
Tröster, Helfer, Anwalt – ein Wort mit vielen Übersetzungen. Und keine davon ist falsch. Doch um wen handelt es sich eigentlich? Und gibt es vielleicht sogar zwei davon in der Bibel?
Der „Tröster“ ist verschwunden. Das könnte jedenfalls meinen, wer die King James Version kennt – die bis 2002 verbindliche Bibel in der Neuapostolischen Kirche für die englische Sprache. Denn in der seitdem maßgeblichen New King James Version ist – zum Beispiel in Johannes 16,7 – nur noch vom „Helfer“ die Rede.
Ähnlich und doch anders ist die Lage in der französischen Segond-Bibel. Da hat sich der „Tröster“ in der kirchenoffiziellen Revision von 1979 zum „Verteidiger“ in der modernen Segond 21 gewandelt. Nur in der deutschen Luther-Bibel und der spanischen Biblia Reina Valera hat sich die alte Bezeichnung auch in neuen Ausgaben gehalten.
Wie kann das sein – solche Unterschiede?
Die Sache mit dem Parakleten
„Paraklētos“ heißt das Wort im griechischen Grundtext des Neuen Testaments. Wörtlich übersetzt bedeutet es „der Herbeigerufene“ – und zwar der zur Hilfe Gerufene. Außerhalb der Bibel wurde es nur im juristischen Zusammenhang genutzt. So passen Helfer, Beistand, Anwalt und Verteidiger recht gut als Übersetzung.
Nur der „Tröster“, der passt da nicht rein. Dieser Begriff ist weniger eine Übersetzung als eine inhaltliche Übertragung. Der „Paraklet“ wird danach bezeichnet, was er macht: trösten – aber nicht unbedingt das Trösten, wie wir es heute verstehen: sich Menschen zuwenden, um ihren seelischen Schmerz zu lindern.
Die Bedeutung des Wortes hatte ihren Schwerpunkt ursprünglich woanders: bei „stark machen“ und „ermutigen“. Das zeigt sich auch gut in der lateinischen Wurzel des englischen „comfort“: con-fortis = mit/zusammen + stark/kräftig.
Der Paraklet ist also der Mutmacher und Starkmacher. Fragt sich nur: Wer genau ist damit gemeint?
Der Tröster 1.0
Paraklētos taucht im Neuen Testament nur fünf Mal auf, vier Mal davon im Johannes-Evangelium. Erstmals in Johannes 14,16 spricht Jesus davon, dass Gott, der Vater, „einen andern Tröster geben“ wird. Moment mal: einen anderen? Und wer ist der eine?
Christus selbst ist natürlich die Nummer Eins: Er ermutigte die Schwachen („Fürchte dich nicht!“), tröstete die Trauernden („Weine nicht!“) und verteidigte die Ausgegrenzten („Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht.“). Sein Opfer ist der ultimative Beistand und seine Auferstehung ist der absolute Mutmacher.
Der Tröster 2.0
Dann wir, etwas weiter im Text, auch der andere Tröster benannt: „der Geist der Wahrheit“ (Johannes 14,17 und 15,26), eben „der Heilige Geist“ (Johannes 14,26). Jesus selbst beschreibt ihn als Lehrer, Zeuge, Mahner und Wegweiser in die Wahrheit. Es ist der Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.
Allerdings: „Wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch“, sagt Jesus (Johannes 16,7). Warum?
Vom „mit uns“ zu „in uns“
Jesus war der erste Beistand auf Erden – persönlich, sichtbar, auch äußerlich heilsam. Der Heilige Geist ist der zweite Beistand – unsichtbar, nur von innen heraus wirkend. Jesus war als Mensch an Ort und Zeit gebunden. Der Heilige Geist kann indes in allen Gläubigen zugleich wirken und macht die Allgegenwart Gottes erlebbar.
Mit der Himmelfahrt Christi und der Sendung des Heiligen Geistes an Pfingsten beginnt eine neue Epoche im Erlösungsplan Gottes: Dem „bei euch“ folgt das „in euch“. Der Ära der Gesetzlichkeit und der Phase der Menschwerdung folgt nun die Zeit der Kirche und der Sakramente.
Doch der erste Paraklet ist nicht verschwunden. Zum fünften und letzten Mal taucht das Wort in 1. Johannes 2,1 auf: „So haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist.“ Der Helfer und Beistand als Anwalt und Verteidiger – wie tröstlich.
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