Plötzlich in der Verantwortung – und in Nöten: Das hat Hendra Tansahsami immer wieder erlebt. Als Bezirksapostel hat er die beiden neuapostolischen Schwesterkirchen in Indonesien zusammengeführt – der Rückblick zum 100. Geburtstag.
Es war eine Familie von Suchenden, in die Tan Bian Sing, so sein ursprünglicher Name, am 19. April 1921 im damaligen Niederländisch-Ostindien hineingeboren wurde. Der Vater forschte ausschließlich in der Bibel, die Mutter besuchte Gottesdienste unterschiedlicher Konfessionen. Und er selbst, der jüngste Sohn, gehörte ein rundes Jahr zur Heilsarmee. Allesamt fanden sich am Ende in der Neuapostolischen Kirche wieder.
Diakon, Ältester, Bezirksapostel
Es wirkt wie ein Prolog, was da im Sommer 1947 passierte: Tan Bian Sing wurde zum Diakon ordiniert. Und schon am nächsten Sonntag stand er allein am Altar vor der Gemeinde. Denn der Vorsteher, ein Soldat, war kurzfristig versetzt worden.
Die Geschichte wiederholte sich: 1951 reiste er als Bezirksältester zum Stammapostel nach Deutschland und kehrte als Bezirksapostel zurück. Was Tan Bian Sing in der Heimat vorfand, waren gerade noch drei Gemeinden – das Ende einer langen Geschichte und der Anfang eines ganz neuen Kapitels.
International in den Großstädten
Diese Gemeinden gingen auf Frederik Lodewijk Anthing zurück, einem erfolgreichen Missionar mit europäischen Wurzeln. Zunächst arbeitete er mit Missionsgesellschaften reformierter Konfession zusammen, konvertierte aber 1879 zum apostolischen Bekenntnis.
Seine Wirksamkeit als Apostel währte nur kurz. Nach seinem plötzlichen Unfalltod 1883 kehrten viele Anhänger zu den reformierten Gemeinden zurück. Es verblieben Menschen mit chinesischem oder europäischem Hintergrund, zumeist aus den Großstädten.
Einheimische auf dem Land
Unterdessen lag ein noch erfolgreicherer Missionar wegen seiner unorthodoxen Methoden im Clinch mit den Missionsgesellschaften. Der frühere Muslim Sadrach Soeropranoto ging bei der Evangelisation so stark auf die überwiegend islamische Kultur vor Ort ein, dass er auch Kirchen im Stile von Moscheen bauen ließ.
1899 wandte er sich zusammen mit vielen seiner Anhänger dem apostolischen Glauben zu. Bis zu seinem 96. Lebensjahr wirkte er als Apostel. Nach seinem Tod zerfiel die Gemeinschaft in mehrere Gruppen, zum Teil apostolischer, zum Teil reformierter Ausrichtung. Selbst die Hauptgruppe – Einheimische aus dem ländlichen Raum – machte sich irgendwann selbstständig. Doch das hatte viel mit Weltgeschichte zu tun.
Auf eigenen Wegen
Der Zweite Weltkrieg tobt. Die japanische Armee erobert Niederländisch-Indien. 1943 befreit sich Indonesien von 350 Jahren Kolonialherrschaft. Apostel Gradus Faassen, der den Anthing-Zweig leitet, gerät in Internierungslager – weil er Niederländer ist. Am Ende muss er in die Heimat fliehen.
Bischof Raden Markam Martasudarma, der den mittlerweile apostellosen Sadrach-Zweig führt, sucht Hilfe in der Krise, kann aber weder die Schwesterkirche in Indonesien noch die Mutterkirche in Europa erreichen. Er macht seinen eigenen Laden auf, lässt sich zum Apostel wählen und später zum Stammapostel ausrufen.
Ein fast hoffnungsloser Fall
Das ist die Lage, in der Tan Bian Sing mit seinen gerade mal 30 Jahren das Bezirksapostel-Amt antritt. Als sogenannter Übersee-Chinese ist er zudem Repressalien ausgesetzt. Dazu gehört ein Dekret, das ihn zwingt seinen Namen zu ändern.
Mit einer Handvoll Mitstreitern macht sich Hendra Tansahsami an die Arbeit. Er kniet sich ins Javanisch-Lernen rein und pflegt die Kontakte zur Martasudarma-Gruppe. Und tatsächlich: 1956 kehrt der vormalige Bischof mit seinen Anhängern zurück.
So vereinen sich die beiden Zweige am Ende zur Gereja Kerasulan Baru di Indonesia, zur Neuapostolischen Kirche in Indonesien. Sie zählen 120 Gemeinden und 12.000 Mitglieder als Bezirksapostel Tansahsami im Juli 1985 stirbt. Der Trostgottesdienst am Tag seiner Beisetzung steht unter dem Wort aus 2. Korinther 9,6: „… wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen.“