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Suchen und finden: Gottes Nähe im Gebet

April 9, 2024

Author: Simon Heiniger

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Wie läuft es mit dem Jahresmotto „Beten wirkt“? Eine Kurzumfrage auf Instagram lieferte 900 Impulse rund um das Thema „Gebet“. In einem ersten Artikel dazu geht es um das Empfinden, Gott im Gebet nahe zu sein.

„Suchet den Herrn, solange er zu finden ist; rufet ihn an, solange er nahe ist.“ Doch was tun, wenn man das Gefühl hat, Gott ist im Gebet nicht nahe? Wie findet man dann Gott?

Eine Frage, die viele betrifft. Denn wer kennt nicht auch die Situation, wenn das Empfinden für die Gottesnähe ausbleibt?

Im Verborgenen gegenwärtig

Der erste Blick geht zum großen Vorbild: Was sagt Jesus darüber, wo Gott zu finden ist? Als er den Jüngern das Vaterunser lehrt, spricht er auch davon, wie gebetet werden soll. So verweist Jesus darauf, dass wer betet, sich zurückziehen solle – gemäß Matthäus 6,6 – in das Kämmerlein.

Jesus nutzt als Bild den Rückzug in das eigene Kämmerlein. Lehnt er also das Beten in Gemeinschaft ab? Nein, er selbst hat immer wieder in der Öffentlichkeit und Gemeinschaft gebetet. Auch lehrte er zu beten „Unser Vater im Himmel“ und nicht „Mein Vater im Himmel“. Gebet hat immer auch eine gemeinschaftliche Komponente. Dennoch spricht Jesus von einem Ort, an dem Gott bereits gegenwärtig ist: das Verborgene.

Herausnehmen aus dem Alltag

Stammapostel Jean-Luc Schneider sagt dazu in seiner Videoansprache: „Das heißt, wir suchen Gelegenheiten, uns äußeren Einwirkungen zu entziehen und eine andere Perspektive einzunehmen. Diese Heiligung, dieses Herausnehmen aus dem Alltag, schafft Ruhe in dieser schnelllebigen Zeit.“

In das stille Kämmerlein zu gehen, das Herausnehmen aus dem Alltag, bedeutet jedoch nicht automatisch, dass Ruhe und Stille einkehrt. Gedanken, die einen Menschen umtreiben, begleiten diesen auch an den einsamsten Ort. Hierfür benötigt es dann doch Konzentration auf das Gespräch mit Gott, welcher in das Verborgene sieht.

Sehen und gesehen werden

Ein jeder Mensch möchte gesehen werden. Dazu muss man nicht erst die Extreme betrachten, bei denen Menschen alles tun, um aufzufallen. Schon Kindern geht es darum, wahrgenommen und gesehen zu werden: „Schau mal Mama, Schau mal Papa!“

Wenn ein Kind, wenn ein Mensch sich nicht gesehen fühlt, ist dies für den Betroffenen eine nur schwer auszuhaltende Situation. Mancher Blödsinn fällt dem Nachwuchs ein, um die Aufmerksamkeit der Eltern zu erregen. Der Wunsch nach Aufmerksamkeit führt selbst bei Erwachsenen teilweise bis zum Begehen von Straftaten.

Der Mensch möchte gesehen werden, das geht an die Substanz, an das, was der Mensch braucht. „Im Verborgenen wartet einer, der dich sieht“, lautet die Botschaft Jesu. Wie so oft geht es Gott nur um den Menschen. Oder wie der Psalmist schreibt: „Der Herr schaut vom Himmel auf die Menschenkinder, dass er sehe, ob jemand klug sei und nach Gott frage.“

Den Blick Gottes erwidern

Menschen betrachten sich oft argwöhnisch, bewertend und kontrollierend. Oft spricht man auch von einem defizitären Blick. Gottes Blick in das Verborgene, in das Innerste des Menschen ist ein anderer. Der Blick des Vaters ist ein gütiger, wohlwollender Blick, welcher den Betenden einlädt, diesen Blick zu erwidern.

Das Gebet beginnt, wenn im Inneren die Aufmerksamkeit auf Gott ausgerichtet wird und der Betende den Blick Gottes erwidert. Klingt einfacher, als es ist. Wer ist im gemeinschaftlichen Gebet während des Gottesdienstes nicht schon in Gedanken abgeschweift? Den Blick Gottes zu erwidern will gelernt sein. Mancher liest zunächst in der Heiligen Schrift, hört Musik oder nimmt sich vor dem Gebet bewusst Zeit der Ruhe.

Im Matthäus-Evangelium verweist Jesus darauf, dass der Vater es vergelten wird, aber nicht unbedingt durch Gebetserhörung und Umsetzung aller Wünsche. Der Lohn ist die Anwesenheit Gottes, beziehungsweise das Erleben, was es bedeutet, den Blick Gottes erwidern zu können.

Man stelle sich vor: Du ziehst dich aus dem Kampf um Aufmerksamkeit zurück in dein Inneres. Dort im Verborgenen bist du ganz du, pur, unverfälscht, ungeschminkt. Und hier wirst du von Gott gesehen, der dich kennt und dich bejaht, so wie du bist.

Dies muss nicht Vorstellung bleiben, sondern ist erlebbar. Manche beschreiben das Gefühl als „schützenden Mantel“, „einen Schauer und Wärme“, „innere Ruhe und Frieden“ oder „eine Umarmung“.

Finden bleibt eine Suche

Wer den Blick Gottes nicht immer verspürt, findet sich in bester Gesellschaft. Als Jesus am Kreuz verschied, waren seine letzten Worte die ersten Worte aus Psalm 22: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ In den folgenden Sätzen des Psalms lädt der Autor seinen ganzen Frust bei Gott ab: „Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne. Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht, und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.“ Doch der Psalmist bleibt dran und findet Gott: „Du hast mich erhört! Ich will dich in der Gemeinde rühmen.“

Und dann landet man wieder beim Jesaja Wort: Gott im Gebet zu finden bleibt eine Suche. Aber Gott lässt sich finden.

Foto: Fred – stock.adobe.com

April 9, 2024

Author: Simon Heiniger

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