Vom Umschlagsplatz des Sklavenhandels zum Schmelztiegel afrikanischer Kulturen: Die Kapverdischen Inseln von der Westküste Afrikas haben eine bewegte Geschichte hinter sich – ein Blick in das Land, das der Stammapostel diese Woche besucht.
Lissabon 1982: Bezirksapostel Hermann Engelauf tritt in Lissabon vor einem Hotel ins Freie und wird von einem Mann angesprochen: „Ich habe gehört, dass Sie neuapostolisch sind. Bitte tragen Sie doch die Apostellehre auch zu meinen Landsleuten auf die kapverdischen Inseln.“ Damit begann die Zeit der Neuapostolischen Kirche auf den Kap Verden.
Immigration und Emigration
Kap Verde, so heißt der Inselstaat nicht, weil er besonders grün ist, ganz im Gegenteil, dort ist es sehr karg. Die 15 Inseln wurden nach der Halbinsel Kap Vert an der Westküste Afrikas benannt, die fast genau auf demselben Breitengrad liegt.
Als die Inselgruppen im 15. Jahrhundert von portugiesischen Seefahrern entdeckt wurde, waren sie noch unbewohnt. Ab den 1460er Jahren begann die Besiedlung, hauptsächlich aus Portugal. Bis heute sind neun von 15 Inseln Kap Verdes bewohnt.
Von 1500 bis 1620 florierte die Wirtschaft der Kap Verden aufgrund ihrer bedeutenden Rolle im transatlantischen Sklavenhandel. Doch Hungersnöte führten oft zu vielen Todesopfern und Emigration. Mit dem Ende des Sklavenhandels begann der wirtschaftliche Niedergang. Erbe dieser Zeit ist jedoch eine ganz eigene und vielfältige Kultur und Sprache mit Einflüssen aus Portugal und vielen afrikanischen Ländern.
1975 wurde auf den Kap Verden die Unabhängigkeit ausgerufen. In den Folgejahren gab es politische Spannungen. Erst durch die Verfassungsänderung 1990 und die ersten freien Wahlen beruhigte sich die Situation. Wirtschaftlich war und ist die Lage angespannt. In den 1980er Jahren bekam Kap Verde den höchsten Pro-Kopf-Anteil aller afrikanischen Länder an Entwicklungshilfe.
Heute ist der größte Wirtschaftszweig der Tourismus, doch noch immer sorgen Dürre, die Gefahr von Vulkanausbrüchen und wenig Verdienstmöglichkeiten für Emigration.
Gottesdienste im Kino
1981 beauftragte Stammapostel Hans Urwyler den Bezirksapostel Hermann Engelauf (damals Gebietskirche Nordrhein-Westfalen) damit, die Neuapostolische Kirche in Portugal und portugiesisch-sprachige Länder zu bringen. Nachdem er vor dem Hotel angesprochen war, schickte er Apostel Hermann Magney auf die Kap Verden. Dieser feierte im Mai 1982 den ersten Gottesdienst in einem angemieteten Hotel in der Hauptstadt Praia. Im September 1982 traten die ersten vier Gläubigen der Neuapostolischen Kirche bei. Noch im selben Jahr konnten die ersten drei Diakone ordiniert werden.
In einem angemieteten Kino fanden ab 1983 regelmäßige Gottesdienste statt. Die Gemeinde wuchs rasant und auch auf den Nachbarinseln breitete sich der neuapostolische Glaube aus, obwohl die Geistlichen rund 14 Stunden mit dem Schiff unterwegs waren, um von Praia auf der Insel Santiago zur benachbarten Vulkaninsel Fogo zu gelangen. Trotzdem gab es schon Ende 1983 auf drei Inseln von Kap Verde rund 440 Mitglieder, einen Priester und neun Diakone.
Zu einem besonderen Treffen kamen Bezirksapostel Engelauf, die Apostel Manuel Luis und Hermann Magney sowie der Justizminister von Kap Verde am 16. August 1986 zusammen: Die Neuapostolische Kirche wurde offiziell staatlich anerkannt. Die Sage geht, dass es an diesem Tag geregnet habe und der Justizminister gemeint hätte: „Ihr Erscheinen in unserem Land hat Regen mitgebracht und das ist für uns ein großer Segen.“
Ein Segen für das Land
Die Neuapostolische Kirche engagiert sich auf den Kap Verden nicht allein in der Seelsorge. Beispielsweise wurde am 13. Februar 1999 auf über 2000 Quadratmetern ein Zentrum eingeweiht, auf das die Kirche eine Grundschule und einen Kindergarten baute. Der Kindergarten wird heute noch von „NAK karitativ“ betrieben. Weil finanziell schwache Eltern den monatlichen Beitrag kaum aufbringen können, bezuschusst das westdeutsche Hilfswerk warme Mahlzeiten, Spielsachen und Lernmaterialien und sponsorte zum Beispiel 2022 Klettergerüste und einen Sandspielplatz.
Neben Bildung zählt Existenzsicherung zu den Schwerpunkten von NAK karitativ. Ein Projekt von dem rund 100 Jugendliche und 30 Bauern profitieren, soll beispielsweise eine neue Einkommensquelle durch Landwirtschaft schaffen. Aufgrund des warmen Klimas und wenig Niederschlags lässt sich wenig anbauen. Doch NAK karitativ bohrte einen Brunnen und machte es so möglich, dass mit der Landwirtschaft etwas dazuverdient werden kann.
Beim Vulkanausbruch auf der Insel Fogo 2014 unterstützte NAK karitativ zusammen mit der Kirche vor Ort die betroffenen Menschen mit Soforthilfemaßnahmen.
Vorfreude auf den Stammapostel
Auf allen neun bewohnten Inseln hat sich die Neuapostolische Kirche inzwischen ausgebreitet, überall gibt es Glaubensgeschwister, Geistliche und Gemeinden. Insgesamt 64 Gemeinden mit 4340 Glaubensgeschwister feiern dort regelmäßig die Gottesdienste. Der Inselstaat wird organisatorisch und seelsorgerisch von der Gebietskirche Westdeutschland betreut.
Am 26. Februar wird Stammapostel Jean-Luc Schneider die Kap Verden besuchen und einen Gottesdienst in der Hauptstadt Praia feiern. In diesem wird er auch den Apostel António de Jesus Rocha Semedo in den Ruhestand verabschieden. 38 Jahre war der Apostel im Amt, davon 34 Jahre als Apostel. Bis auf Weiteres wird Apostel Dimitrios Vassiliadou Diniz das Arbeitsgebiet betreuen.