendlichen Kontakt hat.
Kirchenleitung zeigt Null-Toleranz
Ähnlich wie diese Gebietskirche hat auch die Neuapostolische Kirche Afrika-Süd ihr Präventionsprogramm in der internationalen Bezirksapostel-Versammlung vorgestellt: Die seit Mai gültige Richtlinie zieht den Rahmen für den Umgang „mit jeglicher Form von sexuellen Fehlverhalten“ durch Amts- oder Funktionsträger. Sie legt Verantwortlichkeiten fest, beschreibt Präventionsmaßnahmen, installiert Verfahren für Verdachtsfälle und skizziert die Seelsorge für Betroffene.
Dabei arbeitet die Gebietskirche eng mit Fachleuten aus allgemein anerkannten Organisationen zusammen. Ob ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden soll, haben allein die Opfer zu entscheiden. Fälle von sexuellem Fehlverhalten bei Minderjährigen werden gemäß südafrikanischem Recht immer an die Polizei gemeldet.
Die Kultur des Ignorierens und Verschweigens sei leider sehr weit verbreitet, stellte Bezirksapostel John Kriel seinerzeit fest. „Wir müssen nicht nur etwas tun – die Leute müssen auch wissen, dass wir etwas dagegen tun!“, betonte er. Und Stammapostel Jean-Luc Schneider bekräftigte: „Die Menschen, unsere Gemeinden und alle Glaubensgeschwister sollen hören, dass die Neuapostolische Kirche sexuellen Missbrauch nicht toleriert!“
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