Das Wort Gottes unter das Volk bringen? Das geht auch jenseits des Altars. Und manchmal geht das nur Hand in Hand – so wie in Usbekistan, wo ein neuapostolischer Priester derzeit die Geschäfte der nationalen Bibelgesellschaft führt.
Eine Bibel in der eigenen Sprache? Das ist für usbekische Christen alles andere als selbstverständlich. Und das aus gleich zwei Gründen.
Zum einen ist der Besitz der Heiligen Schrift in dem zentralasiatischen Land staatlich stark reglementiert: So darf jeder Haushalt nur eine Bibel besitzen. Und der Eigentümer muss mindestens 18 Jahre alt sein.
Zum anderen muss die Heilige Schrift erst einmal in der jeweiligen Sprache vorliegen: Und auf Usbekisch gibt es die Bibel erst seit 2017. Mit Unterstützung des internationalen Dachverbandes „United Bible Societies“ (UBS; Vereinigte Bibelgesellschaften) hat die Usbekische Bibelgesellschaft diesen Kraftakt absolviert.
Auferstanden aus Ruinen
Schon 1880 gab es in der heutigen Landeshauptstadt Taschkent ein Lager mit Bibeln und Büchern in rund 300 Sprachen für ganz Zentralasien. Das musste mit der Sowjet-Herrschaft im Jahr 1918 allerdings aufgegeben werden. Ende November 1992 wurde die aktuelle Bibelgesellschaft gegründet und ein knappes Jahr später staatlich registriert.
Seit 2011 ist auch die Neuapostolische Kirche im Vorstand vertreten, an dessen Spitze der Präsident, sein Stellvertreter und der Generalsekretär als Geschäftsführer stehen. Auf letzteren Posten wurde im vergangenen Jahr der neuapostolische Priester Alexander Kim (rechts im Bild) gewählt, der seit 2016 in der Führungsgruppe aktiv ist.
Als der Eiserne Vorhang fiel
In Usbekistan leben mehr als 100 verschiedene Ethnien. Die etwa 34 Millionen Einwohner gehören zu etwa 90 Prozent dem Islam an, zwei Prozent sind Christen. „Im Rahmen der staatlichen Gesetze können Christen ihren Glauben leben“, erläutert die Neuapostolische Kirche Berlin-Brandenburg, die die usbekischen Glaubensgeschwister seelsorgerisch und organisatorisch betreut.
Die Kirche zählt derzeit rund 900 Mitglieder in vier Gemeinden, um die sich zehn örtliche Amtsträger kümmern. Entstanden war die Landeskirche in der vormaligen Sowjetrepublik, als der Eiserne Vorhang Anfang der 1990er Jahre fiel. Nach ersten Informationsabenden konnten Gemeinden in Buchara, Navoi, Samarkand und Taschkent gegründet werden.
Zum Kaufen zu teuer
Der Zusammenhalt der Gläubigen sei durch das überwiegend islamisch geprägte Umfeld sehr fest, erläutert die Kirchen-Website. „Je nach finanziellen Möglichkeiten werden gemeindeübergreifende Treffen organisiert. Diese werden jedoch seltener, weil die Lebenshaltungskosten in Usbekistan zuletzt deutlich gestiegen sind.“
Das betrifft auch die Nachfrage nach der Heiligen Schrift: Wer eine Bibel kaufen will, müsste dafür etwa den Betrag bezahlen, den eine Familie im Winter zum Heizen aufbringen muss. Deshalb verteilt die Bibelgesellschaft die Bücher meist kostenlos.
Aktuell ist eine Audioversion der usbekischen Bibel in Arbeit – nicht zuletzt, weil das gesprochene Wort einen hohen Stellenwert in der traditionellen Landeskultur besitzt.