Website-Farbe:

church.today

Homiletik (5): Predigen in die Welt der Gemeinde 

08 07 2025

Author: Dr. Markus Cromhout

Print
Anhören

Geistliche haben die Vollmacht erhalten, das Evangelium zu predigen. Aber diese Botschaft wird in unterschiedlichen Kontexten übermittelt. Die Predigten müssen die Zuhörer dort abholen, wo sie jeweils sind.

Die „Bedeutungswelt“ des Evangeliums muss mit der „Bedeutungswelt“ unserer Mitglieder interagieren und sie prägen. Anders ausgedrückt: Wir müssen das Profil der Gemeinde sowie ihren sozialen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Kontext gut verstehen und insbesondere die „Einflussnehmer“ oder „Sinnstifter“, die ihr Denken und ihre Lebenswirklichkeit prägen. Ein wichtiger Grundsatz ist, dass es nicht nur darauf ankommt, was wir predigen, sondern wie wir den Inhalt des Evangeliums predigen. Denn … wer hört zu?

Eine Methode mit biblischen Wurzeln 

Wir können mit Jesus beginnen. Wenn er zu den Menschen sprach, verwendete er Bilder und Inhalten, mit denen sich die Menschen identifizieren konnten (zum Beispiel Landwirtschaft, Fischerei in Galiläa usw.) und sorgte auf diese Weise dafür, dass seine Zuhörer die Botschaft vom Reich Gottes verstehen und in ihrem eigenen Leben anwenden konnten.

Apostel Paulus predigte das Evangelium einer Vielfalt von Menschen, aber er verstand auch, dass er das Evangelium nicht nach dem Motto „Einheitsbrei“ vermitteln konnte. Er schrieb: „Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne.“ Weiter: „Denen, die ohne Gesetz sind, bin ich wie einer ohne Gesetz geworden […] Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige rette“  (1. Korinther 9, 20–22).

Stammapostel Jean-Luc Schneider verwies auch auf den Begriff der „Inkulturation“, bei der Glaube mit den Mitteln und der Beschaffenheit der jeweiligen Kultur gesät und entwickelt wird (Leitgedanken Sondernummer 4/2017, S. 8). Genau dies ist das Ziel der kontextuellen Predigt.

Die Wirkung kontextbezogener Predigten

Eines der Ziele der Predigt besteht darin, dass die Mitglieder, einschließlich der Geistlichen, ihre Realität durch das Mittel des Glaubens interpretieren und leben, wenn sie nach dem Gottesdienst die Kirche verlassen und in ihren sozialen Kontext zurückkehren. Dies ist wichtig, denn die Frage lautet: Wenn unsere Mitglieder die Kirche verlassen, werden sie durch das Gottesdiensterlebnis und die Predigt darauf vorbereitet und informiert, mit den Herausforderungen und Fragen umzugehen, mit denen sie in ihrem jeweiligen Kontext konfrontiert sind?

Sind sie kompetente Gotteskinder und Zeugen für Christus? Kann ihr Glaube sie dazu befähigen, authentisch und überzeugt zu leben? Sind die Predigten fundiert und überzeugend genug, um die Geschwister von widersprüchlichen Werten und kulturellen Trends, die ihren jeweiligen sozialen Kontext prägen, abzubringen? Können wir eine kohärente Weltanschauung schaffen, in der das, was sie „außerhalb“ und „innerhalb“ der Kirche erleben, ein sinnvolles Ganzes bildet? Können die Geistlichen dasselbe für sich selbst behaupten? Ein Leben, das sich an Christus orientiert, besteht nicht aus abgesonderten Bereichen (vergleiche Galater 2, 20). 

Wir müssen unseren Geschwistern eine Weltanschauung (nämlich das Reich Gottes) vermitteln, die überzeugend, fundiert, relevant, ermächtigend, befreiend und transformativ ist.

„Einflussnehmer“ und „Sinnstifter“ 

Es gibt so viele Möglichkeiten, wie unsere Geschwister und ihre „Bedeutungswelt“ beeinflusst werden können. Beispielsweise gibt es dominante kulturelle Narrative und Werte. Es gibt Populärredner und soziale Medien, Fernsehprediger und Wunderheiler, „Propheten“, die Unterhaltungs- und Verlagsbranche und vieles Mehr. Die Kirche ist nur eine Stimme in einem Meer von vielen, die um die Aufmerksamkeit der Menschen buhlen. 

