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Wann, wie, was: Jesus ruft die Herde

Juni 23, 2023

Author: Andreas Rother

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„Rätselrede“ – auch so lässt sich das bibelgriechische Wort für „Gleichnis“ übersetzen. Und selten passt dieses Wort so gut wie in Johannes 10,1–30. Hier ist der gute Hirte zu Hause – und mit ihm gleich ein Knäuel an Gleichnissen.

Da ist der gute Hirte (Jesus), der durch die Stalltür (auch Jesus) zu den Schafen kommt. Da sind die Diebe und Räuber (die Pharisäer), die anderswo einsteigen, und die Mietlinge (auch die Pharisäer), die die Herde im Stich lassen. Dagegen lässt der gute Hirte sein Leben für die Herde – hat aber noch Schafe in einem anderen Stall.

Aus diesem Knäuel blitzt ein Faden hervor, der sich von den Versen 3 bis 5 über Vers 16 bis Vers 27 zieht. Es geht um die Stimme des guten Hirten: Er ruft seine Schafe aus dem Stall heraus – mit Namen, denn er kennt sie. Er geht vor ihnen her, und sie folgen ihm, denn sie kennen seine Stimme. Vor Fremden fliehen sie, denn sie kennen deren Stimme nicht. Auch die Schafe aus dem anderen Stall werden seine Stimme hören, und es wird eine Herde werden.

Morgens am gemeinsamen Nachtquartier

Um diese Bildrede – ein anderes Wort für Gleichnis – richtig zu verstehen, muss man die entsprechende Situation der damaligen Zeit vor Augen haben: Mit Stall ist hier kein überdachtes Gebäude gemeint, sondern ummauerter oder umzäunter Pferch, gerne auch ein gutes Stück außerhalb der Siedlung.

Hier lieferten die Hirten ihre sonst freigrasenden Herden abends ab und gingen schlafen. Einer von ihnen hielt die Nacht über Wache am Eingang zum Gehege. Morgens riefen die Hirten ihre eigenen Schafe aus dem Getümmel der Sammelherde heraus. Die Namen, die sie dabei benutzen, hatten zumeist mit individuellen Merkmalen der Tiere zu tun – vielleicht so etwas wie „Braungeflecktes“, „Schwarzstrumpf“ oder „Knick-Ohr“.

Die Stimme des guten Hirten

Die Übertragung ist klar: Der gute Hirte, das ist Jesus Christus, und seine Herde, das sind die Christen. Es lohnt sich aber, genauer hinzuschauen, so wie es der Stammapostel unlängst in einem Gottesdienst getan hat:

  • Wann ruft der gute Hirte? Bei der Taufe, bei der Versiegelung und bei der Konfirmation: „Du, komm zu mir, ich will dich bei mir haben.“ In jedem einzelnen Gottesdienst. „Du, höre her, ich möchte dir etwas sagen.“ Und im Alltag durch die leise Stimme des Heiligen Geistes: „Du, lass uns das doch mal so machen.“
  • Wie ruft Jesus seine Schafe? Beim Namen – und das heißt: Er kennt die Seinen, besser als sie sich selbst. „Ich weiß, wer du wirklich bist und wer du werden kannst.“ Er nimmt jeden Menschen an – und zwar genauso wie er ist, mit allen Mängeln. Er spricht jeden Menschen ganz persönlich an. „Du, ich habe eine Botschaft speziell für dich.“
  • Was ruft Christus? Komm in Bewegung! „Ändere deinen Blickwinkel, deinen Standpunkt, ändere dich selbst.“ Komm heraus – aus der Umzäunung fester Regeln. „Es gibt nur das eine Gebot: zu lieben. Da musst du dich jedes Mal neu entscheiden.“ Komm heraus – aus der Masse. „Als mein Jünger kannst du nicht der Menge hinterherlaufen. Manchmal muss du sagen: ,Da gehe ich nicht mit!‘“

Mehr denn je rufen heute diverse Hirten ihre Herden herbei, je lauter, desto drängender. Und in diesem Stimmgewirr stellt sich die Frage: Woran lässt sich die Stimme des guten Hirten erkennen? Auch hier gibt es eine dreifache Antwort. An den Worten: Sie spricht nur vom Willen des Himmlischen Vaters. An den Werken: Reden und Handeln stehen vollkommen im Einklang. Und an dem Wesen: Liebe, selbstlose Liebe.

Foto: Baronb – stock.adobe.com

Juni 23, 2023

Author: Andreas Rother

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