Vor 140 Jahren, am 19. Oktober 1879, empfing Frederik Lodewijk Anthing das Apostelamt in Amsterdam aus der Hand von Apostel Schwarz. Das war der Startschuss für die neuapostolische Mission im heutigen Indonesien.
Amsterdam, an einem Sonntag im Frühjahr 1879: Ein nobler, gutsituierter, freundlicher und offenbar suchender Mann schlendert durch die Straßen in Amsterdam. Ohne weiteren Gedanken folgt er einem Ehepaar durch die geöffnete Tür in ein Kirchengebäude. Es folgt der erste Gottesdienst in einer neuapostolischen Gemeinde. Und es blieb nicht sein letzter. Schon am selben Nachmittag ist er wieder da und am Sonntag darauf. Die Gemeindemitglieder berichten freudig ihrem Apostel von dem Gast. Apostel Schwarz, der 1863 in Hamburg das Apostelamt empfangen hatte und die Kirche in den Niederlanden anführte, wollte mehr über ihn erfahren. Und schon kurz darauf kam es zu einem wegweisenden Gespräch zwischen dem Apostel und Mijnheer Anthing, pensionierter Vize-Präsident des Obersten Gerichtshofes in Batavia, dem heutigen Jakarta, Hauptstadt von Indonesien.
Ein reicher, armer Mensch
Frederik Lodewijk Anthing hatte sich emporgearbeitet und eine beachtliche Karriere hingelegt. Der am 29. April 1815 in Batavia geborene Jurist geht als junger Mensch in den staatlichen Dienst, wird Beamter in der höheren Gehaltsklasse und macht seinen Weg. Doch etwas fehlt. Der Traum von einer friedlichen Welt, einem versöhnlichen Miteinander der Menschen wird zu einem bewegenden Motiv seines emsigen Lebens. Nach seiner Pensionierung 1870 steckte er sein ganzes Vermögen in die von ihm gegründete Missionsschule „Gesellschaft für innere und äußere Mission“. Ihm ging es darum, die nicht-christliche Umgebung auf der Insel Java zu christianisieren. Zunehmend gelang es ihm, Menschen für Christus zu gewinnen. Allerdings gingen ihm zuletzt die Mittel aus und Spendengeber waren rar gesät.
Wegweisende Gespräche
Amsterdam, im Oktober 1879: Das erste Gespräch zwischen Apostel Schwarz und Mijnheer Anthing sollte nicht ohne Wirkung bleiben. Es begeisterte beide Seiten. Schwarz schreibt darüber nachträglich in seinen Erinnerungen: „Herr Anthing ist seit vielen Jahren ein gläubiger Mann. Nach seiner Pensionierung arbeitete er in eigener Initiative als Missionar unter den Mohammedanern auf Java. In einer von ihm selbst gegründeten Schule bildet er etwa fünfzig Javanesen zu Missionaren aus. Er bestreitet alles aus eigenen Mitteln. […] Als er das erste Mal an einem Gottesdienst in der neuapostolischen Kirche teilnahm, spürte er sofort das Wirken des Heiligen Geistes. Seitdem kam er regelmäßig in unsere Zusammenkünfte. […] Nun besucht er mich jede Woche, wobei wir unsere Gedanken austauschen. Er äußerte den Wunsch, versiegelt zu werden, was am 12. Oktober dieses Jahrs geschah.“
Wer sucht, wird finden
Frederik Lodewijk Anthing war eine viel beachtete, geehrte Persönlichkeit. Als vermögender Beamter fehlte ihm letztlich die Erfüllung eines Traums: Er wollte Werkzeug sein an der Seite seines Meisters Jesus Christus. In seinen eigenen Lebenserinnerungen mit dem Titel „Suchen nach Wahrheit“ schreibt er: „Ich war entschlossen, die christlichen Kirchen in Europa kennenzulernen. Dabei hörte ich von einem Gerücht, dass Gott Apostel, Propheten und weitere Gaben des Heiligen Geistes wieder aufgerichtet hätte.“ Für ihn wird sein Traum Wirklichkeit, auch wenn er, der ausgebildete und überaus fleißige Missionar, noch viel zu lernen hatte.
Und dann kam der 19. Oktober 1879. Nur eine Woche nach seiner Versiegelung ordinierte Apostel Schwarz seinen Freund Anthing als Apostel: „Wir baten Gott um einen Hinweis, in welcher Form er jetzt dem Herrn dienen solle. Der Herr rief ihn durch Visionen und Bezeugungen zum Apostel für Java (Ost-Indien).“ Anthing sei glücklich bei dem Gedanken, „im Werk Gottes arbeiten zu dürfen und zwar als Apostel unter den Heiden.“ Leider verzögerte sich die Rückkehr nach Java. Anfang 1880 schreibt Apostel Schwarz über ihn: „Apostel Anthing ist immer noch bei uns, was gut ist für ihn. Er muss nämlich noch eine Menge von seinem alten Babylonismus verlieren. Wenn er erst zurück ist in Batavia, wird er ganz allein sein, und er braucht allen Glauben und alles Wissen für den Kampf um die ihm anvertrauten Seelen.“
Das Ende der Suche
Erst im Juli 1881 gelingt ihm die Rückreise mit dem Schiff nach Batavia. Leider – und hier wird die Lebensgeschichte des noblen Missionars Anthing traurig – währte sein Aposteldienst auf Java nur zwei magere Jahre. Am 12. Oktober 1883 stolpert er beim Aussteigen aus einer Straßenbahn und gerät mit beiden Beinen unter die Räder. Mutig und tapfer schickt er sich in sein Schicksal, wird noch ins Krankenhaus nach Batavia gebracht, wo er in derselben Nacht seinen schweren Verletzungen erliegt.
Für die Neuapostolische Kirche in Indonesien wurde sein ehemaliger Missionsschüler Lim Tjoe Kim, ein gebürtiger Chinese, Apostel.