Wenn wir eine Predigt vorbereiten, müssen wichtige Fragen gestellt werden:

  • Welche Bedeutung hat dies in den Gedanken der Menschen hervorgerufen?
  • Welche Beziehung besteht zwischen diesen Bedeutungen und dem Evangelium?
  • Welche Bedeutungen können bejaht werden?
  • Welche Bedeutungen sollen vielleicht hinterfragt, korrigiert oder ergänzt werden?

Denken wir an den Apostel Paulus und wie seine Begegnung mit einem „dem unbekannten Gott“ geweihten Altar ihm einen Ausgangspunkt bot, um den Philosophen und Mitgliedern des Areopags in Athen das Evangelium zu verkünden (Apostelgeschichte 17, 23). 

Ein Gemeindeprofil

Zusätzlich zu den oben genannten Überlegungen müssen wir das Profil der Gemeinde verstehen. Wie ist der Anteil der Brüder im Vergleich zu den Schwestern? Wie viele Senioren, Jugendliche und Kinder gibt es? Wie viele sind verheiratet, alleinerziehend oder arbeitslos? Wie viele haben eine Behinderung? Welchen Bildungsabschluss haben sie? 

Je nach soziokulturellem Kontext unserer Geschwister und dem spezifischen Gemeindeprofil wird deutlich, dass sie die Predigt des Evangeliums unterschiedlich „hören“ und darauf reagieren. Es hängt von ihrer Art zu wissen, zu sein und zu handeln ab. Jemand, der in einem westlichen Kontext sozialisiert wurde, wird anders „wissen“ als jemand, der in einem afrikanischen oder östlichen Kontext sozialisiert wurde. Menschen, die in Armut leben, werden anders „wissen“ als jemand, der nicht in Armut lebt usw. Dies setzt die Rahmenbedingungen für ihre Art zu sein und zu handeln. 

Geistliche stehen vor der Herausforderung, das Evangelium in unterschiedlichen Kontexten und—was die Herausforderung noch größer macht—in einer sich rasch verändernden Welt zu verkünden. Diener des Wortes müssen mit den Geschwistern verbunden bleiben, um relevant zu bleiben. „Wer ist nun der treue und kluge Knecht, den der Herr über seine Leute gesetzt hat, damit er ihnen zur rechten Zeit zu essen gebe?“ (Matthäus 24, 45). 

Die Einheit des Glaubens

Auch wenn die Predigt in einer verwirrenden Vielfalt von Kontexten stattfindet, wird das Amt dazu gegeben, „damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des Dienstes. Dadurch soll der Leib Christi erbaut werden, bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum vollendeten Mann, zum vollen Maß der Fülle Christi“ (Epheser 4, 11–13). 

Die Predigt unterstützt das Apostelamt bei der Vorbereitung der Braut Christi. Unsere Identität „in Christus“ ist eine alternative Art des Wissens, Seins und Handelns in der Welt, ausgerichtet auf Gottes Offenbarung in Christus. Das Evangelium muss so verkündet werden, dass es die „Bedeutungswelt“ unserer Geschwister berührt und verändert. Letztlich soll es jedem helfen, die Gesinnung Christi zu erlangen (Philipper 2, 5).

Schließlich sind wir Könige und Priester in der Ausbildung, die Brautgemeinde, die durch das Apostelamt auf das Kommen Christi vorbereitet wird, um an seiner Seite im Reich des Friedens zu dienen. 


Foto: Thiago – stock.adobe.com

Über den Autor

Dr. Markus Cromhout (geb. 1972) ist Theologe bei der Neuapostolischen Kirche Afrika-Süd und in seiner Gemeinde als Evangelist aktiv. Er studierte an der Theologischen Fakultät der Universität Pretoria und promovierte im Neuen Testament. Neben wissenschaftlichen Werken verfasst er auch populärwissenschaftliche Bücher. Zum Thema „Homiletik“ führte er Seminare durch und begleitet mit wöchentlichen Hintergrundbeiträgen.

08 07 2025

Author: Dr. Markus Cromhout

Print

Article series

Homiletik (5): Predigen in die Welt der Gemeinde 

This was one article of series (1 - 9) about the Homiletik (5): Predigen in die Welt der Gemeinde , Enjoy reading also one of another one of articles in the series