„Komm herüber nach Mazedonien“ – Diesem Ruf aus der Apostelgeschichte 16,9 folgt am 8. März 2015 auch Stammapostel Jean-Luc Schneider. Dann trifft er auf eine kleine, aber freudige Gemeinschaft mit wechselhafter Geschichte und auf Glaubensgeschwister, die zum Teil in bitterer Armut leben.
Die Geschichte der Neuapostolischen Kirche in Mazedonien beginnt im Prinzip mit einem Gottesdienst in einem Wohnhaus. Das berichtet Bischof Georg Kaltschmitt, der rund 18 Jahre lang im Auftrag der Gebietskirche Süddeutschland die Gemeinden in dem Land seelsorgerisch betreut hat: Eine heute hochbetagte Slowenin hatte nach Mazedonien geheiratet und den neuapostolischen Glauben aus ihrer Heimat mitgebracht.
Flucht und Heimkehr
Zwar hatte es schon 1958 einige wenige Kirchenmitglieder in der Hauptstadt Skopje gegeben, die von Amtsträger aus Belgrad und Österreich versorgt worden waren. Doch als Anfang der 1990er Jahre das frühere Jugoslawien zerfiel und die damalige Gebietskirche Württemberg die Betreuung übernahm, eröffneten sich neue Möglichkeiten für die Missionsarbeit.
Zulauf erhielt die Neuapostolische Kirche zunächst von mazedonischen Roma. Angehöriger der ethnischen Minderheit waren vor dem Balkankrieg geflohen – ähnlich wie ein Jahrzehnt später vor bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Land. Als Asylbewerber kamen sie auch nach Deutschland und hier mit dem neuapostolischen Glauben in Berührung, so Bischof Kaltschmitt.
Armut und Gastfreundschaft
Die meisten Flüchtlinge wurden jedoch nach einigen Jahren abgeschoben. Die Heimkehrer bildeten den Grundstock der Gemeinden Stip, Sveti Nikole, Prilep und Bitola. Für ihre Lebensverhältnisse findet der Bischof nur zwei Worte: „bittere Armut“. Etwa 90 Prozent der mazedonischen Roma sind nach offiziellen Angaben arbeitslos. Besonders bestürzt hat Georg Kaltschmitt manche Wohnsituation: „Es gibt bei uns komfortablere Hühnerställe als dort viele Behausungen.“ Ganze Lastwagen-Ladungen an Hilfsgütern wie Bekleidung oder Möbel haben Kirchenmitglieder vor diesem Hintergrund in das Land gebracht.
Der Bischof erinnert sich noch gut an die Gottesdienste der frühen Jahre: Räume, kaum zwölf Quadratmeter groß, drei Dutzende Glaubensgeschwister auf dem Boden sitzend, ein Tischlein für die Bibel. Aber auch von einer überbordenden Gastfreundschaft weiß er zu berichten. „Die Leute haben für eine Bewirtung oft ihr letztes Geld ausgegeben, dabei wollten wir mit ihnen doch nur über den Glauben reden.“
Zum dritten Mal ein Stammapostel
Im Laufe der Zeit fand der neuapostolische Glaube auch Anklang bei weiteren slawischen Mazedoniern. Sie sind heute vor allem in den Gemeinden Skopje und Prilep zu Hause. Knapp 400 Mitglieder, betreut von 16 einheimischen Seelsorgern, zählt die Neuapostolische Kirche derzeit in dem Land. Seit 2006 haben sie einen örtlichen Bezirksältesten: Stojan Manevski, den früheren Bürgermeister der 7700-Einwohner-Kommune Čaška.
Manche der Glaubensgeschwister erleben mit dem Besuch von Stammapostel Schneider den dritten Gottesdienst ihres Kirchenleiters vor Ort. Denn vor ihm besuchte 2009 bereits Stammapostel Wilhelm Leber das Land. Und als erster Stammapostel kam Richard Fehr im Jahr 2003 nach Mazedonien. Er diente mit dem Bibelwort aus Apostelgeschichte 16,9: „Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!“
Stichwort: Mazedonien
Die Republik Mazedonien ist eine kleines Land in Südosteuropa mit rund zwei Millionen Einwohner. Mazedonien war ab 1946 offiziell südlichste Teilrepublik des sozialistischen Jugoslawien und rief 1991 seine Unabhängigkeit aus. Das Land hat eine der schwächsten Volkswirtschaften Europas und hat mit hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen.
Die Mazedoniern stellen 64 Prozent der Gesamtbevölkerung. Daneben gibt es eine große Minderheit an Albanern (25 Prozent) sowie kleinere Minderheiten zum Beispiel von Türken (3,85 Prozent), Roma (2,66 Prozent) und Serben (1,78 Prozent).
Bei der jüngsten Volkszählung von 2002 machte fast die Hälfte der Bevölkerung keine Angaben zu ihrer Konfession. Die zweitgrößte Gruppe bildeten mit etwa 32,4 Prozent die orthodoxen Christen, von denen die Mehrheit der Mazedonisch-Orthodoxen Staatskirche angehört. Zum Islam bekannten sich 16,9 Prozent. Laut Schätzungen gehörten 5 Prozent anderen Religionsgemeinschaften an.